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Autobahn wird zum Testlabor Niedersachsen testet teilautonomes Fahren

Auf 280 Kilometern soll zwischen Hannover, Braunschweig und Wolfsburg ab 2018 das teilautonome Fahren erprobt werden.
07.03.2017, 20:44 Uhr
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Niedersachsen testet teilautonomes Fahren
Von Peter Mlodoch

Das Labor hat eine Länge von 280 Kilometern. Auf den Autobahnen A2, A7, A39 und A319 sowie einigen Bundesstraßen zwischen Hannover, Braunschweig, Wolfsburg und Salzgitter testet Niedersachsen selbstfahrende Auto unter Echtbetrieb – Schlaglöcher, Baustellen, Ferienstaus, Unfälle und fremde Verkehrssünden inklusive.

Für normale Verkehrsteilnehmer soll das Projekt risikolos sein. Auch deren Datenschutz sei gewährleistet, versicherte Verkehrsvorstand Professor Karsten Lemmer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Dienstag in Hannover. Dort unterzeichnete der DLR-Chef gemeinsam mit Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) und diversen Unternehmensmanagern ein „Memorandum of Understanding“, eine Absichtserklärung über ihre Zusammenarbeit beim „Testfeld automatisiertes Fahren“.

Dessen Aufbau soll danach noch in diesem Jahr beginnen, der erste Pilotbetrieb rund um Braunschweig Anfang 2018 starten. Bis Ende 2019 sollen dann in allen sieben Modulbereichen autonome Autos in einer dreistelligen Anzahl unterwegs sein. Allerdings nicht völlig allein. „Es ist immer ein Fahrer an Bord, der eingreifen kann und letztlich für die Sicherheit verantwortlich ist“, betonte Lies.

Weniger Schadstoffausstoß

Mehr Sicherheit und Bequemlichkeit für die Verkehrsteilnehmer, höhere Effizienz im Verkehrsfluss und weniger Schadstoffausstoß versprechen sich die Befürworter der auf zahlreichen Kameras und Sensoren basierten Technik. Diese beginnt bei Assistenzsystemen, die den Fahrer bei bestimmten Gefahrensituationen unterstützen oder ihm das Einparken abnehmen.

Sie geht weiter über die Vernetzung, also „kooperative Fähigkeiten“, mit denen die Fahrzeuge untereinander Informationen etwa über eisglatte Straßen oder Ampelphasen austauschen. Die noch in ferner Zukunft liegende Endstufe ist dann das vollautomatische Fahren, der „Autopilot“, bei dem die Fahrzeuginsassen gar nichts mehr tun müssen.

Wie sich solche Autos unter realen Bedingungen schlagen, welche Voraussetzungen sie für eine künftige Zulassung im normalen Straßenverkehr erfüllen müssen, wollen Forscher und Industrie gemeinsam auf dem niedersächsischen Testfeld herausfinden. Dieses umfasst neben den Autobahnen im Städtedreieck Hannover-Braunschweig-Salzgitter auch Abschnitte der Bundesstraßen B3, B6 und B243 sowie Teile des Braunschweiger Stadtgebiets.

Daten werden in anonymisierter Form verarbeitet

Kameras, Radarsysteme und Aufzeichnungsgeräte erfassen entlang der Pilotstrecken jede Bewegung des Verkehrs sowie die Signale aus den Testwagen. Den Beginn machen die A39 und das Autobahnkreuz A2/A39. Die Daten sammle und verarbeite man in nur anonymisierter Form, versicherte DLR-Chef Lemmer. Sie seien ausschließlich für das Projekt und nicht etwa für Verkehrsüberwachung bestimmt.

Allein schon wegen der gigantischen Mengen sei man gezwungen, die Datenbestände zu „verdichten“. Mit Umfang und Streckennetz stellt das niedersächsische Testgebiet den 2015 eingerichteten Pilotabschnitt entlang der bayrischen A9 zwischen Ingolstadt und Nürnberg in den Schatten.

Großbaustellen wie die Neugestaltung des Autobahndreiecks Salzgitter, schlechte Straßenzustände, fehlende Markierungen, unvorhersehbare Ereignisse, Fahrfehler oder auch Raserei normaler Verkehrsteilnehmer sind dabei durchaus als echte Belastungsproben willkommen. „Auch mit nicht normativen Verhaltensweisen der anderen muss ein autonomes Fahrzeug schließlich umgehen können“, erklärte DLR-Experte Professor Frank Köster.

Berührungsängste vor der neuen Technik

Die auf fünf Millionen Euro kalkulierten Kosten für Aufbau und Betrieb des Testfelds teilen sich das Land Niedersachsen und das DLR je zur Hälfte. Industriepartner des Projekts sind bisher Volkswagen und die meist heimischen Zulieferunternehmen, Continental, Siemens, Nordsys, OECON und IAV. „Das Herz der Automobilindustrie schlägt in Niedersachsen“, meinte Minister Lies. Jetzt gehe es darum, für den „extrem starken Wandel“ bei der Mobilität in diesem Zukunftsfeld ganz weit vorne dabei zu sein.

Positiv begleitet wird das Testfeld vom ADAC Niedersachsen. Man hoffe, den Mitgliedern eventuelle Berührungsängste vor der neuen Technik nehmen zu können, sagte Clubdienst-Chef Sven Stieger. „Vernetzte Mobilität wird einen wesentlichen Beitrag leisten, um künftig sicherer, effizienter und nachhaltiger unterwegs zu sein.“

Zum Blog "Thementag: Autonomes Fahren":

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