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Regierungserklärung Weil schwört Bevölkerung auf verschärfte Kontaktverbote ein

Zum Wochenende werde eine neue Corona-Verordnung mit einer „Weiterentwicklung des Stufenkonzepts“ in Kraft treten, kündigte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bei seiner Regierungserklärung im Landtag an.
07.12.2021, 16:54 Uhr
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Weil schwört Bevölkerung auf verschärfte Kontaktverbote ein
Von Peter Mlodoch

Einmal wurde Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der sonst eher im Ruf des nüchternen Pragmatikers steht, richtig leidenschaftlich. In der Sondersitzung des Landtags erinnerte er an die Ärztinnen und Ärzte, an Pflegerinnen und Pfleger, die seit bald zwei Jahren unermüdlich und fast bis zum Umfallen um das Leben der vielen Corona-Patienten kämpfen. Und dabei hätten sie es mittlerweile weitgehend mit ungeimpften Erkrankten zu tun. „Wenn sonst schon kein Argument die Köpfe und Herzen von Impfgegnern erreicht – ist es nicht ein Gebot des Anstandes gegenüber den Menschen auf den Intensivstationen, sich spätestens jetzt impfen und lassen?“, fragte Weil und lieferte gleich ein lautes und klares „Ja“ mit.

In seiner 30-minütigen Regierungserklärung warb der Ministerpräsident am Dienstag nicht nur für verstärkte Anstrengungen bei Erst- und Auffrischungsimpfungen. Weil schwor die Niedersachsen auch auf schärfere Kontaktverbote und Zugangseinschnitte ein. Schon zum nächsten Wochenende werde eine neue Corona-Verordnung mit einer „Weiterentwicklung des Stufenkonzepts“ in Kraft treten. Bei der 2G-plus-Regel soll es allerdings neben der bereits eingeführten Ausnahme für Personen mit Booster-Impfung weitere Lockerungen geben.

Spielgruppen und Kindergeburtstage weiter möglich

Personen, die weder geimpft und genesen sind, dürfen sich laut Entwurf in der – derzeit herrschenden – Warnstufe 2 außerhalb ihres eigenen Haushalts nur noch höchstens mit zwei weiteren Personen aus einem Haushalt treffen. Kinder unter 14 Jahren zählen allerdings nicht mit, sodass Spielgruppen und Kindergeburtstage weiter möglich sind. Weitere Ausnahmen gelten etwa für das Abholen von Kindern und Jugendlichen von Schulen oder auch für politische Wahlveranstaltungen.

Das neue Regelwerk führt ab Warnstufe 2 außerdem die 2G-Regel für den Einzelhandel ein. Nur noch Geimpfte und Genesene dürfen shoppen gehen. Dies gilt jedoch nicht für Geschäfte des täglichen Bedarfs, also etwa Lebensmittelläden, Apotheken, Drogeriemärkte, Gartencenter, Optiker und Tankstellen.

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„Ja, es ist richtig, wir haben jetzt einen Lockdown für Ungeimpfte“, meinte Weil. „Die große Mehrheit der Bevölkerung erwartet, dass sie geschützt wird.“ Allerdings sind auch Geimpfte und Genesene von neuen Verschärfungen betroffen. Deren Anteil am Infektionsgeschehen betrage mindestens 30  Prozent, erläuterte der Regierungschef.

Trotz deutlich milderer Krankheitsverläufe müsse man sie daher in die Vorsichtsmaßnahmen einbeziehen. Neben der 2G-plus-Regel, die zusätzlich einen negativen Testnachweis erfordert, dürfen künftig ab Warnstufe 3 bei privaten Feiern nur noch höchstens 50 Personen im Inneren und 200 unter freiem Himmel teilnehmen.

Ausblick auf Warnstufe 3

In Warnstufe 3 sollen auch Messen, Weihnachtsmärkte und Diskotheken schließen müssen. FFP2-Masken werden dann überall, auch in Bussen und Bahnen, Pflicht. Beide Punkte gelten gilt ebenfalls für regionale Hotspots, in denen die Inzidenz mehr als 350  Neuinfektionen binnen einer Woche pro 100.000 Einwohner beträgt. Am Montag hatte der Landkreis Cloppenburg diese Marke noch gerissen, am Dienstag lag er wieder mit 328 leicht drunter. Landesweit betrug der Wert 204,6.

Bei der 2G-plus-Regel sieht die neue Verordnung leichte Lockerungen für Restaurants, Beherbergungsbetriebe und Friseursalons vor. Wenn diese Anbieter ihre Kapazitäten auf 70 Prozent reduzieren, entfällt die Testpflicht für die Kunden. Die Verbände begrüßten die geplanten Änderungen. Beim Hallensport entfällt für geimpfte Teilnehmer ebenfalls die Testpflicht, wenn dort jede Person zehn Quadratmeter Platz hat.

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Grünen-Fraktionsvize Christian Meyer kritisierte ein „chaotisches Hin und Her“ bei den Verordnungen. „Wie sollen Bürger und Gastronomen da noch durchblicken?“. Mit sich ständig ändernden Regeln schwäche man deren Akzeptanz. FDP-Fraktionschef Stefan Birkner kritisierte die künftige 2G-Regel im Einzelhandel. Dieser sei kein Pandemietreiber. „Das Gefecht, den Druck auf Ungeimpfte zu erhöhen, führen Sie zulasten der Händler.“ CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer warf Grünen und Liberalen Heuchelei und „Klientelpolitik“ vor, weil für beide Parteien in der Ampelkoalition im Bund der Kampf gegen Corona kaum eine Rolle spiele.

Gemeinsam mit der großen Koalition machte die grün-gelbe Opposition dann aber den Weg für weitere Verschärfungen in der Warnstufe 3 oder in Hotspot-Regionen frei. Sie stimmten dem Antrag der rot-schwarzen Regierung auf „Feststellung einer konkreten Gefahr der epidemischen Ausbreitung der Corona-Krankheit“ zu. Damit könnte das Land jetzt Sport-, Kultur- und Freizeitveranstaltungen sowie den Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit komplett verbieten. Ausgangssperren sowie Verbote von Gottesdiensten und Demonstrationen sind jedoch weiter nicht möglich.

Zur Sache

Gastgewerbe hofft auf mehr Umsatz

Die geplante Erleichterung bei der 2G-plus-Regel bietet dem Gastgewerbe in Niedersachsen laut dem Branchenverband Dehoga doch noch eine Chance auf ein Weihnachts- und Silvestergeschäft. „Das jetzt wieder aufzubauen, ist die hohe Kunst“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga in Niedersachsen, Rainer Balke. Eigentlich seien viele Essen und Weihnachtsfeiern wegen der verschärften Pandemie-Maßnahmen seit November abgesagt worden. Der Entwurf der neuen Corona-Verordnung biete Betrieben nun die Möglichkeit, dieses Geschäft zumindest in Teilen wieder reinzuholen. Voraussetzung ist laut Verordnung, dass sie nur 70  Prozent der Kapazitäten in ihren Betrieben nutzen.

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