Dörte Liebetruth ist schon wieder unterwegs. Dabei ist die Landtagswahl vorbei, das Direktmandat im Wahlkreis Verden hat sie klar gewonnen. Nun sitzt die 42-Jährige mit einem Helfer und etwas Farbe im Auto und fährt von Ort zu Ort, von einem Großplakat zum nächsten. Neben das überdimensionale Foto von ihr selbst pinselt sie ein Wort: "Danke". Später bricht sie auf nach Hannover, wo am Abend das Präsidium und der Landesvorstand der SPD tagen. Die neu gewählte Fraktion kommt am Dienstag erstmals zusammen.
Der Einsatz der 42-Jährigen in den fünf Jahren als Abgeordnete und den besonders intensiven Wahlkampfwochen, das ist nach Auszählung aller Stimmen klar, hat sich gelohnt. 21.221 der 52.420 Wähler haben Liebetruth ihre Erststimme gegeben. Damit hat sie ihr Ergebnis von 2017 noch einmal leicht verbessert. Damals waren es 20.719 Stimmen. Das leichte Plus von gut 500 Stimmen ist umso beachtlicher, wenn man die Wahlbeteiligung berücksichtigt: 1433 Bürger weniger als bei der Landtagswahl 2017 haben am Sonntag im Wahlkreis Verden über die künftige Zusammensetzung des niedersächsischen Landtags abgestimmt.
Wahlkampf bis zum letzten Augenblick
Dass der SPD-Politikerin diese Wahl viel bedeutet, zeigte sich am Sonntag. Eilig hängen SPD-Wahlhelfer die letzten Plakate an der holzvertäfelten Seitenwand im Saal des Gasthauses Klenke in Langwedel auf. Darauf zu sehen ist die Landtagsabgeordnete Liebetruth. Zu sehen sind auch die Kreppbandstreifen, mit denen die Porträts an der Wand festgeklebt sind. Und das stört Liebetruth. Sie klappt eilig die oberen und unteren Kanten der Plakate um, damit die Klebestreifen dahinter verschwinden. Es ist 17.52 Uhr. Die Wahllokale schließen in wenigen Minuten, und von den Gästen bei Klenke muss vermutlich keiner mehr davon überzeugt werden, Liebetruth die Stimme zu geben. Schließlich ist es die Wahlparty der SPD.
Als feststeht, dass die neue Abgeordnete für den Kreis Verden auch die Neue ist, spricht Bernd Michallik, stellvertretender Vorsitzender der Kreis-SPD, der Siegerin als erster ein "herzliches Dankeschön im Namen der SPD" aus. Parteichef Lars Klingbeil ruft kurz darauf "auf dem Weg zu Anne Will" bei Liebetruth an. Es folgenden Dutzende, Hunderte weitere Gratulationen auf allen Kanälen. "Ich habe immer noch nicht alle Glückwünsche beantworten können", sagt die 42-Jährige.
Wie eindeutig der Erfolg Liebetruths ausfällt, zeigt sich beim Blick auf die Städte und Gemeinden. In Achim, in Verden, in Langwedel, in Thedinghausen, in Kirchlinteln und in Dörverden, überall hat sie Hella Bachmann (CDU), aussichtsreichste Konkurrentin im Kampf um das Direktmandat, deutlich distanziert. Am Ende hat sie 6827 Stimmen mehr auf sich vereinigt. 2017 waren 612 Wähler entscheidend für ihren Erfolg über den damaligen CDU-Kandidaten Adrian Mohr. Ihr bestes Ergebnis holt Liebetruth mit 46 Prozent in ihrer Heimatgemeinde Kirchlinteln. Am schlechtesten schneidet sie in der Samtgemeinde Thedinghausen ab: 39,8 Prozent.
Bachmann trotz Niederlage zufrieden
Trotz der klaren Niederlage versichert Bachmann am Montag: "Mir geht es gut." Ihr Ziel sei es gewesen, am Tag nach der Wahl in den Spiegel zu blicken und sagen zu können: "Mehr konnte ich nicht machen." Das habe sie geschafft. Ihre politische Arbeit im Kreisvorstand der CDU und im Kreistag gehe nun weiter. "Ich bin überhaupt nicht demotiviert und bleibe am Ball", sagt sie. Auch eine erneute Kandidatur für den Landtag schließt sie nicht aus. Viele positive Rückmeldungen am Wahlabend und am Montag bestätigen Bachmann, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Bei dieser Wahl habe es keine richtige Wechselstimmung gegeben, sagt sie. Weder im Land, noch im Wahlkreis. "Wir schauen mal, was in fünf Jahren ist."
Als Vertreter aus dem Landkreis Verden sitzt auch Klaus Wichmann von der AfD weiterhin im Parlament. Der 58-jährige Jurist aus Verden hat mit knapp elf Prozent die drittmeisten Erststimmen geholt und zieht auf Listenplatz 4 seiner Partei in den Landtag ein. "Hätte mir vorher jemand gesagt, dass wir dieses Ergebnis einfahren werden, hätte ich sofort gesagt: 'Nehm ich'", sagt er. Da die AfD in der neuen Legislaturperiode wieder in Fraktionsstärke im Leineschloss vertreten sein wird, gilt es als wahrscheinlich, dass Wichmann erneut eine führende Funktion innerhalb der Fraktion bekleiden wird. "Das entscheidet aber die Fraktion", betont er und ergänzt: "Die Arbeit als Parlamentarischer Geschäftsführer hat mir jedenfalls großen Spaß bereitet, und ich glaube, ich habe das auch ganz gut gemacht."