Am Ende war die Mehrheit eindeutig, und die Emotionen kochten hoch. Mit 37 zu 14 Stimmen beschloss der überwiegend republikanische Senat des US-Bundesstaats Mississippi am Sonntag (Ortszeit), die seit 1894 gültige Landesflagge mit dem umstrittenen Konföderiertensymbol einzumotten. „Die Herzen der Menschen haben sich verändert“, sagte Philip Gunn, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses: „Wir sind heute besser als gestern.“ Viele Abgeordnete fielen sich in die Arme.
Die Änderung der mit der Sklaverei verbundenen blau-weiß-roten Fahne nach 126 Jahren zeigt eindrucksvoll, welche gesellschaftliche Dynamik die landesweiten Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt seit dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd inzwischen entfalten. Ein Ziel der Proteste sind immer wieder die Relikte der konföderierten Südstaaten, die im amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 bis 1865 für den Erhalt der Sklaverei gekämpft hatten.
Bei den Protesten der vergangenen Wochen wurden in zahlreichen Städten Denkmäler für ehemalige Konföderierten-Generale beschädigt. Mehrere Bürgermeister und ein Gouverneur haben inzwischen offiziell entschieden, die umstrittenen Statuen zu entfernen. Vor zwei Wochen ließ die demokratische Parlamentssprecherin Nancy Pelosi die Porträts von vier Amtsvorgängern, die aufseiten der Konföderierten gestanden hatten, aus der Ahnengalerie vor ihrem Büro im Washingtoner Kapitol abhängen. In den Hallen des Kongresses sei kein Platz für Männer, die „den gewaltsamen Eifer und den fratzenhaften Rassismus der Konföderierten unterstützten“, sagte sie zur Begründung.
Mehrere erfolglose Versuche
Das Konföderierten-Banner, das ein blaues Andreaskreuz mit 13 weißen Sternen auf rotem Grund zeigt, ist in den USA höchst umstritten. Einige weiße Amerikaner im Süden sehen darin das patriotische Erbe ihrer stolzen Armee, die im Bürgerkrieg der Übermacht aus dem Norden trotzte. Doch das Tuch wird vor allem vom rassistischen Ku-Klux-Klan, von rechtsradikalen Paramilitärs und Neonazis als Symbol für ihre weiße Überlegenheitsideologie verwendet. Vor wenigen Wochen hat die beliebte Motorsportserie Nascar ihren Zuschauern deshalb verboten, die Südstaatenflagge mit zu den Rennen zu bringen.
Schon seit Jahrzehnten kämpfen Bürger im Bundesstaat Mississippi, der mit 38 Prozent den höchsten schwarzen Bevölkerungsanteil der USA hat, für eine Abschaffung der Landesflagge, die in der linken Ecke das Konföderierten-Symbol zeigt. Doch bei einer Volksabstimmung im Jahr 2001 votierte eine überwältigende Mehrheit für die Beibehaltung. Mehrfach hat es seither parlamentarische Initiativen gegeben, die jedoch stets erfolglos blieben. Erst der Stimmungsumschwung durch die derzeitigen Proteste hat die nötige öffentliche Unterstützung mobilisiert. Eine breite Bewegung von Wirtschaftsvertretern, Kirchenleuten, Country-Stars und Football-Trainern machte Druck. Die Supermarkt-Kette Walmart holte zuletzt die Landesflagge vor seinen Geschäften ein, und die US-College-Leichtathletik-Liga drohte, Mississippi von den Wettkämpfen auszuschließen.
Das alles brachte im Parlament eine parteiübergreifende Mehrheit für die Abschaffung der Flagge. Bis Mitte September soll eine Kommission nun eine neue Flagge entwerfen, über die am 3. November bei einer Volksbefragung abgestimmt wird. Sie soll das Motto „Wir vertrauen auf Gott“ enthalten. Das Konföderierten-Emblem wird sie nicht mehr zeigen.
Im Zuge der Rassismusdebatte wollen die Demokraten zudem im Orange County in Kalifornien einen nach Western-Legende John Wayne benannten Flughafen umbenennen. Grund seien Interviewäußerungen, in denen der 1979 verstorbene Hollywoodstar gesagt hatte, dass er an die Überlegenheit der Weißen („white supremacy“) glaube und Schwarze noch der Erziehung bedürften, wie der Sender CNN am Montag berichtete. Nach einem Antrag der Demokraten, über den die Regierung des Verwaltungsbezirks nun entscheiden muss, soll der rund 65 Kilometer südöstlich von Los Angeles gelegene Flughafen einfach Orange County Airport heißen. US-Präsident Donald Trump sprach bei Twitter von einer „unglaublichen Dummheit“.