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Philokartie Fehlkauf der besonderen Art

Postkartensammler Günther Klebes hat im Internet eine falsch deklarierte Ansicht aus Verden erstanden. Verkauft wurde sie aus Südafrika.
13.06.2021, 14:58 Uhr
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Von Jörn Dirk Zweibrock

Im Zeitalter der sozialen Medien scheint die gute alte Postkarte nur noch etwas für Traditionalisten zu sein. Oder für Sammler wie Günther Klebes. Der 72-jährige Franke liebt alte Postkarten, genauer gesagt solche mit eisenbahnhistorischen Motiven. Seine jüngste Errungenschaft ist eine Ansicht der Verdener Südbrücke. Ursprünglich glaubte Klebes, er hätte eine Postkarte mit einer Eisenbahnbrücke ersteigert, doch weit gefehlt.

„Ich bin bei einer luxemburgischen Internet-Auktion auf die Karte gestoßen und habe mir gesagt: ,Schöne Brücke, die muss ich haben'", erzählt der Schulbusfahrer, der in Erlangen zu Hause ist. Der Verkäufer bot die Karte unter dem Namen "Railway-Bridge", also Eisenbahnbrücke an. Postkarten, die die verschiedenen Züge und Brücken in Niedersachsen zeigen, gehören schon länger zur rund 600 Exponate umfassenden Sammlung des Franken. 

Doch als die Karte dann bei ihm in Erlangen eingetrudelt war, folgte auch prompt die große Ernüchterung. Über die Verdener Südbrücke, im Volksmund auch kleine Brücke genannt, fährt ja überhaupt keine Eisenbahn, stellte Klebes nach Bildvergleichen im Internet fest. Er hatte also die Ansicht einer Straßenbrücke ersteigert. "Irritiert hat mich dann auch, dass da was von Weserpartie stand. Der Verleger aus Dresden kannte sich vermutlich nicht so gut mit den Gegebenheiten in der Reiterstadt aus", glaubt Klebes. Trotzdem möchte der Sammler aus dem Frankenland seine Errungenschaft den Verdenern nicht vorenthalten. Aufgenommen wurde das Stückchen Fotopapier übrigens um 1910. Versandt wurde sie nie, gelangte also sofort in eine Sammlung.

„Erstaunlich fand ich auch, dass der Anbieter eine Adresse in Südafrika hatte“, erklärt Klebes. Weil er der einzige Bieter war, konnte er die Wunschkarte auch noch zum "Schnäppchenpreis" von gerade einmal 1,50 Euro erwerben. „Das ist eigentlich viel zu billig“, kommentiert der erfahrenen Käufer. Normalerweise wäre er bereit gewesen, dafür sogar bis zu fünf Euro auszugeben; denn es handelte sich dabei schließlich um eine äußerst selten angebotene Karte. Diesen Preis musste er dann aber im Endeffekt doch bezahlen, weil ja schließlich noch das Porto für einen eingeschriebenen Auslandsbrief hinzu kam. "Es gibt aber auch Philokartisten, sprich Postkartensammler, die einen zweistelligen Betrag für so eine Ansichtskarte hinblättern würden", betont der 72-Jährige.

Wie das gute Stück also von der Aller nach Südafrika gekommen ist, weiß der Sammler natürlich nicht. „Ob dahinter eine Auswanderung steht, oder einfach ein Bündel alter Postkarten nach einer Haushaltsauflösung an einen Händler veräußert wurde, der die Karten jetzt über das Internet weiter vermarktet, kann ich nicht sagen."

Klebes hat bereits Ansichtskarten aus Australien, Kanada oder Israel erworben. Seine Sammelwut in Sachen Bahn-Postkarten kennt eben keine Grenzen: „Es gibt sogar eigene Ausstellungen für Eisenbahn-Philatelisten“, also Briefmarkensammler, verrät er und durchforscht schon wieder das Internet nach Exponaten wie der Ansichtskarte aus Verden.

Der 72-jährige Klebes sammelt nach eigener Aussage begeistert „alles, was mit der Bahn zu tun hat – außer echte Lokomotiven“. Bei ihm zu Hause stehen Modelle und historische Uniformmützen – die so genannten „Rotkäppchen“– neben zahllosen selbst geschossenen Fotos und Alben voll einschlägiger Telefonkarten und Briefmarken. Daneben arbeitete der Schulbusfahrer und dreifache Vater ehrenamtlich bei der Bahnhofsmission, als Hobby nennt er „Bahn fahren“, und selbst auf Hochzeitsreise ist er vor 38 Jahren mit dem Glacier-Express von St. Moritz nach Zermatt gefahren.

Günther Klebes ist sehr oft mit der Bahn unterwegs – frei nach dem Motto "Der Weg ist das Ziel". Auch interessante Strecken im Norden Deutschlands hat er natürlich schon bereist. Wer weiß, vielleicht steigt er ja doch eines Tages mal in Verden aus und schlendert über die Südbrücke, die eigentlich gar keine Eisenbahnbrücke ist und schon gar nicht über die Weser führt.

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