Wesermarsch. Die Energiewende als Grundbaustein des Klimaschutzes kann nur gelingen, wenn der Netzausbau zügig umgesetzt wird. Das erklärte Niedersachsens Energieminister Olaf Lies am Mittwoch in einer Pressekonferenz zum geplanten Ausbau des Hochspannungsnetzes im Nordwesten. Verantwortlich dafür ist der Übertragungsnetzbetreiber Tennet. Mit Inkrafttreten des neuen Bundesbedarfsplangesetzes im März 2021 hat Tennet den gesetzlichen Auftrag, zehn neue Netzausbauprojekte an Land und auf See zu realisieren, um den Strom aus der windreichen Küstenregion in die verbrauchsstarken Räume im Süden und Westen des Landes zu bringen.
Betroffen ist auch die Wesermarsch.
Beim Blick in die Pläne zeigen sich mehrere Überschneidungen der geplanten mit bestehenden Trassen. „Bei der Hälfte der Projekte werden Bestandsleitungen ausgebaut“, erklärte daher auch Tennet-Projektleiterin Dr. Maren Bergmann. Die Trassen würden sich kaum ändern. So soll eine 220-Kilovolt-Leitung vom Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Unterweser zum Umspannwerk Conneforde im Landkreis Ammerland bis zum Jahr 2025 neu beseilt und so zu einer 380-Kilovolt-Leitung aufgerüstet werden.
Die vorhandene, aber in die Jahre gekommene 380-Kilovolt-Leitung vom Umspannwerk Elsfleth-West zum Umspannwerk Ganderkesee wird neu gebaut und die Leistung auf 4000 Ampere erhöht. Dazu soll parallel zur jetzigen Freileitung eine neue Freileitung entstehen. Nach der für 2031 geplanten Fertigstellung wird die alte Freileitung zurückgebaut, wie es hieß. Auch in diesem Fall soll sich an der Trasse kaum etwas ändern.
Ebenfalls bis 2031 sollen die vorhandenen 220-Kilovolt-Freileitungen von Conneforde über Elsfleth und Farge bis Sottrum im Landkreis Rotenburg sowie nach Dollern im Landkreis Stade ersetzt werden. Auf diesen Trassen sollen ebenfalls leistungsfähigere 380-Kilovolt-Hochspannungsleitung entstehen und die Umspannwerke neu- oder umgebaut werden. Auch in diesem Fall werden die alten Freileitung später zurückgebaut.
Als nicht mehr ausreichend für den prognostizierten Anstieg der Windenergieerzeugung gilt auch die sogenannte Elbe-Weser-Leitung zwischen Stade und Elsfleth. Die vorhandene 380-kV-Freileitung soll deshalb durch den Einsatz neuer Masten und Leiterseile auf eine Übertragungskapazität von 4000 Ampere erhöht werden. Darüber hinaus sollen in knapp zehn Jahren zwei 2-Gigawatt-Gleichstrom-Erdkabel den Strom aus Offshore-Windparks über Wilhelmshaven zum Umspannwerk auf dem Kraftwerksgelände in Kleinensiel transportieren.
Wichtigstes Tennet-Projekt im Nordwesten ist der sogenannte B-Korridor. Es besteht aus zwei Gleichstrom-Erdkabel-Leitungen zwischen Heide in Schleswig-Holstein und Polsum in Nordrhein-Westfalen sowie Wilhelmshaven und der Region Hamm mit einer Kapazität von je zwei Gigawatt. Wo genau das geplante Erdkabel zwischen Heide und Nordrhein-Westfalen verlegt wird, ist völlig offen. Würde es von der geplanten Elbquerung nördlich von Stade in gerader Linie nach Polsum geführt, würde das Kabel durch Vegesack, südöstlich an Lemwerder vorbei und weiter durch Ganderkesee verlaufen. Dass das Kabel durch Bremen verlegt werden könnte, konnte sich Bergmann allerdings nicht vorstellen. Die Suche nach einer passenden Trasse steht erst noch bevor.
Um eine möglichst verträgliche Realisierung der Projekte sicherzustellen, stehen Bergmann und ihre Kollegen bereits in Kontakt zu den Bürgermeistern und Landräten. Anschließend sollen mehrere weitere Schritte der formellen, aber auch der zusätzlichen informellen Beteiligung der betroffenen Bürger folgen. Die bei Tennet für Bürgerbeteiligung zuständige Inga Wilken will dabei für eine konstruktive Gesprächsatmosphäre sorgen, die trägt. Sie wies aber auch schon mal darauf, dass es sich bei einer Hochspannungsleitung um auf „Linienbauwerk“ handelt. Jede Änderung betreffe viele andere.