Wenn sie noch klein sind, sehen sie putzig aus, aber als invasive Art richten Nutria erhebliche Schäden an. Auch in der Stadt Verden sind die Tiere vertreten, vor allem entlang der Alten Aller. Nicht nur, dass sie heimische Tiere verdrängen und bestimmte Pflanzen massiv schädigen – da Nutria ihre Höhlen tief in Böschungen und Deiche wühlen, gefährden sie den Hochwasserschutz. Deshalb hat die Stadt Verden kürzlich ein Verbotsschild im Allerpark aufgestellt, das untersagt, die Nutria (oder auch Biberratten) zu füttern und anzulocken. "Damit wollen wir verhindern, dass sich die Tiere auch auf der Verdener Seite der Aller ansiedeln", erklärt Philipp Rohlfing, Leiter des Fachbereichs für Sicherheit und Ordnung.
Auch das Land Niedersachsen hat das Problem erkannt und beschäftigt über die Landwirtschaftskammer Niedersachsen drei hauptamtliche Nutria-Jäger. Einer davon ist seit zwei Jahren der ausgebildete Jagdaufseher Matthias Beiber. Sein Einsatzgebiet umfasst mehrere Landkreise entlang der Flüsse Aller, Weser und Leine. "Landesweit ist die Zahl der erlegten Nutria stark angestiegen. 2009 bis 2014 waren es bis zu 5000 Tiere jährlich. 2019/20 waren es schon mehr als 40.000", erzählt Beiber bei einem Ortstermin im Allerpark. Dieser Anstieg sei in erster Linie ein Indiz dafür, wie schnell sich die Population vergrößere. Die Aufgabe der hauptamtlichen Nutria-Jäger sei in erster Linie, die Jägerschaft vor Ort zu beraten und auch selbst Fallen aufzustellen. Die Bejagung der Tiere habe zumindest in Verden erste Erfolge gezeigt, denn die Zahl der erlegten Nutria ging in den vergangenen Jahren zurück.
Vermehrungsfreudige Nager
Und in der Tat ist die Vermehrungsfreude der Nutria beeindruckend. Die Biberratten können dreimal im Jahr Nachwuchs bekommen, jeder Wurf umfasst vier bis 14 Junge. "Und mit fünf Monaten werden Nutria geschlechtsreif", sagt Beiber. Dazu kommt, dass die Tiere in Deutschland keine natürlichen Feinde haben, auch Krankheiten und Wintertemperaturen scheinen ihnen nicht viel auszumachen. "Seit sieben Jahren beschäftige ich mich mit Nutria, und in der ganzen Zeit habe ich nicht ein Tier gesehen, das verendet war, weil es krank oder verhungert war", so der Jäger. Allenfalls die Schwänze der Tiere seien nach dem Frost vielfach abgefroren.
Nutria können ausgewachsen mit Schwanz einen Meter lang werden und bis zu 14 Kilo wiegen. "Dann brauchen sie ein Viertel ihres Körpergewichts, im Schnitt 2,5 Kilo, als tägliche Nahrung", erzählt der Experte. Nutria sind reine Pflanzenfresser, mit einer Ausnahme. Sie fressen gerne Muscheln und sind in der Lage, in kurzer Zeit die Bestände an einem Standort zu vertilgen. "Wir haben hier in den Flüssen die Gemeine Flussmuschel, die der Bitterling braucht, um darin die Eier abzulegen. Wenn es die Muschel nicht mehr gibt, stirbt der Bitterling an dem Standort auch aus", warnt Matthias Beiber. Mit ihren scharfen Zähnen fressen die Tiere auch gerne die Rhizome von Schilf ab, mit der Folge, dass die Pflanze abstirbt. Wählerisch sind Nutria nicht. Wie der Jäger erzählt, ernähren sie sich auch von Wasserpflanzen und landwirtschaftlichen Feldfrüchten. Apropos Gebiss: Werden Nutria von Hunden gestört, verbeißen sich sich in deren Kehle und lassen nicht mehr los. "Es sind schon Hunde von Biberratten schwer verletzt worden", sagt Beiber.

Ruhig fließende Gewässer wie die Aller bei Verden sind optimale Biotope für Nutria.
"Nutria mögen als Lebensraum langsam fließende, ruhige Gewässer", so Beiber. Den Tieren komme entgegen, dass viele Flußarme renaturiert würden. Dadurch verlangsame sich die Fließgeschwindigkeit des Wassers. Allerdings sind die Biberratten auch an Land häufig anzutreffen, und in manchen Städten auf dem Weg zur Plage, da sie im Stadtgebiet nur schlecht bekämpft werden können. "Wir können ja an belebten Plätzen keine Fallen aufstellen", betont Beiber. Denn bekämpft werden die Tiere durch Lebendfallen, die an Böschungen auf Wasserhöhe aufgebaut werden. "Äpfel oder Sirup sind gute Köder", so der Experte. Die Lebendfallen sind mit Meldern ausgerüstet, die per App melden, wenn ein Tier in die Falle gegangen ist. Fallen ohne Melder müssen zweimal täglich kontrolliert werden. Vor Ort kann der Jäger dann überprüfen, welches Tier gefangen wurde. Nutria werden mit einer Kleinkaliberwaffe erschossen. "Das geschieht vor Ort, weil nur Veterinäre Wildtiere transportieren dürfen und wir die Nutria nicht zusätzlich stressen wollen", erzählt Matthias Beiber. Erlegte Nutria können gegessen werden und stehen etwa im Waidmannsheil in Diensthop mitunter auf der Speisekarte.
Seit 2001 fallen Nutria unter das Jagdrecht. Wegen der starken Vermehrung hat die Landesregierung mittlerweile die Schonzeit sowie den Elterntierschutz aufgehoben. Außerdem gibt es ein generelles Fütterungsverbot. Landesweit wurden etwa 750 Lebendfallen mit Meldern angeschafft, für die Jägerschaft Verden sind es 35. Der heimische Bestand an Nutria stammt ursprünglich aus Zuchtfarmen, nach dem Ende der Zucht wurden die Nager freigelassen.