Eine falsche Antwort im Themenblock Betriebsgefahren und schon durchgefallen. Bei der Lokführer-Prüfung ist das leider so Usus. Benjamin Havermann, Sprecher der Nordwestbahn, spricht von einer "außergewöhnlich hohen Anzahl" unter den Prüflingen, die diesmal durchgerasselt sind. Und das hat gravierende Folgen für die Fahrgäste: Ab Montag, 3. April, fallen die Züge der Nordwestbahn den ganzen Monat lang auf der Strecke Verden-Rotenburg (RS 6) aus, stattdessen wird ein SEV (Schienenersatzverkehr) mit Bussen eingerichtet. Drei Buchstaben, die bei den meisten Bahnfahrenden nur ein genervtes Seufzen auslösen. Sie sollten sich allerdings darauf einstellen, dass die angespannte Personalsituation auch noch im Monat Mai anhält, ein Ende ist derzeit nach Angaben des Unternehmens noch nicht in Sicht. Wann die Weichen also wieder auf Normalbetrieb gestellt werden können, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch niemand wirklich sagen.
Anspruchsvolle Prüfung
Doch woran liegt es eigentlich, dass sich bei so vielen angehenden Lokführern das Pauken nicht gelohnt hat? "Die Anforderungen sind nicht verschärft worden, die zehnmonatigen Kurse sind eben sehr anspruchsvoll", betont Havermann und erläutert, dass sich die Prüfung in einen theoretischen und einen praktischen Teil gliedert.
Ausgebildet werden die angehenden Lokführer und Lokführerinnen direkt bei der Nordwestbahn. Inzwischen gebe es zwar auch einige weibliche Triebfahrzeugführerinnen, das Gros der Auszubildenden sei jedoch immer noch männlich, erklärt der Sprecher des privaten Eisenbahnverkehrsunternehmens mit Sitz in Osnabrück. Im Schnitt bilden die Osnabrücker jährlich rund 30 Quereinsteiger aus.
Seit der Gründung im Jahr 1999 hat sich die Nordwestbahn nach eigenen Angaben zu einem der größten Eisenbahnunternehmen Deutschlands entwickelt. Mehr als 850 Mitarbeitende bringen auf etwa 1172 Streckenkilometern jährlich rund 27 Millionen Fahrgäste zu ihren Zielen.
Vertrag bis 2036
Der Jubel war jedenfalls groß, als die in die Jahre gekommenen Waggons der Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe Weser (EVB) zum Fahrplanwechsel im Dezember endlich ausgemustert wurden und die Nordwestbahn als Betreiberin der Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen die Strecke übernommen hat. "Wir haben den Verkehrsvertrag bis 2036 gewonnen", erinnert Havermann. Ob die Taktung künftig noch einmal angepasst wird – aktuell sind die Züge noch nicht stündlich zwischen den beiden Kreisstädten unterwegs – ist noch ungewiss. "Die Frequenz wird regelmäßig überprüft", verspricht Havermann, der noch keine aktuellen Fahrgastzahlen für die RS 6 vorlegen kann.
Dass sich die hohe Durchfallquote nun ausgerechnet auf die Strecke Verden-Rotenburg auswirkt, kommt nicht von ungefähr: "Wir wollen die Auswirkungen für die Fahrgäste möglichst gering halten", sagt Havermann. Heißt übersetzt: Aufgrund des höheren Fahrgastaufkommens hat es die RS 1 zwischen Verden und Farge nicht getroffen.
Bedarf in Verden
Genaugenommen handelt es sich bei der Ausbildung zum Lokführer um eine zehnmonatige Weiterbildung. Neben dem Haupt- oder Realschulabschluss und einer abgeschlossenen Berufsausbildung gibt es noch weitere Zugangsvoraussetzungen für Quereinsteiger: mindestens 20 Jahre alt müssen die sein, die künftig auf den Spuren von Lukas, dem Lokomotivführer wandeln wollen. Und natürlich sollten sie auch über ein gewisses technisches Verständnis verfügen, ergänzt Benjamin Havermann. Es sei momentan eine große Herausforderung, qualifizierte Bewerber zu finden. "Erfahrene Triebfahrzeugführer sind auf dem Markt kaum zu akquirieren", weiß der Unternehmenssprecher. Selbst Leiharbeiter seien derzeit Mangelware. Deshalb lege die Privatbahn ganz klar ihren Fokus auf die Ausbildung neuer Triebfahrzeugführer.
Wer Interesse an einer Weiterbildung zum Lokführer oder zur Lokführerin hat, kann sich bei der Privatbahn unter www.nordwestbahn.de/de/karriere informieren. Es werden explizit Mitarbeitende für die Einsatzstelle in Verden gesucht.