Der Verdener Dom klingt wieder. In der Sommerkonzert-Reihe finden ab sofort abwechslungsreiche Programme mit verschiedenen Instrumental- und Gesangensembles und viel Orgelmusik statt, und auch die Domchöre werden sich bei ihrem Publikum, wenn alles gut geht, am ersten Ferien-Donnerstag nach fast anderthalb Jahren zurückmelden. Auch plant Kirchenmusikdirektor Tillmann Benfer einige spannende Chorprojekte. Es werden seine letzten sein: Im Sommer 2022 geht er in den Ruhestand.
Dann werden es genau 32 Jahre sein, in denen Benfer den Dom mit Orgelklang gefüllt, die Chöre in vielen Oratorien, Messen und anderen Konzerten geleitet und das musikalische Leben in der Region nachhaltig geprägt hat. Für seine Chöre, die von ihm betreuten Kirchengemeinden und alle Musikfreunde wird das ein heftiger Einschnitt werden. Sein Nachfolger wird sich mit sehr großen Erwartungen auseinandersetzen müssen. Die nächsten zwölf Monate werden also Benfers musikalischer Endspurt sein – und das nach so langer Corona-Pause.
Proben im Dom
Mittlerweile dürfen die Chöre wieder im Dom proben, zwar mit viel Abstand, aber mit noch viel mehr Begeisterung nach der harten Zeit der Abstinenz. "Das Bedürfnis, wieder zu singen, ist groß", weiß Benfer. "Und es sind tatsächlich alle wieder an Bord." Am ersten Donnerstag der Sommerferien, wenn es wie in jedem Jahr heißt: "Domchöre musizieren", werden sie sich alle gemeinsam musikalisch zurückmelden – auch wenn das gar nicht so einfach werden wird. "Eine Choraufstellung für eine Aufführung kennt keine Abstände", erklärt Benfer. "Mal sehen, wie wir das proben können." Auch sei die Zahl der Zuhörer dann wahrscheinlich immer noch reduziert. Doch trotzdem wollen die Sängerinnen und Sänger an der schönen Tradition möglichst festhalten. "Auf den Gemeindegesang allerdings werden wir noch bis zu den Sommerferien verzichten – sicherheitshalber", so der Domkantor, "aber wir gehen jetzt nach den Gottesdiensten mit der Gemeinde zum Singen in den Innenhof, und das wird sehr gut angenommen."
Nach wie vor sei es jedoch sehr schwierig, Chorprojekte zu planen, erklärt Benfer, "denn man muss lang im Voraus die Musiker engagieren, und auch was den Probenvorlauf betrifft, kann man die Entwicklung nicht absehen." Im vergangenen Jahr hätte der Domchor das Deutsche Requiem von Johannes Brahms aufführen sollen. "Wir hatten sehr gehofft, dass das in diesem Jahr möglich sein würde, aber das wird wohl nicht zu schaffen sein." Leider werde man vorerst noch kleiner denken müssen, doch zu Weihnachten hofft Benfer, ein Highlight anbieten zu können: "Wir würden gern gemeinsam mit dem Kammerchor des Domgymnasiums das Weihnachtsoratorium von Bach aufführen." Das haben alle Chöre bereits gesungen, so dass es fast alle Sänger weitgehend parat haben. Auch das gewohnte Chorkonzert am Ewigkeitssonntag soll, wenn auch in kleinerer Form, stattfinden. Und ein weiterer Hochkaräter ist für das Frühjahr 2022 im Gespräch: "Ich möchte gerne noch einmal Mendelssohns Elias aufführen. Das ist das erste Oratorium, das ich als Student mitgesungen habe, und es war für mich ein Schlüsselerlebnis", erzählt Benfer. "Das wäre ein Stück, mit dem ich mich gerne verabschieden würde."
Doch nun sind erst einmal die Sommerkonzerte angesagt. Gleich an diesem Donnerstag, 24. Juni, können sich alle Freunde John Dowlands und alter englischer Vokalmusik freuen. "Music for a While" heißt ein Programm für Sopran, Gitarre und Posaune, an dessen Schluss auch einige moderne britische Lieder stehen.
Die schon wegen ihrer Länge äußerst seltene gespielte 5. Orgelsinfonie von Louis Vierne am 1. Juli ist nicht das einzige Werk des französischen Orgelmeisters, das in dieser Reihe erklingen wird. Ein Abend mit Liedern des Komponisten, dessen 150. Geburtstag eigentlich im vergangenen Jahr gewürdigt werden sollte, ist geplant, aber noch nicht endgültig festgelegt. Außerdem sollen im Zuge einer Konzertreihe, die an vier Orten der Region von sechs verschiedenen Organisten aufgeführt wird, am letzten Donnerstag der Sommerkonzerte, 30. September, sämtliche sechs Orgelsinfonien erklingen. Dieser Vierne-Marathon mit dem Titel "Kathedral-Klang-Kosmos" wird in drei Blöcke aufgeteilt, die man auch einzeln besuchen kann. Er beginnt bereits um 17 Uhr.
Auch Musik für Orgel und Violine, ein Abend mit dem Leipziger Ensemble Embrassment sowie mehrere spannende Ensembles mit Flöten und Percussion beziehungsweise mit Flöte und Marimbaphon oder Trompete und Orgel stehen auf dem diesjährigen Sommerkonzert-Programm. Alle Termine können auf der Internetseite der Dommusiken oder auch im Flyer, der im Dom ausliegt, eingesehen werden. Am 22. Juli wird es wieder heißen: "Domchöre musizieren", und dieses besonders beliebte Konzert könnte auch in diesem Jahr trotz aller widrigen Umstände für festliche Ferienstimmung sorgen.