Rote Punkte, wohin man auch blickt. Das ganze Land ist von ihnen überzogen. Jeder Punkt auf der Karte des niedersächsischen Bodeninformationssystems steht für eine Altlast im Boden. Dahinter verbergen sich "stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind, und Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist", erklärt das Umweltministerium. Rund 9500 Altlasten im Boden hat das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) auf seiner Karte erfasst, alleine zehn liegen im Achimer Stadtgebiet. Besonders im Fokus steht derzeit einer dieser roten Punkte: Die alte Deponie unter der Sportanlage am Arenkamp in Uphusen. Dort sind bei den Arbeiten zur Erweiterung des Feuerwehrhauses am Rande des betroffenen Geländes unerwartet Altlasten zu Tage getreten.
Was für Stoffe haben die Arbeiter gefunden?
Es handelt sich nach Angaben von Achims Bauamtsleiter Steffen Zorn unter anderem um Restmüll, Fabrikationsreste, Verpackungsmaterialien, Elektroteile und Stoffreste. Unmittelbar nach dem Fund Mitte Mai hatte er erklärt: "Es sah aus wie Ascherückstände." Details soll eine Analyse von Bodenproben liefern. Diese Ergebnisse liegen aber bislang nicht vor.
Wann ist mit der Auswertung zu rechnen?
Die Daten sollen erstmals bei einer Bürgerversammlung am Dienstag, 13. Juni, um 18 Uhr im Vereinsheim des TB Uphusen am Arenkamp vorgestellt werden. Anwesend sein werden Vertreter der Stadt Achim, des Landkreises Verden und der beauftragte Gutachter. Eine Veröffentlichung der Bodenanalyse vor diesem Termin ist nicht geplant.
Ist der Fund gefährlich?
Möglicherweise, aber nur bei Berührung. "Die angetroffenen Stoffe können bei direktem Kontakt mit der Haut oder bei oraler Aufnahme zu gesundheitsschädlichen Auswirkungen führen", teilt die Stadt mit. Die Nähe zu diesen Stoffen alleine sei nicht gefährlich. "Da ein direkter Kontakt vor allem im Bereich des jetzigen Baufeldes durch die Bodenüberdeckung bisher nicht möglich war, geht von dem Standort aktuell keine direkte Gefahr aus", teilt die Stadt mit. Eine abschließende Gefährdungsbeurteilung auf Grundlage der Analyse der Bodenproben steht aber noch aus.
Was ist mit der Fläche des ehemaligen Sportplatzes unter dem ein Großteil der Altlasten liegen? Ist es gefährlich, sich dort aufzuhalten?
Eine unmittelbare Gefahr sieht die Stadt Achim nicht. Dennoch weist sie darauf hin, dass es grundsätzlich schon seit den 90er-Jahren verboten sei, die städtische Fläche zu benutzen oder zu betreten. "Das kurzzeitige Betreten wurde in den vergangenen Jahren allerdings seitens der Stadt Achim zwar geduldet, eine Nutzung – bei Erlangung der entsprechenden Kenntnis, denn kontrolliert werden konnte dies nicht rund um die Uhr – hingegen nicht", erklärt Zorn.
Die Frage, warum das Gelände jahrzehntelang nicht eingezäunt wurde oder wenigstens Hinweisschilder aufgestellt wurden, um das Verbot durchzusetzen, können weder die Stadt noch der Landkreis Verden beantworten. "Das lässt sich nicht eindeutig klären", heißt es aus dem Rathaus. "Ob möglicherweise Schilder aufgestellt worden sind, die im Laufe der Zeit entfernt wurden, lässt sich aus den Akten nicht mehr nachvollziehen", sagt Silke Brünn, Fachbereichsleiterin Wasser, Abfall und Naturschutz beim Landkreis Verden. "Das reine Betreten der Flächen wurde nach damaliger Einschätzung als unschädlich eingeschätzt, sodass auf eine Einzäunung in der Vergangenheit verzichtet wurde."
Das wird sich aber offenbar bald ändern. "Nach dem aktuellen Altlastenfund im Zusammenhang mit dem Neubau des Feuerwehrhauses soll vorsorglich auch das reine Betreten der möglicherweise betroffenen Teilflächen unterbunden werden, bis eine Gefährdung absolut ausgeschlossen werden kann", teilt Brünn mit.
Wie kommt der Müll nach Uphusen?
Es handelt sich um eine ehemalige Mülldeponie, in der sowohl Haushaltsmüll als auch Industrieabfälle des Bremer Automobilherstellers Borgward entsorgt wurden.
Wie groß ist das mit Abfällen belastete Gebiet?
Im Bodeninformationssystem wird der Bereich Arenkamp mit einer Fläche von 42.000 Quadratmetern angegeben. Das Volumen liegt demnach bei 50.000 Kubikmetern. Andere Angaben gibt es von der Stadt Achim. "Die Altlast ist nur in der Lage bekannt", sagt Zorn und schätzt die betroffene Fläche auf 19.000 Quadratmeter. Eine Erklärung für die Differenz könnte sein, dass die Stadt nur von der bislang nicht geräumten Fläche nördlich der Sporthalle spricht und das Land die gesamte ehemalige Deponie erfasst.
Wie tief im Boden die Altlasten liegen, lässt sich nach Angaben von Zorn nicht pauschal sagen. Auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten und Luftbildauswertungen könne er nur sehr grobe Abschätzungen vornehmen. Demnach liegen je nach Standort ein halber bis drei Meter Erde über dem Müll.
Sind giftige Stoffe ins Grundwasser gelangt?
Bislang offenbar nicht. Untersuchungen der zuständigen Behörde des Landkreises Verden haben bislang keine Kontaminierung in dem Bereich festgestellt. Sie kontrolliert seit vielen Jahren regelmäßig das Grundwasser in Gebieten, in denen Altlasten gefunden worden sind. Dass der Bereich am Arenkamp dazu gehört, ist lange bekannt.
Warum wird das betroffene Gelände nicht von den Altlasten befreit?
Die Sanierung ist vor allem eine Frage des Geldes. Vor fünf Jahren sagte Zorn, dass dafür "Kosten in einer Größenordnung von 5,2 Millionen Euro anfallen" würden. Dazu käme noch ein Risikoaufschlag für die Sanierung. Unwägbarkeiten erschwerten demnach die Kalkulation. "Erst beim Ausbau können das exakte Ausmaß, die zu entsorgende Menge und die Art der Schadstoffe festgestellt werden", sagte Zorn damals. Von anderer Stelle ist zu hören, dass das Auskoffern des Geländes und Entsorgen der Altlasten heute einen zweistelligen Millionenbetrag verschlingen würde.
Auch die kleinere Lösung wäre immer noch teuer. Zwar glaubte der Bauamtsleiter 2018, dass ein Vorgehen nach dem Vorbild der Steuben-Allee grundsätzlich genehmigungsfähig wäre. Dort war die belastete Fläche mit einer Abdichtungsfolie belegt und mit einem einen halben Meter hohen Bodenauftrag abgesichert worden. Doch auch das würde rund 800.000 Euro kosten, schätzte er. Auch dieser Wert dürfte sich mittlerweile vervielfacht haben.