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Naturschutz Lebensraum für Amphibien ist trocken

Die Waller Flachteiche führen kein Wasser mehr. Hans-Jürgen Maaß vom Nabu schlägt Alarm und sorgt sich um die heimischen Amphibien. Er selbst engagiert sich seit 50 Jahren für die Natur.
15.12.2021, 16:47 Uhr
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Lebensraum für Amphibien ist trocken
Von Andreas Becker

Zum ersten Mal seit drei Monaten besucht Hans-Jürgen Maaß die Waller Flachteiche und ist entsetzt. Bis auf einen kleinen Tümpel sind alle zehn Teiche trocken. Trotz der regelmäßigen und reichhaltigen Regenfälle in diesem Jahr ist von den Laichgewässern für Teichmolch, Moorfrosch und andere teilweise seltene Amphibien nur ein kümmerlicher Rest erhalten geblieben. "Hier müsste eigentlich gut Wasser sein. Das ist ganz furchtbar und eigentlich kaum zu erklären", macht der Nabu-Aktivist seinem Herzen Luft.

Maaß ist seit 50 Jahren Mitglied in der Verdener Ortsgruppe des Nabu (Naturschutzbund Deutschland), mehr als 30 Jahre hat er in Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises die Waller Flachteiche betreut. Jetzt, mit 80 Jahren, möchte er etwas kürzertreten und hat die Aufgabe an seine Nabu-Mitstreiterin Heike Vullmer übergeben. Trotzdem ist er natürlich noch stark am Naturschutz interessiert und erinnert sich wehmütig an frühere Jahre. "Da waren alle Flachteiche ordentlich mit Wasser gefüllt, in den größeren Teichen betrug der Wasserstand anderthalb Meter", erzählt Maaß. Jetzt hingegen sind dort nicht einmal Pfützen, trotz des Regens der vergangenen Monate.

Großer schwarzer Vogel

In diesem Moment krächzt es von oben. Maaß blickt gen Himmel und erblickt einen großen schwarzen Vogel, der über die Baumwipfel fliegt. "Ein Kolkrabe", sagt der Experte und antwortet dem Tier, das in der nordischen Mythologie für Weisheit steht, ebenfalls mit einem täuschend echten Krächzen. Im Gegensatz zu vielen heimischen Singvögeln und Insekten, deren Bestände stark abgenommen hätten, habe sich das Vorkommen der Kolkraben etwas erholt. "Die Tiere sind bei uns in Norddeutschland wieder häufiger anzutreffen", freut er sich.

Diese positive Entwicklung ist für Maaß mit Blick auf die Verdener Amphibienwelt allerdings kein Trost. "Die Waller Teiche sind im jetzigen Zustand kein Biotop für Amphibien mehr. Wenn hier nichts gemacht wird, ist das Gebiet als Biotop für Amphibien verloren", ist der Naturschützer überzeugt. Die Entwicklung der Populationen, die aufgrund von Zählungen des Nabu ermittelt werden, zeigen jedenfalls einen deutlichen Rückgang. Wurden in guten Jahren mehr als sieben Arten mit insgesamt mehr als 800 Tieren gezählt, waren es im Vorjahr noch vier Arten mit 118 Tieren, 2019 wurden fünf Arten mit 264 Tieren gezählt, 2018 waren es 192 Tiere. "Der Rückgang kann mehrere Ursachen haben, aber die Entwicklung macht mir Sorgen", betont er. Die Waller Flachteiche seien früher ein "Vorzeigegebiet" im Landkreis Verden gewesen, wo sich sogar regelmäßig die seltene Knoblauchkröte vermehrt habe. "Die Tiere brauchen die Teiche zum Laichen und Gewässer, die im Winter nicht zufrieren", erzählt Maaß. Er hofft, dass der Landkreis tätig wird, um die Teiche zu retten. "Der Nabu kann das alleine finanziell nicht stemmen."

Durch Sandabbau entstanden

Die Flachteiche sind durch Sandabbau in dem Gebiet entstanden. Da dieser aber eine schlechte Qualität hatte, wurde die Förderung eingestellt. Dann engagierte sich der Nabu und schuf dort ein Biotop für Kröten, Frösche und Molche. Hans-Jürgen Maaß stieg 1971 beim Nabu ein, gemeinsam mit ein paar anderen jungen Mitstreitern. "Wir waren damals in der Verdener Ortsgruppe die jungen Wilden und haben den Verein erstmal etwas aufgemischt", erinnert er sich. Damals hatte der Naturschutzbund im Kreis Verden 68 Mitglieder, aktuell sind es etwa 4500. Trotzdem vermisst Maaß das Engagement der Jungen für den Naturschutz und die praktische Arbeit im Gelände. "Wir könnten ruhig mehr junge Leute gebrauchen, nur fürs Klima demonstrieren reicht nicht." 

Er selbst entwickelte bereits im Grundschulalter ein Interesse an Tieren und Pflanzen. "Wir waren viel in der Natur unterwegs und beobachteten die Vogelwelt", erinnert er sich. Maaß wurde 1941 in Bremen geboren, wuchs aber in Uesen auf, das damals noch sehr ländlich gewesen sei. Seit vielen Jahren besitzt er auch ein Haus auf Gotland (Schweden), wo ihn ebenfalls Flora und Fauna faszinieren. "Leider ist auch da deutlich zu sehen, dass die Vielfalt der Natur abnimmt. Viele Wildpflanzen sind verschwunden, auch viele Kleinvogelarten sind selten geworden, ebenso wie die Insekten", sagt Maaß. Auch Wiesenvögel wie der Kiebitz hätten es immer schwerer, geeignete Biotope zu finden. "Viele Landwirte mähen ihre Wiesen drei- oder viermal im Jahr, da kommt keine Brut hoch", so der Naturschützer, der hofft, dass zumindest in Teilen noch gegengesteuert werden kann.

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