Am Dienstag hat sie zum ersten Mal an einer Fraktionssitzung in Hannover teilgenommen. Seit die Politikerin erklärt hatte, die Grünen verlassen zu wollen und bei der CDU Karriere zu machen, ist politisch nichts mehr so, wie es war. Die Landesregierung muss am 15. Oktober neu gewählt werden. Das und Twestens Parteiwechsel haben in ihrem alten Wahlkreis Empörung ausgelöst. Aber nicht nur, wie der WESER-KURIER bei einer kleinen Umfrage in Scheeßel erfuhr.
„Ich kenne die Frau gut und finde sie sehr sympathisch“, sagt Ingrid Uhle, die gerade mit ihrem Lebensgefährten Joachim Lauenroth aus einem Fahrradgeschäft kommt. „Wir leben in einer Demokratie, und sie lebt Demokratie“, sagt die Frau aus dem nahen Westervesede und nimmt Elke Twesten in Schutz. „Sie wurde ja sehr angegriffen. Ich würde mich das nicht trauen und finde das sehr mutig.“
Auch der SPD-Kandidat im Wahlkreis, der Bundestagsabgeordnete Lars Klingbeil, gefällt Ingrid Uhle gut, was „wichtige Themen wie Flüchtlingspolitik, Y-Trasse und Familienpolitik angeht“. Grenzen seien nicht unumstößlich, und schließlich könne man ja auch voneinander lernen: „Ich bin klar CDU-Wählerin und diskutiere mit meinen Kindern, die Grün wählen.

"Wir leben in einer Demokratie": Ingrid Uhle und ihr Lebensgefährte Joachim Lauensoth
Warum soll das nicht zusammenpassen? Meine Kinder haben mir das Mülltrennen beigebracht.“ Joachim Lauenroth hat da seine eigene Meinung: „Eins steht fest: Sie ist nun mal für die ganze Legislaturperiode gewählt worden. Aber die CDU hätte ihren Weg auch ohne Frau Twesten gemacht.“
„Politik ist nicht so meine Sache“, räumt Marina Terbach ein, die gerade Besorgungen macht. „Aber jeder Mensch kann tun, was er will. Es geht doch keinen etwas an, wenn ich heute statt eines roten einen grünen oder eben einen schwarzen Pullover trage.“
Es gebe noch mehr, „die die Seiten wechseln, das ist nicht nur sie“, sagt Britta Subat aus Elsdorf. „Ich komme aus dem ehemaligen Osten.“ Was die Politikerinnen und Politiker betrifft, ist die ehemalige Altenpflegerin allerdings skeptisch: „Die sehen doch alle nur, wie sie selber am besten wegkommen.“

Iris Dannhauer findet den Wechsel Elke Twestens zur CDU "sehr komisch".
"Sehr komisch"
Die Verkäuferin Imke Gerken aus Scheeßel sieht die Sache differenziert. „Man kann seine Meinung ja ändern, wenn man die Argumente der anderen, also in diesem Fall der CDU, besser findet. Ein bisschen blöd ist das allerdings schon, dass die ganze Landesregierung dadurch über den Haufen geworfen wird.“
Iris Dannhauer findet den Wechsel von Elke Twesten zur CDU „sehr komisch“ nach all den Jahren bei den Grünen. „Und vor allem: Die CDU hat nun mal ein ganz anderes Programm.“ Die gelernte Einzelhandelskauffrau aus dem Ort hält vor allem den Verlauf der Stromtrasse und die Ortsumgehungsstraße für wichtige Themen im Landkreis. „Die Entscheidungen im Landtag kriegt man hier nicht immer so direkt mit.“
Für ganz unkompliziert hält Bürokraft Katja Wahl die Entscheidung der ehemaligen Grünen Twesten, zur CDU zu wechseln: „Wenn sie Lust darauf hat.“ Doch einige machten ihr den Wechsel nicht gerade einfach, meint sie. „Wäre ich Scheeßeler, würde ich mich veräppelt fühlen“, stellt Carl Wachtmann klar: „Zwischen Grünen und CDU gibt es ja eine ziemliche Diskrepanz“, sagt der Verdener, und seine Frau Hella stimmt ihm zu: „Ich wähle ja nicht nur die Partei, sondern auch die Person.“

Maarten Kenter
„Verraten und verkauft“ fühlt sich Maarten Kenter „als potenzieller Grün-Wähler“. Dennoch will der Schüler aus Scheeßel nicht an der verbrieften Unabhängigkeit der Abgeordneten rütteln. „Die CDU ist ja nicht mehr die CDU von 2009, Merkel hat ja einen Schritt nach links gemacht, sodass schwarz-grüne Koalitionen nicht mehr auszuschließen sind“, sagt er.
„Die CDU kann die positive Bilanz ziehen, dass ihre Umstrukturierung Anklang findet.“ Über persönliche Beweggründe von Elke Twesten spekuliert er nicht. „Ich kenne die Frau nicht“, sagt Kenter. „Genau betrachtet, bleibt es doch die Geschichte einer Politikerin, die sich kurz vor der Wahl umentschieden hat.“