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Initiative zieht Anwälte hinzu Nach Abschiebung in Lemwerder: Unterstützung reißt nicht ab

Die Initiative "Lemwerder hilft – Hilfe für Edvard und Mariam" möchte der aus Lemwerder abgeschobenen Familie helfen. Anwälte sind eingeschaltet mit der Hoffnung, Informationslücken zu schließen.
21.02.2024, 06:00 Uhr
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Nach Abschiebung in Lemwerder: Unterstützung reißt nicht ab
Von Moritz Kalvelage

Im Dezember 2021 flohen Edvard und Mariam mit ihren beiden Töchtern vor dem Krieg in Bergkarabach. Sie kamen in Lemwerder an, fassten Fuß in der Gemeinde und – wenn man den Freunden und Bekannten zuhört – integrierten sich vorbildlich. Die Töchter fanden Freundinnen in der Schule, die Eltern engagierten sich ehrenamtlich vor Ort, ob als Hilfsgärtner in der Kirche oder als Aufsichtsperson beim Schwimmkurs.

Doch im November des vergangenen Jahres wurden Edvard und Mariam mit ihren beiden Töchtern in einer nächtlichen Aktion nach Armenien abgeschoben. Ein Schreiben, dass die Duldung zu Anfang November endet, habe der Familie nicht vorgelegen, umso überraschender kam die Abschiebung: "Dabei ist so viel schiefgelaufen, es ist so viel in die Hose gegangen", sagt Ingelore Achenbach. Beim Treffen der Initiative "Lemwerder hilft – Unterstützung für Edvard und Mariam" überlegen Freunde und Bekannte nun, wie sie der Familie aus der Ferne helfen können.

"So, was haben wir auf dem Zettel?" Janine Claßen eröffnet die Runde pragmatisch und zielorientiert. Aber über das Ziel muss sich die Gruppe noch unterhalten, denn es gäbe zwei Möglichkeiten, der Familie zu helfen: Eine Idee ist, die Abschiebung rückgängig zu machen. Den Unterstützerinnen und Unterstützern scheint das jedoch weniger aussichtsreich zu sein als die zweite Idee: "Die Möglichkeit der Wiedereinreise zu schaffen", sagt Viktoria Heller. Gegebenenfalls könne man versuchen, die Sperre der Wiedereinreise zu reduzieren. Dafür muss aber geklärt werden, ob eine solche Sperre besteht und wie lange diese sein könnte.

Fehlende Informationen

Da kristallisiert sich ein grundlegendes Problem heraus. Der Gruppe fehlen Informationen, nicht alle Dokumente liegen vor, nicht alle Angaben lassen sich lückenlos miteinander verknüpfen. Um das zu ändern, möchte "Lemwerder hilft" nun Anwälte im Auftrag der Familie bezahlen, damit diese die Fäden zusammenführen. Finanziert wird das von dem bereits gesammelten Geld. Etwas Geld kam zuletzt über den Verkauf einiger Möbel zusammen, die nach der Abschiebung der Familie noch bei der Kirchengemeinde zwischengelagert wurden.

Nach der geschätzten ersten Zahlung an die Juristen bleibe noch Geld übrig, von dem die Initiative einen Teil nach Armenien schicken möchte. Der vierköpfigen Familie gehe es derzeit nicht gut, auch in finanzieller Sicht. Mutter Mariam verdiene als Aushilfslehrerin etwa 177 Euro monatlich, sagt Ingelore Achenbach, während Vater Edvard drei bis vier Stunden täglich Taxi fahre. Mehr sei nicht möglich, denn er nehme Medikamente, die ihn müde machten. Dabei kommt nicht viel Geld zusammen – so wenig, dass die Töchter mit Hunger ins Bett gehen müssten.

Attest als Hoffnungsschimmer

Weil Edvard im Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan psychische Traumata erlitten hat, hat er in Deutschland sowohl mit einem Psychologen als auch einem Psychiater gearbeitet. Nun könnte ein Attest zu seinem gesundheitlichen Zustand helfen und den Aufenthalt in Deutschland ermöglichen. Denn damit könnte belegt werden, dass ein Leben in Armenien aufgrund der Kriegstraumata nicht zu bewältigen ist. "Die Familie ist in ihrem Herkunftsland nicht sicher", sagt Janine Claßen. Verfahrensfehler bei der Abschiebung seien zwar schwer nachzuweisen, sie hofft dennoch auf eine Einzelfallprüfung, die eine Zukunft der Familie in Lemwerder möglich macht.

Auch wenn noch nicht absehbar ist, wie erfolgreich das weitere Vorgehen sein wird, ist der Tatendrang des Freundeskreis nicht gehemmt: Für eine mögliche Rückkehr der Familie soll alles vorbereitet werden, dazu gehört eine neue Arbeitsstelle genau so wie eine neue Wohnung. 

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