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Druck durch Reform UK Die britischen Konservativen rücken weiter nach rechts

Die rechtspopulistische Partei Reform UK setzt die regierenden Tories unter Druck. Die Partei des Premierministers Rishi Sunak rückt aus Furcht vor Stimmenverlusten weiter nach rechts, meint Susanne Ebner.
30.01.2024, 05:00 Uhr
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Von Susanne Ebner

Das Chaos bei den Tories nimmt kein Ende. Aktuell muss sich der britische Premier Rishi Sunak einer kleinen Gruppe von Abgeordneten aus seiner eigenen Partei erwehren. Sie wollen ihn stürzen, um angesichts der schlechten Umfragewerte noch vor den Parlamentswahlen einen neuen Anführer zu finden, wieder einmal. Neben Labour profitiert vor allem eine Partei vom Chaos bei den Tories: Reform UK.

Mit markigen Sprüchen startete die rechtspopulistische Partei Anfang des Jahres ihre Kampagne für die Parlamentswahlen, die voraussichtlich im Herbst stattfinden werden. Nur sie könnten das Land vor dem Untergang bewahren, sagte ihr Vorsitzender Richard Tice. Dabei zieht die Reformpartei ihren Vorteil aus der schlechten Bilanz der konservativen Regierungen der vergangenen Jahre. Wenn morgen Wahlen wären, würden laut Umfragen mehr als zehn Prozent der Wählerinnen und Wähler ihr Kreuz bei Reform UK machen – Tendenz steigend.

Die Partei spricht jene Briten an, die sich ein härteres Vorgehen gegen Migranten wünschen. Wasser auf die Mühlen von Tice ist die seit dem Brexit gestiegene Nettozuwanderung. Außerdem kommen nach wie vor Zehntausende illegale Migranten über den Ärmelkanal auf die Insel, obwohl Sunak versprochen hatte, dies zu stoppen. Der Premier habe der Massenmigration Tür und Tor geöffnet, behauptet Tice. Um das zu ändern, schlägt er vor, nicht unbedingt notwendige Einwanderung „einzufrieren“. Wie er dabei vorgehen will und was damit genau gemeint ist, lässt er offen. Als populistischer Politiker, dessen Partei vom Frust einiger Tory-Wähler profitiert, muss er auch nicht ins Detail gehen.

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Reform UK entstand vor zwei Jahren aus der Brexit-Partei, die ihrerseits aus der euroskeptischen UKIP hervorging, die Nigel Farage in den 1990er-Jahren mitgegründet hatte. Farage hat die Reformpartei zwar mit ins Leben gerufen, kündigte im Frühjahr 2021 jedoch an, seine politische Karriere zugunsten eines Moderatorenjobs an den Nagel zu hängen. Tice hofft, dass der als charismatisch geltende 59-Jährige an die Parteispitze zurückkehrt. Ob es dazu kommen wird, ist jedoch ungewiss. Schließlich wird darüber spekuliert, ob er britischer Botschafter in den USA werden könnte, sollte Donald Trump ins Weiße Haus einziehen.

Wie auch immer Farage sich entscheidet: Die Chancen von Reform UK, einen Abgeordneten ins Unterhaus zu entsenden, sind äußerst gering, schließlich gilt auf der Insel das relative Mehrheitswahlrecht. Damit machen Briten nur ein Kreuz für einen Kandidaten in ihrem Wahlkreis. Wer die meisten Stimmen erhält, zieht ins britische Parlament ein, die restlichen Stimmen verfallen. Kleinere Parteien fühlen sich durch dieses System verständlicherweise benachteiligt. Der Vorteil ist jedoch, dass extremistische Parteien in Schach gehalten werden. Dennoch nehmen sie in Großbritannien Einfluss. Schließlich übernahmen die Konservativen in den vergangenen Jahren ihren harten Kurs. Tatsächlich werden die Tories in Großbritannien bereits als genauso rechts wahrgenommen wie einst UKIP.

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Dass Reform UK eine noch härtere Gangart gegen Migration fordert, treibt den Tories Schweißperlen auf die Stirn. Sie fürchten, dass die Partei ihre ohnehin geringen Chancen auf einen Machterhalt zunichtemachen könnte, weil sie durch Stimmenverluste Mehrheiten einbüßen. Die Konsequenz: Die Tories verschärfen ihren Ton noch weiter.

Erst vor wenigen Tagen hatte Richard Tice den Tories vorgeworfen, sie versuchten, seine Politik zu kopieren, indem sie das umstrittene Programm „Britische Häuser für britische Arbeiter“, das Staatsbürger bei der Vergabe von Sozialwohnungen bevorzugt, von Reform UK „gestohlen“ hätten. Die für Mitte Februar angesetzte Nachwahl im mittelenglischen Wellingborough, einem Kreis, in dem viele Briten für den Brexit gestimmt haben, wird einen ersten Eindruck davon vermitteln, wie groß der Einfluss von Reform UK ist. Es ist ein Tag, den sich wohl auch die Rebellen innerhalb der Konservativen Partei in ihrem Kalender rot angestrichen haben. 

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