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Mitgemacht beim TV Weser Rieda Nicht nur ein Kneipenspiel: Ein Anfänger spielt Darts

Volontär Raffael Hackmann berichtet von seinen ersten Turnier-Erfahrungen in einer der beliebtesten Trendsportarten.
07.08.2024, 17:00 Uhr
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Nicht nur ein Kneipenspiel: Ein Anfänger spielt Darts
Von Raffael Hackmann

Wie stehe ich richtig? Wie halte ich den Pfeil richtig? Welche Armbewegung ist richtig? Für all diese Fragen gibt es eine simple Antwort: "Das ist ganz individuell, das macht jeder, wie er es mag", erklärt mir Florian Schwarze. Er ist der Spartenleiter Darts beim TV Weser Rieda, also sozusagen der Chef der "Dart Dragons". Diese Antwort hilft einem blutigen Anfänger natürlich absolut nicht, will ich doch klare Anweisungen, was ich zu tun habe. "Ausprobieren, wie es dir am besten gefällt. Einige Tausend Pfeile musst du schon werfen, bis du herausgefunden hast, was für dich funktioniert", belehrt mich Florian. Also geht es ran an die Scheibe – ich muss üben.

Ich habe ja nun schon einige Sportarten ausprobiert, doch handelt es sich beim Darts um einen speziellen Fall: Hier weiß ich im Vorfeld bereits, durch einige Versuche an Kneipen-Dartscheiben, dass ich absolut untalentiert bin. Dennoch darf ich beim Turnier anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Dart Dragons teilnehmen, und der Verein stellt mir sogar einen Partner. Helmut Schrader hat sich dazu bereit erklärt, mit mir als Zweier-Team anzutreten. Da ich eine Reportage über unseren Kampf um den vorletzten Platz schreibe und Helmut mit seinen 65 Jahren bereits in Rente ist, tauften die Kreativen unter den Vereinsmitgliedern unser Team "Rentenreportage".

Vorbereitung auf das Turnier

Um Helmuts engelsgleiche Geduld nicht zu sehr zu strapazieren, erscheine ich vorab zum Training in der Vereinshalle. "Eine der größten fest installierten Darts-Anlagen in ganz Deutschland", wie Florian sagt. Er geht dem Sport seit zehn Jahren nach und kümmert sich darum, dass meine Anfänge nicht allzu holprig verlaufen. Tausende Pfeile werfe ich zwar nicht, doch mit einigen Tipps zum Griff und zur Körperhaltung komme ich meinem Ziel immer näher – die obere Hälfte der Scheibe will ich zuverlässig treffen. Denn da befindet sich die "Triple-20", also das Feld, in dem die Höchstpunktzahl von 60 Punkten liegt. Langsam aber sicher fühle ich mich bereit, mein neu erlerntes Können unter Beweis zu stellen.

Auf dem Turnier herrscht ausgelassene und lockere Stimmung. Manche sind zum Spaß da, viele sind zum Gewinnen da. Zum Beispiel das Duo Jasmin Bolland und Mirco Bielstein, das schon bald als Team Bielstein auftreten kann. "Am 13. September ist unsere Hochzeit, am 14. September unser erster Spieltag der Liga", lacht Jasmin. Sie ist im Juni Neunte auf den German Masters, dem wichtigsten Darts-Turnier Deutschlands, geworden.

Eine einzigartige Familie

Die Bollands können stolz auf sich sein, denn sie haben etwas vermutlich Einzigartiges geleistet: Drei Familienmitglieder waren bereits auf den German Masters vertreten. Vater Michael spielte in der Altersklasse der Herren, Bruder Til bei den Jugendlichen und Jasmin schließlich in diesem Jahr bei den Damen. Auf dem Rücken ihres Trikots steht der Schriftzug "Queen of the Dragon’s Den", also Königin der Drachenhöhle. Dieser Titel scheint wohlverdient zu sein: "Sie ist konstant unsere Beste", sagt Florian beeindruckt. Ihr wurde offenbar jede Menge Talent mit in die Wiege gelegt.

Ihren Oberschenkel ziert eine Tätowierung vom Goldenen Schnatz, dem magischen Quidditch-Ball aus den Harry-Potter-Büchern. Ebenso magisch ist ihre Präzision, mit der sie Pfeil um Pfeil in die Triple-20 nagelt. Als Anfänger kann ich nur staunen, wenn ich ihr über die Schulter blicke. Seit sieben Jahren spielt Jasmin Darts, anderthalb davon "ernsthaft", wie sie sagt. Um ihr Niveau zu erreichen, werde ich wohl noch so einige Pfeile werfen müssen.

Team Rentenreportage legt los

Jetzt sind Helmut und ich dran. Wir spielen beide ein Einzel gegen jeweils einen Spieler unseres Gegnerteams. Jeder hat 501 Punkte auf dem Konto. Ziel ist es, auf null zu kommen. Theoretisch geht das mit neun Pfeilen, einem sogenannten Neundarter, sofern diese alle perfekt platziert sind.

Um ein "Leg", also eine Runde eines Best-of-Five oder Best-of-Three, zu gewinnen, muss der letzte Pfeil in einem Doppel-Feld landen. Sind beispielsweise noch 40 Punkte auf dem Konto, muss er in der Doppel-20 landen. Im Verlauf meiner vier Best-of-Five-Spiele komme ich lediglich zwei Mal in die Situation, eine bestimmte Zahl treffen zu müssen – meist besiegt mich mein Gegner schon lange vorher.

Die Doppel-Regel zum "Checken" – also das Spiel zu gewinnen – erschließt sich mir ursprünglich nicht. Doch je mehr ich spiele, desto mehr erkenne ich den Sinn dahinter: Von 501 in großen Schritten gen null zu gehen, ist mit einer Prise Anfängerglück absolut zu schaffen. Am Ende allerdings das kleine Feld der Doppel-20, Doppel-1 oder sogar das Bullseye, die Mitte der Scheibe, zu treffen, ist eine Situation, in der sich die Spreu vom Weizen trennt – kein Anfängerglück der Welt macht das möglich.

Ein frühes Ende

Meine Darts-Karriere endet vorerst nach vier Spielen, ohne ein Leg gewonnen zu haben. Mein großes Ziel, das ich mir selbst gesteckt hatte, konnte ich leider nicht erreichen. Doch in Anbetracht der erfahrenen und routinierten Konkurrenz war ich auch wohl ein bisschen überambitioniert. Dennoch gehe ich mit äußerst positiven Eindrücken, sowohl vom Sport an sich als auch von den Dart Dragons, nach Hause.

Beim Werfen spürte ich zunehmend, wie eine gewisse Routine aufkam. Ich musste irgendwann weniger auf meinen Griff, meine Haltung oder meinen Release Point, also den Moment, in dem ich den Pfeil loslasse, achten. Während des Turniers war meine Streuung absolut passabel, was eben genau an diesen Faktoren liegt. Florian und ich hatten uns im Gespräch auf die Bezeichnung "Anti-Denksport" geeinigt. Denn je mehr ein Spieler über irgendetwas nachdenken muss, desto unpräziser wird der Wurf.

Schnelle Verbesserungen sind möglich

Die Dart Dragons und insbesondere mein Partner Helmut haben mich unglaublich freundlich aufgenommen. Ich bekam jede Hilfestellung, die ich brauchte und konnte mich so innerhalb kurzer Zeit stark verbessern. Während unserer Duo-Spiele lernte ich von Helmut noch etwas über die soziale Etikette bei Turnieren. Wir klatschten immer ab, um uns gegenseitig zu motivieren. Wir sprachen meist auch nicht mit unseren Gegnern, um ihre Konzentration nicht zu stören.

Eine kleine Ausnahme gab es bei dieser Regel für mich, denn meine Gegner mussten nicht hoch konzentriert sein, um mich zu schlagen. Sämtliche Teilnehmer waren stets für kleine Scherze aufgelegt, gaben mir teilweise sogar Tipps, und freuten sich auch für mich, wenn ich mal einen guten Wurf gemacht habe.

Jasmin erklärte mir, dass sie sich innerhalb eines Jahres um 100 Prozent verbessert habe. Das klingt ziemlich motivierend. Eine Dartscheibe koste rund 50 Euro – Angebote bei Discountern solle ich aber vermeiden, riet Florian. Hinter der Scheibe sollte noch großzügig etwas Teppich an die Wand geklebt werden, falls ich die Kaution für meine Wohnung zurückbekommen wollte. Ein patentes Pfeile-Set für Anfänger liege zwischen zehn und 40 Euro. Das klingt alles ziemlich einsteigerfreundlich, sodass ich mir einer Sache nun sicher bin: Bis zum Ende des Jahres werde ich ein paar Tausend Pfeile geworfen haben.

Info

Nachdem in Deutschland das EM-Fieber abgeklungen ist, möchte unser Volontär Raffael Hackmann sich weiterhin Sportarten widmen, die weniger im Mittelpunkt stehen und von verschiedenen Vereinen im Raum Verden und Achim berichten, die ihn mittrainieren und ausprobieren lassen. Dabei liegt der Fokus darauf, herauszufinden, was die Faszination an bestimmten Nischensportarten ist und wie einsteigerfreundlich sie sind.

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