Mit den eigenen Händen gestalten, spielerisch eigene Ideen verwirklichen, gemeinsam an einem großen Werk arbeiten: Das Projekt "Eine Welt aus Ton" möchte möglichst viele Verdener dazu einladen, solch eine gemeinschaftliche kreative Erfahrung zu machen. Dabei soll ein Kunstobjekt entstehen, das durch die Vielfalt der beteiligten Menschen, ihrer individuellen Einfälle und gemeinsamen Lösungen einzigartig ist.
Eine ganze Tonne Ton, aufgeteilt in hundert sogenannte Batzen à zehn Kilogramm, lagert vor dem temporären Tonatelier in der Großen Straße 70 oder steht bereits in verarbeiteter Form auf der riesigen Arbeitsfläche des Ateliers. Hier soll innerhalb von sechs Tagen ein Kunstwerk entstehen, das in der Finissage am Sonntag, 8. August, um 18 Uhr der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Der Verdener Fotograf Arne von Brill wird es in seinem Fortschreiten dokumentieren. In den folgenden Monaten werden die Bilder im Schaufenster des Ateliers zeigen, wie viel Künstler in jedem Einzelnen steckt und was eine Gemeinschaft zustande bringen kann.
Das Projekt wird vom Verein Tintenklecks im Zuge des Kunstlabors 2021 veranstaltet. Der Künstler und Projektinitiator Christoph Liedtke aus Halle und seine Kollegin Silke Mohrhoff aus Bremen erhoffen sich, dass sich die Menschen, die sich am Projekt beteiligen, nicht nur in ihrem künstlerischen Schaffen und Experimentieren, sondern auch in möglichst vielen anregenden Gesprächen miteinander austauschen.
Ein Projekt für alle
Bei der Eröffnung des Ton-Ateliers erinnerte Bürgermeister Lutz Brockmann daran, dass Susanne Reinhardt, Kulturbeauftragte der Stadt Verden, bereits vor zwei Jahren diese Idee hatte. "Wir sollten mal etwas machen, wo alle Verdener mitmachen können", sagte Brockmann und freute sich, dass das nun verwirklicht wird. Sein besonderer Dank galt auch dem Tintenklecks und dessen Vorsitzende Margarete Meyer. Der Verein hat als Partner für das Kunstlabor die organisatorische Ausführung der verschiedenen Projekte in die Hand genommen. Meyer und ihr Verein freuen sich über diese Aufgabe. "Das passt perfekt zu unserem eigenen erklärten Ziel: Kultur und kulturelle Bildung für alle", betont die Vorsitzende.
Das Kunstlabor wird vom Landschaftsverband Stade mit Mitteln des Landes Niedersachsen unter dem Motto "Niedersachsen dreht auf" gefördert. Außer dem Ton-Atelier und den Sandskulpturen, die Verdener Bürger Anfang Juli auf dem Rathausplatz erschufen, gibt es 18 weitere Projekte in Kitas und Schulen, in der Lebenshilfe oder in verschiedenen Begegnungsstätten. Beim gemeinsamen Bau eines Spielhauses, bunt gestalteten Zäunen oder Außenwänden, beim Pflanzen eines Naschgartens und vielen anderen Aktivitäten entstehen mit Spaß und spielerischer Kreativität gemeinsame Werke, die auf die Gemeinschaft wirken sollen.
Senioren besonders begeistert
Die Verdener Künstlerin Dörte Pertiet ist mit mehreren Aktionen für verschiedene Zielgruppen im Mehrgenerationenhaus am Hoppenkamp beteiligt. Sie hat festgestellt: "Je älter die Gruppen sind, umso stärker sind sie ergebnisorientiert. Bei den Senioren habe ich besonders viel Begeisterung erlebt." Für die jüngeren Gruppen seien vor allem Projekte geeignet, bei denen sich die Kinder viel bewegen und spontan und frei arbeiten können. "Dann lassen sie sich vom Geschehen inspirieren, und das inspiriert dann auch uns selbst."
Die Künstlerin Nicola Dormagen aus Reeßum bei Ottersberg hat mit Kita-Kindern in Dauelsen und Hönisch Insektenhotels und andere Holzobjekte erarbeitet, und auch die Jüngsten seien mit großer Begeisterung am Werk gewesen. "Zuerst war es allerdings gar nicht so einfach, den Kleinen zu vermitteln, dass sie ihre eigenen Arbeiten nicht mit nach Hause nehmen können."
Christoph Liedtke hat bereits in seiner Heimatstadt Erfahrungen mit dem Ton-Projekt und seinen unterschiedlichen Zielgruppen gesammelt. Gemeinsam mit Silke Mohrhoff wird er es während der ganzen Zeit begleiten. Nach seiner Erfahrung bedeute Kunst machen nicht "ich habe eine Idee und setze die um", sondern "der Prozess selbst verändert das Ergebnis, jeder einzelne Schritt zählt, vor allem aber die Begeisterung und der Glaube daran, dass man selbst etwas erschaffen kann".
Inspirieren soll auch das Welt-Motto, also der Gedanke, wie ideale Gemeinschaften und Lebenswelten aussehen könnten. So soll ein experimenteller Raum entstehen, der von allen mitgestaltet werden kann. Dabei werde sich eine eigene Dynamik entfalten, denn jeder geht anders mit dem Material um, findet andere Formen, bringt sich anders ins kollektive Werk ein, sind die Macher überzeugt. Auch für persönliche Gespräche über das künstlerische Schaffen und seine beruflichen Perspektiven stehen Liedtke und Mohrhoff gern zur Verfügung, "sozusagen Künstler zum Anfassen", wie es Susanne Reinhardt formuliert. Sie weist darauf hin, dass Corona-bedingt nur zwölf Interessierte parallel im Innenraum des Ateliers und wenige weitere auf dem Außengelände vor dem Atelier arbeiten können. Eine Anmeldung über das Formular auf der Homepage der Stadt Verden werde deshalb empfohlen.