Zwei Zivilbeamte und eine -beamtin des Polizeikommissariats Brake haben am Freitagmorgen um 7 Uhr einen über 80-jähriger Rentner aus Berne aus dem Bett geklingelt. Sie händigten dem verdutzten Mann einen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Hannover (der der Redaktion vorliegt) aus. Fast glaubte der Senior an einen schlechten Scherz, denn der Betreff lautete: Anfangsverdacht der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte.
Das Amtsgericht Niedersachsen verdächtigte ihn, "über ein internetfähiges Gerät am 18. Oktober 2024 um 23.55 Uhr als Nutzer des Internetdienstes Snapchat einen kinderpornografischen Inhalt, welcher ein wirkliches Geschehen zeigt (...), auf der Internet-Plattform Snapchat hochgeladen und damit mindestens einem Nutzer des Dienstes zur Verfügung gestellt zu haben." Er sei ferner verdächtig, die betreffende Datei auf einem Datenträger gespeichert zu haben und demnach immer noch in ihrem Besitz zu sein.
Landeskriminalamt ermittelt
Der erste Wortteil des Begriffs Anfangsverdacht ist im gesamten Schreiben durchgängig unterstrichen. Er beruhe auf Ermittlungen des niedersächsischen Landeskriminalamtes. Grundlage sei eine Verdachtsmeldung des Dienstanbieters, teilt das Amtsgericht dem Beschuldigten mit, den das LKA über eine Bestandsdatenauskunft des zuständigen Internetproviders als Inhaber der zur Tatzeit genutzte IP-Adresse ermittelt hatte.
Wegen des Anfangsverdachts der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte ordnete das Amtsgericht Hannover "die Durchsuchung der Wohnung mit allen Nebenräumen, eventuell vorhandener Geschäftsräume und des sonstigen umfriedeten Besitztums des Beschuldigten sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen (einschließlich Kraftfahrzeuge)" ohne vorherige Anhörung an. Der anordnende Richter sah die Maßnahme zur Aufklärung des Sachverhalts als erforderlich und im Hinblick auf den Tatvorwurf als angemessen an. Wäre die Durchsuchung angekündigt worden, hätte dies den Ermittlungszweck gefährdet, heißt es im Durchsuchungsbeschluss.
Aufgrund von Tatsachen sei zu vermuten, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen wird, geht aus dem richterlichen Beschluss hervor. Im Visier hatten die Beamten insbesondere Datenträger wie Smartphone, Laptop und PC.
Kreis der Verdächtigen eingegrenzt
Er besitze weder einen Computer noch einen Laptop, teilte der Rentner den drei Polizisten mit. Einzig ein Smartphone, das er der Beamtin umgehend aushändigte, damit sie es auf die gesuchten Inhalte hin untersuchen konnte. Aus der Niederschrift über Durchsuchung, Sicherstellung und Beschlagnahme (die der Redaktion vorliegt) geht hervor, dass die Polizisten nur die Wohnung des Berners, nicht aber Nebenräume oder Fahrzeug durchsuchten. Dabei wurden weder Sachen sichergestellt noch beschlagnahmt. Der Senior hatte die Durchsuchung zuvor gestattet.
Da er von Zeit zu Zeit Zimmer in seinem Haus an Leiharbeitsfirmen vermietet, deren Mitarbeitende in der Region um Berne herum eingesetzt werden, informierten sich die Beamten, wer am 18. Oktober des vergangenen Jahres im Haus des Berners übernachtet hat. Nach einem Blick in die Unterlagen, teilt der Senior mit, hätten die Ermittler den Kreis der Verdächtigen eingegrenzt.