In geschlossenen Räumen ist die Corona-Ansteckungsgefahr besonders groß. Aerosole spielen eine entscheidende Rolle bei der Übertragung des Virus. Um dem entgegenzuwirken, hat Holger Kraeft mit seinem Start-up-Unternehmen Kraeft Engineering einen Corona-Luftfilter entwickelt. Das Gerät tötet die Corona-Viren und andere Krankheitserreger durch ultraviolette Strahlung (UV-C) ab.
Bevor die Firma vor knapp zwei Wochen seine Räumlichkeiten in der Marie-Curie-Straße 1 im Verdener Industriegebiet bezog, hatte Kraeft zuvor in der Ortschaft Stedorf getüftelt: "Wir haben unseren Resthof und Scheune zur Werkstatt umfunktioniert", erklärt der Geschäftsführer, der gemeinsam mit seinen beiden Söhnen den Luftfilter entwickelte. Innerhalb kurzer Zeit habe er den diesen fertiggestellt. "Vom Bleistiftstrich bis zum Prototypen waren es sechs Wochen", sagt Kraeft. In Stedorf seien die ersten 70 Exemplare entstanden.
"Seit fünf Jahren konstruieren und fertigen wir 3D-Druck-Bauteile für führende Hersteller im UV-C-Bereich, die Entkeimungsgeräte herstellen", sagt der 55-Jährige und verweist auf seine zweite Firma Meyer und Münster. Die Bauteile stelle sein Betrieb mit sechs 3D-Druckern her. "Die Besonderheit ist, dass wir den gesamten Prozess begleiten. Weil wir nahezu alle Komponenten selbst anfertigen, haben wir uns entschlossen, uns selbstständig zu machen", erklärt Kraeft die Beweggründe.
Lichtundurchlässige Lamelle
Zunächst habe seine Arbeit ausschließlich am Rechner stattgefunden: "Dort haben wir unter anderem die Strömungssimulationen gemacht", sagt er und verweist auf die UV-Strahlen. Nachdem die Werte gepasst hatten, druckte er per 3D-Druck die benötigten Bauteile für seinen Lüfter. "Sowohl der 3D-Druck als auch die gelaserten Metallteile sind enorm wichtig", verdeutlicht er. Dadurch könne das Unternehmen flexibel die Filter auf Kundenwunsch anpassen.
Ebenfalls wichtig sei vor allem die Funktion der schwarzen Abdeckkappe seines Filters: "Unsere Lamelle lässt kein Licht durch, aber dafür Luft". Aus diesem Grund dürfe diese lediglich einen geringen Luftwiderstand aufweisen. Im Inneren des Geräts sind zudem zwei Doppelröhren verbaut. Diese Röhren geben die für Viren tödliche UV-C-Strahlung ab, erklärt Kraeft einige Bestandteile seines Filters.
Apropos Strahlung. Zwischen notwendiger und gefährlicher Dosis besteht ein schmaler Grat: "Einerseits muss die Dosis der UV-Strahlung stark genug sein, um Viren zu töten. Andererseits dürfen keine UV-Strahlen das Gerät verlassen", sagt der Fachmann. Diese seien gefährlich für Haut und Augen. Aus diesem Grund sollte kein Laie selbst solch ein Gerät zusammenbauen. In der Lebensmitteltechnologie werde diese industrielle Technik bereits seit Jahrzehnten angewendet.
250 Kubikmeter Luft pro Stunde
Seit vergangenem Dezember habe er bisher 132 Corona-Luftfilter verkauft. Seine Kundschaft ist breit gefächert: Hotels, Apotheken oder Arztpraxen in Deutschland und den Niederlanden. "Der Lüfter ist immer da sinnvoll, wo sich viele Menschen treffen", sagt Kraeft, dessen Gerät pro Stunde 250 Kubikmeter Luft reinigt. Vor Kurzem hat er fünf seiner Filter dem Verdener Domgymnasium für die schriftlichen Abiturprüfungen zur Verfügung gestellt. Abgelenkt durch den Geräuschpegel werde dabei niemand. Der Lüfter sei im Betrieb knapp 42 Dezibel laut, das entspreche etwa einem Kühlschrank.
In wenigen Wochen soll ein zweites Modell folgen: "Das neue Gerät ist in etwa vier Wochen verfügbar. Dieses soll 600 bis 700 Kubikmeter Luft pro Stunde reinigen". Dementsprechend habe das Gerät einen größeren Durchmesser und sei zudem schwerer. Neben der Herstellung seiner eigenen 3D-Bauteile fertigen die Drucker des Unternehmens weiterhin auch Aufträge von anderen Herstellern und Auftraggebern an. "Beispielsweise erstellt dieser 3D-Drucker derzeit Halter für Corona-Impfstoff-Fläschchen", sagt Kraeft. Diese seien für Apotheken gedacht.
Für die Zukunft verfolgt das Start-up das Ziel, den Engineering-Bereich sowie den 3D-Druck weiter voranzutreiben. Aus diesem Grund sitze sein Betrieb auch mit im Norm-Ausschuss für die Luftfilter in Berlin: "Auch die Gesetzgebung geht davon aus, dass die Geräte langfristig zum Einsatz kommen werden. Durch die Luftfilter sollen nicht nur die Corona-Viren abgetötet werden, sondern auch Nachfolge- und Grippeviren".