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Jugendfußball Wie hiesige Nachwuchstrainer mit dem Thema Kopfballtraining umgehen

Kopfballtraining bei Kindern und Jugendlichen ist ein sensibles Thema. Der Deutsche Fußball-Bund hat sich jetzt gegen ein Verbot ausgesprochen. So gehen hiesige Nachwuchstrainer mit der Thematik um.
08.02.2022, 17:00 Uhr
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Wie hiesige Nachwuchstrainer mit dem Thema Kopfballtraining umgehen
Von Maurice Reding

Erling Haaland kann es, Robert Lewandowski auch und Anthony Modeste ist ein echter Experte auf diesem Gebiet: Die drei Stürmer der Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund, FC Bayern München und 1. FC Köln erzielen nicht nur mit dem Fuß ihre Tore, sondern auch mit dem Kopf. An den Kölner Modeste kommt in dieser Saison keiner ran: Von seinen 14 Treffern bugsierte er neunmal per Kopf den Ball ins gegnerische Netz. Eine beeindruckende Quote, die in der Bundesliga ihresgleichen sucht. Was die Großen können, wollen die Kleinen natürlich auch können. Die jungen Fußballer wetteifern ihren großen Idolen gerne nach. Sei es der Abschluss, ein spezieller Trick, oder – wie in diesem Fall – das Kopfballspiel.

Vor zwei Wochen ist das Kopfballtraining ein Stück weit mehr in den Fokus gerückt. Hintergrund ist eine Entscheidung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), die beim Bundesjugendtag gefällt wurde. Demnach will der Verband das Kopfballtraining für Kinder und Jugendliche im Gegensatz zu England nicht verbieten. Im Mutterland des Fußballs ist das Kopfballspiel im Training für Kinder unter zwölf Jahre untersagt. England beruft sich besonders auf eine Studie der Universität Glasgow: In dieser wurden 8000 ehemalige schottische Fußballer im Zusammenhang von Kopfbällen und möglichen gesundheitlichen Folgen untersucht. Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken, ist laut der Studie bei Fußballern 3,45-mal höher als in der Normalbevölkerung. Bei Alzheimer ist die Wahrscheinlichkeit sogar 4,4-mal höher.

DFB gegen Kopfballverbot

Der DFB hält trotz dieser Studie nichts von einem pauschalen Kopfballverbot. "Ein Trainingsverbot ist der falsche Weg, denn im Wettbewerb oder auch beim Kick auf dem Bolzplatz wird dann doch geköpft", wird Ronny Zimmermann, Präsident des Badischen Fußballverbandes und im DFB-Präsidium für Grundsatzfragen des Jugendfußballs und der Talentförderung zuständig, auf der Internetseite des Verbandes zitiert. Doch wie kommt die Entscheidung bei den hiesigen Jugendtrainern an und wie lassen sie das Kopfballspiel trainieren?

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Nils Kutsch ist stellvertretender Jugendobmann der JSG Achim/Uesen. Gemeinsam mit Benjamin Nelle und Tim Siegler coacht er die U18, die in der Landesliga an den Start geht. Ein spezielles Kopfballtraining für unter Zwölfjährige gebe es im Verein nicht. "Im Trainingsalltag ist das nicht so das Thema", sagt Kutsch. "Die G-, F- und E-Junioren haben eh kleine Felder." Mit den kleineren Feldern meint Kutsch die Mini-Spielformen, bei denen Kopfbälle keine Rolle spielen. "Die Spielformen sind ganz gut, weil der einzelne Spieler mehr Ballkontakte hat. Unser U8-Trainer hat das schon umgesetzt, es hat den Kindern Spaß gemacht. Da gab es keine bis wenige Kopfballaktionen", erzählt Kutsch.

Pilotprojekt mit neuen Spielformen

Stichwort Spielformen: Seit 2019 läuft ein Pilotprojekt des DFB, an dem alle 21 Landesverbände teilnehmen. In diesem sollen die neuen Spielformen bereits erprobt werden. Schwerpunkte sind das Flachpassspiel, eine altersgerechte Vorgehensweise beim Erlernen des Kopfballspiels sowie eine Bewusstseinsbildung bei Trainern und Spielern. Ab der Saison 2024/2025 werden ausschließlich diese Spielformen in der Jugendordnung für den Altersbereich G- bis E-Jugend verankert sein.

Sven Gerla ist Leiter Jugendfußball beim JFV Union. Beim Thema Kopfballtraining hatte er schon das eine oder andere Gespräch mit den Eltern. "Es fällt auf, dass die Eltern sagen: Kein Kopfballtraining, weil die Kinder beispielsweise noch im Wachstum sind", erzählt Gerla. Er präferiert das Kopfballtraining mit einem leichten Ball. "Dann können die Kinder versuchen, den Ball mit der Stirn wegzuköpfen", sagt der Leiter Jugendfußball, der auch die U11 des Vereins trainiert. "Ich trainiere das Kopfballspiel nicht intensiv. Wenn das Feld größer ist und die Kinder älter sind, dann kann man es intensiver trainieren", meint Gerla.

Auf das richtige Training kommt es an

Patrick Pruntsch spricht sich für ein altersgerechtes Kopfballtraining aus. "Es gibt Situationen, in denen der Ball hoch fliegt. Es ist wichtig, dass die Kinder sich richtig verhalten", sagt der zweite Vorsitzende und Jugendtrainer des JFV Verden/Brunsbrock. Pruntsch schlägt für ein geeignetes Kopfballtraining einen Luftballon oder Wasserball vor. "Ich bin ein Verfechter davon, die Kinder darauf vorzubereiten. Kopfbälle kommen im Spiel vor. Die Kinder müssen Kopfbälle mit der richtigen Körperspannung angehen", ist Pruntsch die richtige Herangehensweise wichtig. Ein Kopfballverbot wie in England hält Pruntsch, der unter anderem auch Torwart-Trainer des FC Verden 04 ist, nicht für den richtigen Weg: "Ich bin kein Freund davon es zu verbieten. Ganz weglassen halte ich für falsch, auch wenn das Argument zwecks Gesundheit richtig ist."

Andreas Blau ist beim JFV Aller-Weser für den Spielbetrieb der U5 bis U9 zuständig und trainiert die G-Jugend des Vereins. Kopfbälle seien bei den Kleinsten kein Thema. "Ich habe bisher nur Sechs- bis Achtjährige trainiert. Da trainiere ich keine Kopfbälle. Die Frage hat sich noch nicht gestellt", sagt Blau. Der Jugendtrainer hat beobachtet, dass die Kinder irgendwann von sich aus zum Kopfball gehen. "Die Kinder wollen das irgendwann, sie sind heiß drauf", sagt Blau. Das Kopfballtraining solle kindabhängig angeboten werden. "Ab der E-Jugend sollte es losgehen", findet Andreas Blau.

Zur Sache

Das empfiehlt der DFB

Der Grundtenor der Nachwuchstrainer, Kopfbälle mit leichteren Bällen zu trainieren, deckt sich mit der Empfehlung des DFB. Statt eines Verbots soll das Kopfballspiel den Kindern und Jugendlichen „schonend beigebracht“ werden, forderte der Neurologe Claus Reinsberger, der auch Mitglied der medizinischen Kommission ist. Der Verband empfiehlt für das Training in den jüngeren Jugendklassen leichte Bälle – teils aus Schaumstoff – sowie eine geringe Zahl von Kopfball-Wiederholungen pro Training. In den höheren Jugendklassen soll erst in der A- und B-Jugend „mit allen Formen des Kopfballspiels“ trainiert werden. Kleine Spielfelder bei den Jüngeren und Mini-Tore sollen dazu beitragen, dass die Bälle flach gespielt werden. „Wir haben festgelegt, dass die Spielfelder mitwachsen mit den Kindern“, sagte DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann. „Wenn man sich heute ein Fußballspiel von Fünf- oder Sechsjährigen anschaut, dann findet da eh relativ wenig Kopfballspiel statt.“

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