Es ist schon fast drei Jahre her, seit in einem erst wenige Monate zuvor eröffneten Restaurant an der Ecke Große Straße/ Lugenstein in Verden ein Feuer ausbrach. Spezialermittler nahmen noch während der Löscharbeiten in der Nacht zum 1. Dezember 2022 die Spurensuche auf und schlossen nicht aus, dass „gezündelt“ wurde. Die Vermutung sollte sich bestätigen. Ein heute 23-Jähriger aus Langwedel hat jetzt vor dem Amtsgericht Verden gestanden, das Feuer gelegt zu haben – nicht aus eigenem Antrieb, sondern auftragsgemäß gegen versprochene 200 Euro. Das Jugendschöffengericht verhängte wegen schwerer Brandstiftung eine Jugendstrafe von anderthalb Jahren auf Bewährung.
Die Ermittlungen hatten sich lange hingezogen und das Verfahren sich ursprünglich gegen mehrere Beschuldigte gerichtet. Übrig geblieben ist der junge Mann, gegen den die Staatsanwaltschaft erst zu Beginn dieses Jahres Anklage erhoben hatte. So lange es bis dahin und bis zur fälligen Verhandlung dauerte – am Ende ging alles ganz schnell. Zwischen dem Verlesen der kurzen Anklageschrift bis zur Urteilsverkündung und längeren Begründung verstrich gerade eine Dreiviertelstunde. Dies lag vor allem daran, dass der 23-Jährige ein weitgehendes Geständnis ablegte, wenn auch ohne Nennung der oder des Auftraggebers – weil er „Repressalien befürchte“, wie der Vorsitzende Richter es später mit erkennbarem Verständnis formulieren sollte.
Angeklagter hatte Geldnot
Zunächst hatte der Bremer Verteidiger des Angeklagten das Wort ergriffen und ohne Umschweife erklärt, was die Vertreterin der Staatsanwaltschaft vorgetragen habe, sei „alles so richtig“. Sein Mandant räume die Tatvorwürfe ein. Er habe damals Geldnot gehabt und sei „so dämlich“ gewesen, für 200 Euro den Brand zu legen. Leise und mitunter stockend berichtete dann der Langwedeler, wie das Ganze in Gang gekommen sei und was sich dann nächstens zugetragen habe. Der Richter hatte ihn dazu ermuntert, den Hergang zu schildern und auch darauf hingewiesen, dass es reichlich Videomaterial von dem Geschehen im Erdgeschoss des Gebäudes gebe. In dem Lokal waren mehrere Kameras installiert.
Der Angeklagte war zum Tatort hingefahren und dort auch wieder abgeholt worden, nachdem er in der sogenannten Salatküche den Inhalt von zwei mitgebrannten Kanistern Benzin entleert und angezündet hatte. Bewohner der oberen Etagen hatten gegen 2.30 Uhr die Feuerwehr alarmiert und sich selbstständig und unversehrt ins Freie retten können. Den entstandenen Sachschaden hatte die Polizei seinerzeit auf ungefähr 50.000 Euro geschätzt. Die Aussicht auf 200 Euro will den von reichlich Schulden geplagten Heranwachsenden dazu bewogen haben, sich auf die buchstäblich brandgefährliche Sache einzulassen.
„Gut, dass Sie heute reinen Tisch machen“, meinte der Richter. Über den Werdegang und einige besondere Befindlichkeiten des zur Tatzeit noch 20-Jährigen berichtete eine Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe. Bei dem schon länger zurückliegenden Gespräch habe der junge Mann die Tat noch geleugnet, diese aber als „falsch und unmoralisch“ bezeichnet, so die Frau. Sie empfahl die Anwendung von Jugendrecht sowie eine befristete Betreuungsweisung.
Es bleibt bei Bewährung
Die Staatsanwältin folgte in ihrem Schlussvortrag der Auffassung der Jugendgerichtshilfe, wonach „schädliche Neigungen“ bei dem Angeklagten inzwischen nicht mehr feststellbar seien. Sie gehe von einem „schweren Einzelfall“ aus, bei dem ein „hohes Gefahrenpotenzial“ bestanden habe und es glücklicherweise bei Sachschaden geblieben sei. Sie beantragte anderthalb Jahre Jugendstrafe, die aufgrund der günstigen Sozialprognose zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Der Verteidiger beschränkte sein Plädoyer auf einen Satz: „Ich schließe mich einfach an."
Der Richter sagte in der Urteilsbegründung, der Angeklagte sei „das ausführende kleine Rad“ in dem Fall gewesen und habe die Folgen der begangenen Brandstiftung „einschließlich der Gefährdung von Menschen“ zu tragen. Er betonte zudem, es habe sich nicht um einen „ausländerfeindlichen Anschlag“ gehandelt. Der Angeklagte habe sich wegen persönlicher und finanzieller Schwierigkeiten zu der Tat hinreißen lassen und sei dabei „planerisch vorgegangen“. Es sei die Schwere der Schuld festzustellen. Dass der junge Mann die „Anstifter im Hintergrund“ nicht nennen wollte, sei nachvollziehbar und müsse respektiert werden, so der Richter.