Herr Sterzenbach, jeder Junge träumt davon, in einer coolen Band Gitarre zu spielen oder an den Drums zu sitzen. Wie kamen Sie stattdessen zum A-cappella-Gesang?
Vielleicht war ich ja nicht cool genug, um mir eine Gitarre zu wünschen? Aber vor allem bin ich mit Vokalmusik aufgewachsen. Meine Mutter ist Sängerin und Chorleiterin, und es war für uns als Kinder schon immer selbstverständlich, dass wir auf Chorwochenenden mitgefahren sind und auch sonst viel gesungen haben. Ich hatte musikalisch nie eine andere Leidenschaft als das Singen. Wenn man singt, dann trifft das direkt in die Seele, und wenn man es richtig macht, auch in die Seele der Zuhörer.
Zwischen 2016 und 2018 haben Sie viele Wechsel erlebt. Wie stellt sich die Zeit von der Auflösung der Wise Guys bis zur Gründung von Alte Bekannte im Rückblick für Sie dar?
Es war für uns schon seit 2015 klar, dass die Wise Guys sich auflösen würden, und jeder von uns hatte genug Zeit, sich zu überlegen, was danach kommen sollte. Für Nils, Dän und mich wurde schon 2016 konkret, dass wir eine neue Band gründen wollten, und wir haben parallel zum Konzertgeschäft der Wise Guys angefangen, aufzunehmen und zu proben. Nach den beiden Abschlusskonzerten hatten wir deshalb nur ein halbes Jahr Pause von der Bühne.
Warum haben Sie nicht einfach den vertrauten Bandnamen behalten?
Das ist nicht nur ein Namenswechsel, sondern eine ganz neue Band. Die Wise Guys hatten ja als Gruppe von Schulkameraden angefangen, die das zuerst nur aus Jux und Dollerei gemacht hatten. Dieser alte Spirit "Fünf Freunde auf der Bühne" ist mit der Zeit ein wenig verloren gegangen, und wir wollten unsere frühere Band auch nicht einfach kopieren. Außerdem war klar, dass wir uns einen anderen Namen geben mussten, denn der Name "Wise Guys" hat ja auch einen Wert, und das hätte rechtlich und finanziell aufgearbeitet werden müssen. Der Name "Alte Bekannte" gefiel uns, weil er schön doppeldeutig ist. Die meisten von uns waren inzwischen über 50, wir alle kannten uns untereinander, auch unsere beiden Neuen, und jeder hatte schon mal mit jedem in verschiedenen Konstellationen gespielt. Und auch das Publikum kannte uns alle von der Bühne, und unsere Fans konnten sagen: "Wir gehen heute Abend zu Alten Bekannten."
Auf Ihren Konzerten singen Sie auch eine Reihe von Wise Guys-Songs. Gibt es für Sie eine Abgrenzung zu Ihrer früheren Band?
Ja, auf jeden Fall. Früher stammten 80 Prozent aller Songs von Dän Dickopf, jetzt nur noch höchstens die Hälfte. Alle anderen arbeiten jetzt auch an Text und Musik, und dadurch ist eine viel größere musikalische und sprachliche Bandbreite entstanden. Inhaltlich konnte sie ja kaum größer werden, aber unsere Sprache ist durch die vielen neuen Impulse vielschichtiger geworden.
Die Corona-Zeit wird von Bands und Musikern als sehr schwierig beschrieben. Wie hat sich das für die Alten Bekannten angefühlt?
Das war wirklich hart. Von einem Tag auf den anderen durfte man seine Berufung nicht mehr erfüllen, hatte kein Einkommen mehr und musste sich um die Gesundheit seiner Liebsten sorgen. Letzten Endes haben sich die finanziellen Hilfen für uns ganz gut dargestellt, aber davor lag doch einiges Bangen. Schwierig war auch, dass Nils Olfert in dieser Zeit beschloss, auszusteigen, und da mussten wir "mit Corona" nach jemandem suchen, der ihn ersetzen konnte.
Den haben Sie dann mit Friedemann Petter gefunden. Ist die Band in dieser Besetzung jetzt stabil?
Ja, seit anderthalb Jahren haben wir das Gefühl, dass es zwischen uns richtig gut läuft. Als ich damals zu den Wise Guys kam, war das schon lange nicht mehr so, ich war ja sozusagen der "Sargträger" der Band und sollte dabei helfen, die Sache zu einem guten Ende zu bringen. Das barg für mich als Musiker ja auch ein gewisses Risiko, und darum bin ich sehr froh darüber, wie sich das alles gefügt hat.
Seit 2018 hat die Band vier Alben veröffentlicht. Soll es in diesem Tempo weitergehen oder liegt der Schwerpunkt auf den Tourneen?
Ich sehe uns hauptsächlich als eine Live-Band. Natürlich bringen wir auch CDs raus, möglichst alle zwei Jahre, und jetzt kommt zwischendurch auch unser Weihnachtsalbum heraus. Aber nach der Pandemie und in einer Zeit der Kriege und Unsicherheiten sehen wir es als unsere Hauptaufgabe, die Menschen für zweieinhalb Stunden aus ihrem Alltag zu befreien und ihnen Spaß zu machen, statt ihnen auch noch zu sagen, wie beschissen alles gerade läuft. Wir betonen das Positive im Leben, das ist unser Schwerpunkt, auch wenn wir natürlich immer wieder klarstellen, dass wir für ein Miteinander sind und nicht für Ausgrenzung.
Am 13. Dezember sind Sie in Verden zu Gast. Was erwartet Ihre Fans in der Stadthalle?
Das wird eine Mischung aus Weihnachtssongs und Liedern aus unserem normalen Repertoire. Wir freuen uns sehr auf das Konzert in Verden, das ist eine Ecke der Welt, wo wir noch nicht gewesen sind.
Das Interview führte Susanne Ehrlich.