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Britischer Premierminister Rishi Sunak steckt tief in der Krise

Beim Nato-Gipfel in Litauen wollte Großbritannien seine Stärke demonstrieren. Von den Problemen in der Heimat ablenken kann Premierminister Rishi Sunak jedoch nicht, meint Susanne Ebner.
12.07.2023, 20:16 Uhr
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Von Susanne Ebner

Händeschütteln mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und ein Gruppenfoto Seite an Seite mit US-Präsident Joe Biden: Für den britischen Regierungschef Rishi Sunak sind die Bilder, die beim Nato-Gipfel in Litauen entstanden sind, innenpolitisch wichtig. So wol­le er zeigen, dass die Nation auch nach dem Austritt aus der Europäischen Uni­on weiterhin Macht und Einfluss besitze, erklärt Anand Menon von der Denkfabrik „UK in a Changing Europe“. Indem Sunak ­Selenskyj in Litauen erneut seine Unterstützung zusagte, folgte er überdies dem politischen Pfad von Ex-Premier Boris Johnson, der im vergangenen Jahr am Tag des Angriffs Russlands versprach, der Ukraine „unerschütterlich“ zur Seite zu stehen – und damit auch von innenpolitischen Krisen ablenkte.

Das Vereinigte Königreich stehe dem Kreml schon seit Jahren äußerst skeptisch gegenüber, sogar vor der Annexion der Krim, wie Jamie Shea betonte, ein früherer britischer Nato-Funktionär. Gründe dafür sind unter anderem die Nähe der Briten zu den USA und die Gift-Anschläge auf die russischen Ex-Agenten Alexander Litwinenko sowie Sergej Skripal auf britischem Boden, die mutmaßlich durch den Kreml verübt worden sind. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine rückte die Nato und deren Bedeutung überdies weiter in das Bewusstsein der Briten, wie eine Umfrage der „British Foreign Policy Group“ ergab. 78 Prozent unterstützen demnach eine Mitgliedschaft des Vereinigten ­Königreichs in dem Bündnis, elf Prozent mehr als im Jahr 2021.

Der britische General Tim Radford warnte kürzlich jedoch davor, dass der Inselstaat aufgrund der kleiner werdenden britischen Armee an Einfluss verlieren könnte. Gab es vor zehn Jahren rund 97.000 reguläre Soldaten, sind es derzeit etwa 76.000. „Dies ist der niedrigste Stand seit den Kriegen gegen Napoleon im frühen 19. Jahrhundert”, sagte Shea. Obwohl laut einer Yougov-Umfrage 45 Prozent der Briten überzeugt sind, dass die Größe der Streitkräfte erhöht werden sollte, seien weitere Investitionen ein schwieriges Thema, weil der öffentliche Haushalt stark belastet sei, betonte Menon. Um den Briten Zuversicht und Sicherheit zu vermitteln, wäre es aus Sicht der Tory-Partei wünschenswert, wenn der britische Verteidigungsminister Ben Wallace nach Jens Stoltenberg der neue Nato-Generalsekretär würde. Gegen ihn spricht jedoch, „dass Großbritannien nicht mehr in der EU ist“, so Shea.

Als eine echte Ablenkung von innenpolitischen Problemen taugte der Auftritt Sunaks und die zur Schau getragene Unterstützung für die Ukraine beim Nato-Gipfel laut Menon jedoch ohnehin nicht. Dafür sind die Herausforderungen auf der Insel zu groß. Das Ziel, die Wirtschaft aus der Krise zu führen, hat der Premier bisher nicht erreicht. Im Gegenteil: Die Inflation liegt anders als im Rest Europas immer noch bei mehr als acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Um die Preisspirale zu stoppen, hat die Bank of England die Leitzinsen erneut erhöht, was auch die Hypothekenzinsen weiter steigen ließ, auf den höchsten Prozentsatz seit 15 Jahren. Englands größtem Wasserversorger, Thames Water, droht die Insolvenz.

Vergangene Woche kamen so viele Migranten über den Ärmelkanal wie nie zuvor in diesem Jahr. Dabei hatte der ­Premier auf eine abschreckende Wirkung des höchst umstrittenen Gesetzesentwurfes gehofft. Geflüchtete, die auf illegalem Weg nach Großbritannien kommen, soll das Anrecht auf Asyl verwehrt werden. Sunak liefert nicht, und die Wähler spüren das.

Zuletzt verzeichnete die Labour-Partei 18 Prozentpunkte Vorsprung vor den Konservativen. In den eigenen Reihen verliert der 43-Jährige zunehmend an Rückhalt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Oppositionschef Keir Starmer nach den Wahlen, die spätestens im Januar 2025 stattfinden, bei einem zukünftigen Nato-Gipfel Schultern klopfen wird, steigt damit immer weiter.

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