Die Biergläser, die Marvin Pfeiffer und Malte Meyer in ihrer Hand hielten, waren randvoll. Daraus trinken wollten sie allerdings nicht. Die beiden Leistungsträger der SG Achim/Baden hatten etwas anderes vor: Sie schlichen sich nach dem Heimspiel gegen die HSG Delmenhorst von hinten an ihren Trainer Florian Schacht heran. Und dann passierte genau das, was nun einmal passiert, wenn eine Sportmannschaft eine Meisterschaft gewinnt: Meyer und Pfeiffer verpassten Schacht nach dem Gewinn des Titels in der Handball-Oberliga Nord die obligatorische Bierdusche.
Während Schacht klitschnass in der Halle stand und sich langsam ein Biergeruch breitmachte, freuten sich Meyer und Pfeiffer diebisch, dass ihr Plan unbemerkt vom Trainer aufgegangen war. Während der Saison 2024/2025 waren beide Spieler wichtige Faktoren, damit nun der Meistertitel und der Regionalliga-Aufstieg gefeiert werden dürfen. Als die Partie gegen die HSG Delmenhorst – die SG holte beim dramatischen 24:24 den noch fehlenden Punkt für den Titel – in die Schlussphase ging, waren die beiden Führungsspieler dazu gezwungen, in die Zuschauerrolle zu schlüpfen.
Für Marvin Pfeiffer war das Duell mit Delmenhorst früh beendet. Achims Spielgestalter blieb auf dem Boden liegen, nachdem er das 5:7 aus Sicht der SG Achim/Baden in Minute zehn erzielt hatte. Er hatte sich eine Muskelverletzung im Oberschenkel zugezogen. Pfeiffer musste raus und machte für Fiete Esser Platz. Hinter der Auswechselbank wurde der Führungsspieler lange von Alina Römhild behandelt. Doch auch die Physiotherapeutin konnte Pfeiffer auf die Schnelle nicht wieder spielfähig machen. Der Rückraumspieler setzte im Auswechselbereich zu leichten Sprints an und fluchte laut. Pfeiffer war in diesem Moment bewusst, dass die Partie für ihn beendet war. Fortan unterstützte er seine Teamkollegen von der Bank aus lautstark. "Ich denke, dass wir Marvin in dieser Saison nicht mehr auf dem Feld sehen", vermutete SG-Trainer Florian Schacht direkt nach dem Abpfiff und inmitten der Meisterfeier.
Rund zehn Minuten vor dem Schlusspfiff war die Partie für einen weiteren Leistungsträger des neuen Oberliga-Meisters beendet. Malte Meyer schlich mit gesenktem Kopf in Richtung Tribüne. Zuvor hatte der abwehrstarke Handballer seine dritte Zeitstrafe gesehen. Seine erste Zweiminutenstrafe bekam Meyer bereits in der vierten Minute. Er zitterte in der dramatischen Schlussphase, in der Erik Schmidt zunächst einen Siebenmeter der SG nicht nutzte und die Delmenhorster anschließend den letzten Angriff nicht für den Siegtreffer nutzten, gemeinsam mit den Zuschauern von den Rängen aus mit. "Die letzten Minuten von der Tribüne verfolgen zu müssen, war extrem schwer", sagte Meyer im Gespräch mit unserer Zeitung.
Wie wohl alle Menschen, die das hoch spannende Spiel in der Halle verfolgt haben, schnellte auch bei Meyer der Puls in den letzten Momenten der Partie nach oben. Als HSG-Spieler Niklas Schäfer dann aber den Ball bei einem direkten ausgeführten Neunmeter nach Spielende zu lasch aufs Tor brachte und Keeper Ajdin Tufekcic die Kugel locker fing, verließ Malte Meyer in Windeseile seinen Platz auf der Tribüne. Er wollte so schnell wie möglich in den Jubelkreis. Wäre das Spiel für die Achimer noch verloren gegangen, hätten sie am kommenden Wochenende eine weitere Chance gehabt, die Meisterschaft perfekt zu machen. Die Erleichterung, dass es gleich im ersten Anlauf und dann auch noch in der eigenen, bis auf den letzten Platz gefüllten Halle geklappt hat, war auch bei Meyer riesig: "Alle sind einfach nur froh, es geschafft zu haben."
Schon seit mehreren Wochen deutete sich an, dass es wohl nur eine Frage der Zeit war, bis die SG den Titel perfekt macht. Dies auszublenden sei nicht immer einfach gewesen, meinte Meyer: "Es wurde oft gesagt: Ihr seid doch schon durch und Meister. Aber wir mussten diesen Punkt eben noch holen." Dass es am Ende solch ein Zitterspiel wurde, überraschte Malte Meyer keineswegs. "Wir haben uns doch schon im Hinspiel in Delmenhorst schwergetan", erinnerte der Kreisläufer an den knappen 31:28-Erfolg im ersten Vergleich.

Nach dem letzten Wurf des Spiels bildete die SG Achim/Baden blitzschnell einen Jubelkreis.
Daher wusste Meyer nur zu genau, dass mit der HSG Delmenhorst eine Mannschaft in die Gymnasiumhalle kommt, die der SG alles abverlangen würde. "Delmenhorst hat zurzeit einen guten Lauf und die können alle Handball spielen. Wir sind daher auch nicht überheblich aufgetreten. Am Ende haben wir die Aufgabe aber mannschaftlich gelöst", strahlte Malte Meyer über das ganze Gesicht. Er war einfach nur glücklich, dass das große Zittern auf der Tribüne von einem Gefühl der Erleichterung abgelöst wurde. Und ganz nebenbei freute er sich diebisch, dass er gemeinsam mit Marvin Pfeiffer seinem Trainer die obligatorische Bierdusche verpasst hat.