Die Musik muss weiterspielen – trotz Lockdown, trotz Verbot des Präsenzunterrichts – da sind sich Thomas Schröder und Nadine Steenken einig. Die beiden leiten jeweils eine Musikschule in der Wesermarsch, an denen die Schülerinnen und Schüler durch vielfältige Online-Angebote derzeit weiterhin Musikinstrumente erlernen können.
Online über Videochat oder gar per Telefon ein Instrument erlernen? „Das geht – zwar mit Abstrichen, aber es geht!“ sagt Thomas Schröder, der die Musikschule Wesermarsch seit 2009 leitet. An seiner Schule wird so viel Unterricht in Onlinemodulen angeboten wie möglich. Dabei sei es wichtig, eine geeignete Methodik zu verwenden. „Wir haben vielfältige Lösungen gefunden“, berichtet Schröder. So wird vor allem Einzelunterricht per Videochat angeboten, aber die Lehrkräfte der Musikschule Wesermarsch verschicken auch Videoaufnahmen, in denen sie ihren Schülern die Instrumente vorspielen und Tipps geben. Außerdem werden Arbeitsaufträge mit Lösungswegen an die Schüler gesendet und verschiedene Internetplattform für den Lernaustausch genutzt.
Technische Herausforderungen
Dabei stoßen die Lehrkräfte schon mal auf technische aber auch auf pädagogische Herausforderungen. „Ich musste meine Methodik des Unterrichts systematisch verändern“, erzählt Schröder, der selbst als Posaunenlehrer tätig ist. Um Feedback geben zu können, wird per Videochat auch live unterrichtet. „Die Tonqualität ist teilweise grenzwertig“, so der Posaunenlehrer, dies hänge zum einen von den verwendeten Geräten der Schüler ab. „Das ist manchmal sehr lustig, was da für Töne bei mir ankommen“, sagt Thomas Schröder.
Die größte Herausforderung des Online-Unterrichts stellt aber das gleichzeitige Musizieren, beispielsweise im Orchester, dar. Durch die Zeitverzögerung, die bei einer Videoübertragung einzurechnen ist, gestaltet sich das harmonische Zusammenspiel von Instrumenten sehr schwierig. Deswegen fällt der Ensemblebereich der Musikschule Wesermarsch derzeit komplett weg. Auch die musikalische Früherziehung, bei der Kinder ab vier Jahren normalerweise in Klassen unterrichtet werden, sei schwierig über das Internet zu vermitteln.
Die Musikschule bietet trotz Lockdown weiterhin an, Instrumente neu zu erlernen. Hier wird über Internetplattformen sanft in die ersten musikalischen Unterrichtsstunden eingeleitet. „Wir haben in der letzten Zeit tatsächlich neue Schüler dazugewonnen“, berichtet Schröder, dessen Musikschule um die 1000 Schüler unterrichtet.
Die Meinungen zum Online-Unterricht variieren nach seinen Worten, manche Musikschüler hätten eine Hemmschwelle. „Teilweise ist die Internetverbindung in manchen Wohnhäusern zu schwach oder die Schüler haben kein Gerät für den Videochat“, so der Schulleiter, „wir versuchen den Schülern da aber so gut es geht entgegen zu kommen, zum Beispiel mit Unterricht per Telefon.“ Da die Musikschüler ihr musikalisches Können derzeit nicht auf Konzerten präsentieren können, plant die Musikschule im Unterricht Videos anzufertigen, die dann auf einem eigenen Youtubekanal veröffentlicht werden sollen.
Die Musikschule Steenken in Berne ist im Lockdown ebenso auf kreative Alternativideen angewiesen. „Not macht erfinderisch“, meint Schulleiterin Nadine Steenken, die die Musikschule vor über zehn Jahren gründete. Die jüngsten der 60 Musikschüler sind drei Jahre alt und nehmen das Angebot der musikalischen Früherziehung wahr. Die zuständige Lehrkraft schickt wöchentlich Videobotschaften rund um das Thema Musik an die Eltern. Die Videos enthalten beispielsweise Anleitungen zum Basteln eines Instruments oder wie man einen Tanz einstudiert. „Die Eltern freuen sich über diese wöchentliche Botschaft“, weiß Steenken. Außerdem erhalten die jüngeren Musikschüler „Musikalische Zauberpakete“ mit Rätseln zu musikalischen Themen. „Wir werden je nach Altersgruppe kreativ“, so die Schulleiterin. Die älteste Musikschülerin der Musikschule Steenken ist 80 Jahre alt.
Die Instrumentenlehre wird an der Musikschule von den drei Lehrkräften je nach Instrument online angeboten. „Leider nutzen nicht alle Schüler dieses Angebot“, erzählt Steenken. Gerade Schüler im ländlichen Bereich werden durch eine schlechte Internetverbindung an einer Teilnahme gehindert. „Der Online-Unterricht hat aber auch positive Effekte“, erklärt die Schulleiterin, so könne man per Videochat gut Fehlhaltungen der Musizierenden korrigieren: „In Teilen geht das sogar besser als in Präsenz, da hat man einen anderen Blick dafür“. Den Präsenzunterricht kann die Onlinelehre allerdings nicht ersetzen. „Der persönliche Kontakt fehlt“, meint Steenken.