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Gesundheit Rotes Kreuz in Verden hilft jeden zweiten Tag dehydrierten Senioren

Hitzeperioden sind das "mit Abstand größte Problem für ältere Menschen", stellt das DRK fest. Besonders gefährdet sind allein lebende Menschen. Wenn sie das Problem bemerken, kann es schon zu spät sein.
20.09.2023, 17:27 Uhr
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Rotes Kreuz in Verden hilft jeden zweiten Tag dehydrierten Senioren
Von Felix Gutschmidt

Abgeschlagen, müde, träge: So fühlen sich viele Menschen an heißen Sommertagen. Ursache für das Unwohlsein ist nach Erkenntnissen des Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Verden häufig, dass die Menschen nicht genug trinken. Und das kann dramatische Folgen haben. Viele seien plötzlich hilflos, weil sie von Tag zu Tag schleichend die Kraft verlasse, berichtet der DRK-Kreisverband. "Es geht den Betroffenen von Stunde zu Stunde schlechter", sagt ein Sprecher. Das sei tückisch, weil die Betroffenen oft gar nicht merkten, dass etwas nicht stimmt. Und dann brechen sie zusammen. Das DRK hat eine Bilanz des Sommers 2023 gezogen und festgestellt, dass Hitzeperioden das "mit Abstand größte Problem für ältere Menschen" sind.

Wie kommt das DRK zu dieser Einschätzung?

Der DRK-Kreisverband stützt seine Aussage auf die Auswertung der Leistungen und Nachfrage der eigenen Leistungen. Aus der Anfang September vorgelegten Sommerbilanz der vergangenen fünf Monate gehe hervor, dass länger anhaltende Hitzeintervalle zunehmend am gesundheitlichen Zustand von Senioren zehrten. Neu ist diese Entwicklung nicht. Seit Jahren erkennt das DRK einen Zusammenhang zwischen Temperaturen und Einsatzzahlen. Je länger eine Wärmeperiode anhält, desto mehr Einsätze gibt es wegen Wassermangels im Körper. So etwas passiere jeden zweiten Tag, schätzt ein DRK-Sprecher. "Das ist extrem geworden."

Warum wird das Problem größer, obwohl es in diesem Sommer gar nicht so heiß war?

Die Temperatur ist nur ein Faktor, der Notfalleinsätze wegen Dehydration zur Folge hat. Verschärft wird das Problem durch die Wohnsituation der Betroffenen. Immer mehr Menschen können – auch dank sozialer Dienste sowie technischer und medizinischer Hilfen – bis ins hohe Alter selbstbestimmt alleine leben. Brechen sie zusammen, weil sie über Tage nicht genug Flüssigkeit zu sich genommen haben, kann es lange dauern, bis ihre Notsituation bemerkt wird, was ihre Lage weiter verschlimmert.

Oftmals müsse die Feuerwehr zu solchen Einsätzen dazu kommen, um die Haustür mit Spezialwerkzeug zu öffnen, weil es die Betroffenen nicht mehr schafften, selbstständig die Tür zu öffnen, berichtet das Verdener DRK. "Es ist tatsächlich so, dass wir gemeinsam mit der Feuerwehr und der Polizei zu Einsätzen alarmiert werden, bei denen hilflose Menschen hinter einer verschlossenen Tür liegen, die geöffnet werden muss", sagt Karsten Brandt, Leiter des Rettungsdienstes beim DRK-Kreisverband. Es seien oft Angehörige oder Freunde, die sich meldeten, weil sie jemanden nicht erreichen konnten und ihn in der Wohnung vermuteten. "Patienten liegen dann zum Teil schon Tage hilflos in ihrer Wohnung, bevor wir ihnen helfen können."

Was sagen andere Akteure aus dem Gesundheitssektor zu dieser Entwicklung?

Eine Sprecherin der Aller-Weser-Klinik bestätigt, dass die hohe Zahl dehydrierter Patienten in den Sommermonaten auch in den Krankenhäusern in Achim und Verden auffällig ist. Wie viele Personen mit akutem Flüssigkeitsmangel in diesem Jahr in den Notaufnahmen landeten, kann sie auf Nachfrage zunächst nicht sagen.

Gibt es eine Lösung für das Problem?

Das DRK sieht den Hausnotruf als probates Mittel, damit alleinstehende Menschen in einer Notlage Hilfe bekommen können. Dadurch könnten auch unnötige Aufenthalte im Krankenhaus verhindert werden, sagt Brandt. Solche Systeme, wie sie das DRK, aber auch andere soziale Dienste wie Johanniter, Caritas oder Arbeiter-Samariter-Bund anbieten, bestehen im Wesentlichen aus einem Knopf an einem Armband oder einer Halskette, den die Betroffenen im Notfall drücken und so den Dienst alarmieren können. Ein Mitarbeiter kommt vorbei, leistet Hilfe und holt wenn nötig den Rettungsdienst dazu.

Was kostet ein Hausnotruf, und wer bezahlt das?

Die Kosten variieren je nach Leistungsumfang stark. Das günstigste Paket kostet bei den meisten Anbietern 25,50 Euro monatlich. Das ist der Betrag, den die Pflegekasse ab Pflegegrad I übernimmt. Wer weitere Dienstleistungen wünscht, kann monatlich 80 Euro und mehr bezahlen.

Reicht es nicht, im Ernstfall die 110 zu wählen?

Im Prinzip schon. Allerdings setzt das voraus, dass der Betroffene in der Lage ist, an ein Telefon zu kommen und es zu bedienen. Anders als ein Handy ist der Notrufknopf immer am Körper.

Kann es sein, dass das DRK vor allem seinen eigenen Dienst bewirbt?

Sicher, allerdings geht der Blick des DRK-Kreisverbands, der zum Teil auch die Rettungseinsätze im Kreis Verden übernimmt, weiter. Der Notruf und das dahinter stehende System aus Einsatzkräften von Kreis und DRK sind seit Jahren überlastet. Gleiches gilt für die Notaufnahmen der Kliniken oder die zur Hilfe gerufenen Kräfte von Polizei und Feuerwehr. Sie alle würden durch den Hausnotruf entlastet, was Ärzten, Pflegern und Sanitätern mehr Zeit gibt und an dieser Stelle Kosten senkt, argumentiert das Rote Kreuz.

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