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Kunstprojekt Vom Ufo zum Phantasie-Pavillon

Finissage in Verden: Damit ist das Kunstlabor "Eine Welt aus Ton" zuende gegangen. Bis zum 3. September sind die Werke noch in dem temporären Atelier zu bewundern.
09.08.2021, 14:28 Uhr
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Von Susanne Ehrlich

Eine Tonne war nicht genug: Das Projekt "Eine Welt aus Ton" fand in Verden soviel Anklang, dass noch 20 Batzen (200 Kilo) nachbestellt werden mussten. Weit über 200 Menschen hatten die Gelegenheit genutzt, im temporären Atelier in der Großen Straße 70 einen Klumpen Ton in die Hand zu nehmen und dem gemeinschaftlichen Gesamtkunstwerk etwas Eigenes hinzuzufügen. Zur Finissage am Sonntagabend kamen viele von ihnen noch einmal ins Atelier, um das Ergebnis zu bestaunen und sich über die gemeinsame Erfahrung auszutauschen.

Die Fülle und Vielfalt dessen, was hier in sechs Tagen von fast 500 Händen geschaffen wurde, ist beinahe unglaublich: Da gibt es Brücken und Türme, einen Bergpalast mit tausend spannenden Details, Zauberer und Hexen, Pferde und Elefanten, Drachen und Schlangen, einen imposanten Oktopus und großäugige Fabelwesen, filigrane Bäume und zarte Blüten, Berge und Täler, Wellen, Wege und Treppen zu immer neuen Phantasiereichen. Alles fügt sich in eine Landschaft, die sich auf großen Tischen durch den gesamten Raum bis in das Schaufenster hinein erstreckt. Die Arbeit machte allen so viel Spaß, dass ihre Augen immer noch leuchten. Viele Eltern und Großeltern genossen es, mit ihren Kindern oder Enkeln gemeinsam drauflos zu gestalten.

Große Resonanz

Susanne Reinhardt, die als Kulturbeauftragte der Stadt Verden den Anstoß zu dieser Aktion gegeben hatte, freut sich riesig über die große Resonanz: "Ich bin erstaunt und begeistert, wie viele Menschen sich spontan getraut haben, sich auf das Thema einzulassen, und ich finde, dass jede der kleine Skulpturen eine eigene Geschichte erzählt." Sie ist überzeugt, dass die Menschen solche Erfahrungen brauchen: "Es ist so wichtig, etwas Gemeinsames zu schaffen und wieder miteinander in Kontakt zu treten nach dieser bleiernen Zeit."

Auch Projekt-Initiator Christoph Liedtke ist rundum zufrieden: "Ich bin sehr erfreut über das große Interesse und das tolle Feedback, das wir hier bekommen haben. Das war auch für mich sehr inspirierend." Für den Maler, Bildhauer und Poeten aus Halle hat solch ein Projekt auch einen hohen gesellschaftlichen Wert: "Menschen auf diese Weise zusammenzubringen, gemeinsam etwas aufzubauen, das ist auch ein Schritt weg von der Passivität der Konsumgesellschaft."            

Die Bremer Künstlerin Silke Mohrhoff hat Liedtke im temporären Ton-Atelier unterstützt und die Kreativität und Begeisterung der Verdener sehr genossen. "Das war eine großartige Zeit, ein Geben und Nehmen, so viele gute Energien, das war wirklich bereichernd". Eines ist ihr dabei besonders aufgefallen: "In unserer Welt aus Ton gibt es kein Smartphone, keinen Computer und keinen Fernseher. Das finde ich sensationell." Diese Dinge scheinen in der Zeit des gemeinsamen Schaffens keine Rolle gespielt zu haben.

Die Verdenerin Magdalene Krautmacher ist mit ihren drei Enkeln gekommen. Sie findet das Projekt "eine tolle Art, um die Leute zu motivieren, etwas mit den Händen zu machen". Gleich an vier Tagen waren die Kinder im Atelier, sie konnten davon gar nicht genug bekommen. Hendrik Krautmacher (13) hat seinen Schwerpunkt intuitiv auf das Mitgestalten der Landschaft gelegt und fünf Bäume geschaffen, die sich so organisch in die Landschaft einfügen, als seien sie "eingeplant" gewesen. Seine Schwester Maren hat eine Hexe auf einem Scheiterhaufen geformt. Auch eine antik anmutende Amazone zu Pferde und eine weitere ästhetische Frauenfigur stammen aus ihren Händen: Offenbar hat die Zwölfjährige eine große Affinität zu künstlerischem Gestalten. Auch ihre fünfjährige Schwester Flora hatte viel Spaß beim Experimentieren: "Das war schön, dass ich mitmachen konnte."    

Besuch aus Dubai

Die Zwillinge Ella und Conner Steyn (12) leben in Dubai. Bei ihrer Oma in Langwedel zu Gast, nutzten sie bei einem Stadtbummel die Gelegenheit, hier mitzumachen. "Das war toll", sind sich beide einig. "Es hat Spaß gemacht, seine eigenen Sachen zu zeigen und die Sachen der anderen zu sehen", sagt Ella. Sie hat eine Traumfarm mit Pferden und Bäumen und einen phantasievollen Turm geformt. Auch Conner war mit großer Freude dabei. Sein Werk entstand ganz zufällig. "Eigentlich wollte ich ein Ufo auf einem Lichtstrahl machen", erklärt er. "Aber alles ist zusammengesackt, und dann habe ich Hölzer hineingesteckt." Der vierbeinige Phantasie-Pavillon, den er so geschaffen hat, ist ein richtiges kleines Kunstwerk geworden. Auch Tave Knoop (11) ist ein außergewöhnliches Werk gelungen. Sein Zwerg mit dem hohen Hut strotzt von Ausdruckskraft. "Das ist das erste Mal, dass ich mit Ton gearbeitet habe. Es war cool, dass ich einfach machen konnte, was ich wollte. Viel besser als in der Schule", findet er.

Bürgermeister Lutz Brockmann zeigte sich "begeistert von der Fröhlichkeit und Lebendigkeit, die da zu sehen ist". Es seien dabei viele wirklich erstaunliche  Kunstwerke entstanden. Die Idee, Künstler in kreative Projekte einzubeziehen, habe sich als besonders spannendes Konzept kultureller Bildung erwiesen und werde von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen begeistert angenommen. "Die große Resonanz in der Bevölkerung ist deshalb für uns zugleich ein Auftrag", betont Brockmann. Am 3. September dürfen die jungen und älteren Künstler ihre Werke abholen und mit nach Hause nehmen. Bis dahin können Interessierte die Welt aus Ton noch in der Großen Straße 70 durchs Schaufenster bestaunen.

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