Viele Besucher der Weihnachtsgottesdienste im Dom zu Verden bewundern die beiden geschmückten Tannen im Chorraum, doch nur wenige wissen, wer für den festlichen Anblick verantwortlich ist. Der Verdener Elektromeister Mathias Grupe schmückt die Tannen bereits seit rund 20 Jahren. Und nicht nur das: Als Haus- und Hofelektriker ist er auch zur Stelle, wenn im Dom eine Leuchte durchgebrannt ist oder eine neue Leitung verlegt werden muss.
Wobei, und das ist das Skurrile an der Geschichte, Grupe die Bäume nur im unteren Bereich selbst schmücken kann. Für die oberen Bereiche, also alle Regionen, die er mit der Hand nicht mehr vom Boden erreichen kann, muss sein Lehrling aushelfen. Denn Grupe hat extreme Höhenangst, wie er selbst sagt. "Auf eine Leiter kann ich nicht steigen. Wenn sich der Lehrling nicht ganz nach oben traut, gibt es oben keine Kerzen", erzählt er. An diesem Tag hilft Zeru Hbtzgi dem Elektromeister. Der junge Mann aus Eritrea steigt ohne Probleme die hohe Leiter ganz nach oben, hängt die großen Holzsterne an die Zweige und verteilt die elektrischen Kerzen.
Es kommt auch auf die Größe an
Seit etwa 15 Jahren kümmert sich Grupe gemeinsam mit anderen Freiwilligen auch um die Beschaffung der beiden Bäume. Keine leichte Aufgabe, denn die Tannen müssen bestimmten Voraussetzungen genügen. "Durchmesser und Länge müssen zueinander und zur Größe des Chorraums passen. Der Wuchs sollte schön sein und einigermaßen gerade", sagt Grupe. Und nicht zuletzt kommt es auch auf die Größe an. Zwischen sieben und acht Meter hoch sollten die beiden Tannen sein, in diesem Jahr messen sie etwa 7,30 Meter. "Es gibt nicht viele Züchter, die so große Bäume im Angebot haben, aber bisher haben wir immer welche gefunden", erinnert sich Grupe. Die aktuellen Tannen stammen von einer Plantage in Dahlbrügge bei Langwedel. Sie wurden vor Ort ausgesucht und dann auf einem Anhänger per Trecker zum Dom transportiert. "Früher haben wir dort dann immer einen Imbiss genommen und Glühwein getrunken, aber seit Corona geht das nicht mehr", erzählt Mathias Grupe.
Haben die Helfer die Tannen früher noch per Hand in den Dom geschleppt, nutzen sie mittlerweile einen Rollwagen. "Die Bäume sind unwahrscheinlich schwer, früher haben wir acht oder neun Helfer gebraucht, um sie zu tragen", so der Elektromeister. Eingestielt werden sie übrigens nicht in überdimensionale Christbaumständer, sondern jeweils in eine Hülse, die im Boden verankert ist. "Dadurch wird der Baum auch noch ein bisschen kleiner."
Dem Dom verbunden
Grupe fühlt sich dem Dom nach eigenen Angaben seit vielen Jahren verbunden. Sein letzter größerer beruflicher Einsatz als Elektriker war im Zuge der Orgelsanierung, als er dort neue Leitungen verlegte. Die Stromleitungen im Dom sind nach seiner Schätzung in den 1960er- oder 70er-Jahren saniert worden. Grupe schätzt, dass er im Schnitt alle drei oder sechs Monate im Dom im Einsatz ist. Meist sind es kleinere Arbeiten an der Elektrik, oder er sieht im Gewölbe nach dem Rechten. "Im Grunde bin ich Mädchen für alles", sagt Grupe und lacht.
Doch zurück zu den Bäumen. Im Gegensatz zu anderen Gotteshäusern, wo die Tannen mit glitzerndem Schmuck und künstlichem Schnee verziert werden, geht es im Dom eher schlicht zu. Die Holzsterne haben die aus Papier gebastelten Exemplare ersetzt, weil sie robuster sind. Das sei auch ein Grund, um auf Weihnachtskugeln zu verzichten. "Wenn die einmal herunterfallen, sind sie kaputt", sagt Küsterin Beate Grotheer.
Sie beaufsichtigt an diesem Tag sowohl das Schmücken der Bäume als auch den Aufbau der Krippe, die vor dem Chorraum entsteht. Mit Pflanzen, Sand, großen Figuren und anderen Accessoires bauen ehrenamtliche Helferinnen und Helfer die biblische Szene der Geburt Jesu nach. "Die Krippe haben wir seit ein paar Jahren, die Figuren stammen aus dem Erzgebirge", erzählt die Küsterin. Maria, Josef und das Kind in der Krippe sind zu sehen, außerdem Tiere und Hirten und die Heiligen drei Könige. Getrocknete Petersilie simuliert Büsche. "Wenn wir die Mittel dafür haben, kaufen wir Figuren dazu, nur für das Kamel hat das Geld noch nicht gereicht." Für sie ist die Weihnachtszeit das "Highlight des Jahres". Bis zum sechsten Januar, Heilige drei Könige, bleiben Krippe, Adventskranz und die beiden Weihnachtsbäume im Dom. Dann wird die Krippe abgebaut und bis zum nächsten Jahr eingelagert. Die Tannenbäume werden an Ort und Stelle abgeschmückt und zersägt. Das erledigen Mitarbeiter der kirchlichen Friedhöfe in Verden. Die Reste werden als Brennholz genutzt oder über die Weihnachtsbaumsammlung der Stadt Verden entsorgt.