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Oldenburg will bis zu 160 Asylbewerber in ehemaliger Kaserne unterbringen - Nachbarn wollen dagegen klagen Ärger um Flüchtlinge im Fliegerhorst

Oldenburg·Ofen. Die Stadt Oldenburg hat ein Unterbringungsproblem mit Flüchtlingen. Jetzt sollen zwei Kasernengebäude auf einem ehemaligen Fliegerhorst im Stadtteil Brokhausen am Rande Oldenburgs als Heim fungieren. Die Stadt hat die Gebäude im Sommer erworben. Bürger aus der unmittelbar angrenzenden, 2600 Einwohner großen Bauerschaft Ofen in der Nachbargemeinde Bad Zwischenahn sind empört und überlegen, ob sie dagegen klagen.
07.10.2011, 05:00 Uhr
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Von VERA JANSEN und Justus Randt

Oldenburg·Ofen. Die Stadt Oldenburg hat ein Unterbringungsproblem mit Flüchtlingen. Jetzt sollen zwei Kasernengebäude auf einem ehemaligen Fliegerhorst im Stadtteil Brokhausen am Rande Oldenburgs als Heim fungieren. Die Stadt hat die Gebäude im Sommer erworben. Bürger aus der unmittelbar angrenzenden, 2600 Einwohner großen Bauerschaft Ofen in der Nachbargemeinde Bad Zwischenahn sind empört und überlegen, ob sie dagegen klagen.

Am Ende der Straße beginnt das Niemandsland: Ein großes Tor ist mit einem Schloss verriegelt, die geteerte Straße führt schnurgerade weiter - an den Seiten brachliegende Grünflächen. Einige Meter weiter rechts sind zwei verlassene Backsteingebäude zu sehen, ehemalige Unterkünfte auf dem früheren Fliegerhorstgelände, fernab des Haupteingangs. Nach dem Willen der Stadt sollen bereits im November die ersten Flüchtlinge dort am Stadtrand von Oldenburg einziehen, bis zu 160 sollen es insgesamt werden.

Die Erschließung soll über Ofen, einen Gemeindeteil Bad Zwischenahns im Kreis Ammerland, erfolgen. "Das ist Verlagern von Problemen auf die Nachbarn", kritisiert Landrat Jörg Bensberg (parteilos). Der Landrat ist verärgert. Nicht nur, dass es keine Kommunikation zwischen Oldenburg und Bad Zwischenahn gegeben habe, die Stadt "Oldenburg hat sich die entlegenste Kaserne genommen, die sie finden konnte". Direkt um die Kasernen hat die Stadt einen zweiten Zaun ziehen lassen. Die Ofener sind empört und haben sich zu einer Initiative zusammengeschlossen. Oldenburgs Stadtsprecher Andreas van Hooven verweist auf mehrere Termine, an denen sich die Anwohner die Gebäude hätten ansehen und sich informieren können. "Außerdem haben wir Flyer und Broschüren in die Briefkästen verteilt." Insgesamt hätten rund 20 Nachbarn Interesse gezeigt - und sei es , indem sie protestierten.

880 Unterschriften haben die Ofener Ende Juni als Petition dem Oldenburger Rat übergeben. "Das ist Einkasernierung, da ist Konfliktpotenzial vorhersehbar", sagt Wolfgang Feldhege, Sprecher der Initiative "Bürger für Ofen". Andree Korinth von der Bürgerinitiative hat sich mit den Plänen der mehrstöckigen Gebäude beschäftigt. Für zwölf Zimmer gibt es Gemeinschaftsduschen und Waschräume, jede Etage bekommt eine Sammelküche. Die 27 Quadratmeter großen Zimmer sollen zu viert belegt werden. "Da ist keine Privatatmosphäre, da gibt es viel Fremdbestimmung", sagt Korinth. "Wir befürchten, dass die Menschen hier sich selbst überlassen werden", sagt Feldhege.

Stadtsprecher van Hooven räumt ein, dass die Randlage von Oldenburg "kein idealer Standort ist". Die Stadt habe ein Wohnraumproblem. "Wir können nicht für 400 Menschen Ein- bis Zweizimmerwohnungen schaffen", sagt van Hooven. Die Aufnahmequote für Oldenburg liegt bei 427 Flüchtlingen. Bislang hatte die Stadt damit keine Schwierigkeiten. Die Flüchtlinge kamen ins zentrale Aufnahmelager Blankenburg, am anderen Ortsrand von Oldenburg. Das Land Niedersachsen hat das Lager Ende Juni geschlossen. Vor einigen Jahren hatten dort einquartierte Flüchtlinge mit Hungerstreiks auf Missstände aufmerksam gemacht. Ihre zentrale Unterbringung dort hatte anhaltende Proteste hervorgerufen.

Uwe Erbel, Leiter des Oldenburger Vereins IBIS-Interkulturelle Arbeitsstelle, hält nichts von der geplanten Einrichtung: "zu weit entfernt von der Innenstadt, keine Anbindung an Kindergärten und Schulen sowie eine viel zu hohe Bewohnerzahl". Erbel befürchtet, dass es eine mehrjährige Einrichtung ähnlich wie Blankenburg wird. "Wir drängen sehr darauf, dass es nur eine vorübergehende Lösung ist. Wir wollen eine dezentrale, kleinteilige Unterbringung." Bereits in Oldenburg lebende Flüchtlinge, die sich die Kasernen angesehen haben, "möchten da nicht wohnen", berichtet Erbel. "Das gefällt uns nicht, das ist ähnlich wie Blankenburg, sagen sie."

Stadtsprecher van Hooven weist den Vergleich mit Blankenburg zurück. Das Niveau der Kasernen sei "guter hoher Standard". Die Sanitäranlagen würden saniert und die Räumlichkeiten renoviert. Untergebracht werden sollen sowohl ledige Männer als auch Familien aus Afghanistan und dem Irak. Die dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge hat der Rat der Stadt am 1. Juli beschlossen. Innerhalb von drei bis fünf Jahren soll der Beschluss umgesetzt sein. Zugleich sei ein Wohnungsbauprogramm politisch angeschoben worden, sagt van Hooven.

Dass es auch anders geht, zeigt der Landkreis Ammerland. "Seit 20 Jahren kümmern wir uns dezentral um die Menschen", sagt Landrat Bensberg. "Das läuft unspektakulär und unproblematisch." Die Quote für den Kreis liegt bei 280 bis 300 Flüchtlingen. Allein in Ofen sind es jährlich etwa 30. "Wir integrieren sie in die Gemeinschaft, wir haben nichts gegen Ausländer", betont Korinth. Das Asylbewerberheim in den Kasernen wollen sie verhindern. "Wir werden rechtliche Möglichkeiten nutzen und notfalls auch klagen im Interesse aller."

Bis Ende September habe die Stadt insgesamt 112 Flüchtlinge dezentral im Stadtgebiet untergebracht, sagt van Hooven. "Bei nahezu null Prozent Leerstand herrscht Wohnungsnot in der Stadt." Verhandlungen über die Anmietung weiteren Wohnraums - für jeweils bis zu 60 Personen - liefen noch oder seien zwischenzeitlich ins Stocken geraten, sagt van Hooven.

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