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Audioguide "Wo sie ruhen" Friedhofsführung per Smartphone

Die Smartphone-App "Wo sie ruhen" führt Nutzer auf ausgesuchten Friedhöfen zu Gräbern herausragender Persönlichkeiten. Infotexte sind vor Ort auch als Audiodatei verfügbar.
08.04.2018, 21:08 Uhr
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Friedhofsführung per Smartphone
Von Justus Randt

Sie sind Orte der Trauer, der Erinnerung, der Erholung und wichtige Zeugnisse der regionalen Geschichte: Friedhöfe sind ein lohnendes Besuchsziel und haben Publikum verdient, besonders die denkmalgeschützten. Davon ist Eva Güse überzeugt. Als Leiterin der Abteilung Friedhöfe und Bestattungswesen bei den Osnabrücker Servicebetrieben sieht sie ihre „Kernaufgabe in der Unterhaltung“ und will die Anlagen als „Freiflächen“ bekannt machen. Mit diesem Anliegen hat Güse kürzlich einen großen Schritt nach vorn gemacht: Seit ein paar Wochen ist die Stadt mit zwei historischen Friedhöfen in dem App-Projekt „Wo sie ruhen“ vertreten – einem Audioguide, der Friedhofsbesucher zu Gräbern mehr oder weniger bekannter Persönlichkeiten lotst und über geschichtliche Bezüge informiert.

Die Entstehung des Hasefriedhofs und des Johannisfriedhofs 1808 in Osnabrück geht auf ein Dekret Napoleons zurück, „welches unter anderem die Bestattung innerhalb der Stadtmauern untersagte“. Aus Platzmangel und wegen hygienischer Missstände wurden die neuen „Todtenhöfe“ eingerichtet – inzwischen sind die letzten Beisetzungen 23 Jahre her. All das lässt sich in der App erfahren – oder auf der klassischen Internetseite der Stiftung Historische Kirchhöfe und Friedhöfe in Berlin-Brandenburg, die tatsächlich in 32 Städten 45 denkmalgeschützte Friedhöfe mit mehr als 1200 Persönlichkeiten vorstellt.

Satellit führt zu Surrealisten

Auch der Riensberger Friedhof in Bremen wird dort vorgestellt. In Niedersachsen ist außer Hannover und Braunschweig nur Osnabrück vertreten. Eva Güse fällt spontan Friedrich Vordemberge-Gildewart ein, als vielseitiger Künstler berühmt gewordenes Kind der Stadt, Konstruktivist, Kubist und unter anderem Gründungsmitglied der von Kurt Schwitters initiierten Künstlervereinigung „die abstrakten hannover“. Dank Satellitenunterstützung führt die App Besucher bis ans Grab des 1962 Verstorbenen, der zeitlebens eigentlich Friedel genannt wurde. Das ist im zwei Minuten und 39 Sekunden langen Audiopart zu hören.

Ähnlich lang sind die Texte zu allen 13 Persönlichkeiten, auch zu Anna Siemsen, „Politikerin, Professorin, Publizistin“, die von 1882 bis 1951 lebte und auf dem Hase­friedhof begraben ist. Weitere zwölf Grabstellen werden auf dem Johannisfriedhof erläutert, darunter das Kriegsgräberfeld Zweiter Weltkrieg und die Ruhestätte des Flugpioniers Gustav Tweer, der 1916 im Alter von 23 Jahren bei einem Testflug in der Nähe Hannovers verunglückte. Jeweils 25 Grabanlagen oder Stationen gehören zum App-Paket, das die Stiftung anbietet. Unterstützt wird sie dabei von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters. Die Osnabrücker haben ihr Kontingent auf zwei Friedhöfe aufgeteilt.

7500 Euro kostet es, sich an der App zu beteiligen. Das Projekt läuft seit 2014, ein zweiter Durchlauf endete mit dem vergangenen Jahr. Zum Leistungspaket gehören Fotos und Texte, die von Kennern der regionalen Geschichte und Friedhofsszene erstellt und von einem Schauspieler vertont werden. „Voraussetzung ist, dass historischer Denkmalbestand vorhanden ist“, sagt Juliane Blum, Geschäftsführerin der Stiftung. „Wir haben anfangs die Landesämter für Denkmalpflege nach Hinweisen auf entsprechende Friedhöfe gefragt.“

Denkmäler auf Riensberger Friedhof

Eva Güse aus Osnabrück war im vergangenen Jahr auf die App-Aktion aufmerksam geworden und hatte selbst die Initiative ergriffen. „Wir machen sowieso schon ganz viel, es gibt einen Förderkreis, Entdeckertouren, Geo-Caching-Angebote, unter anderem die Homepage, die gerade relauncht wird – und es gibt mehrere Bücher zu unseren Friedhöfen.“ Mit der App hofft Güse nun auf „eine bundesweit größere Strahlkraft“. Andernorts, in Braunschweig, werden Menschen im selben Atemzug erwähnt, die zu Lebzeiten vielleicht nicht so viel miteinander zu hatten, wie ihre Namen nahelegen: etwa der Brauereibesitzer Carl August Jakob Willi Wolters, Jahrgang 1869, und der Konstrukteur Franz Trinks, Jahrgang 1852.

Auch auf dem Riensberger Friedhof in Bremen, wo die Führung zu allen 25 Stätten eine gute Stunde dauert, sind mit Henrich Focke und dem Bremer Flughafendirektor von einst, Cornelius Edzard, Flugpioniere begraben. Soweit zur App. In Bremen sind nicht zuletzt Christine Renken und Karoline Lentz mit ihrem Theater Interaktiwo Ansprechpartnerinnen, wenn es darum geht, die Vergangenheit aufleben zu lassen: Ihre neuesten „Geschichten aus der Bremer Friedhofsgeschichte“ sind eine „automobile Themenführung“. Dabei geht es um Wolfram Block, der einst mit einem Lloyd um die Welt fuhr, um Pioniere des Elektro-Autobaus und um Mitstreiter Carl F. W. Borgwards – der selbst allerdings auf dem Osterholzer Friedhof liegt.

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