Das Votum über Änderungsantrag 12 war eine Sache von Sekunden. 401 Ja-Stimmen, 186 Nein-Stimmen, 45 Enthaltungen. Erledigt. Angenommen mit großer Mehrheit. Nächste Abstimmung. Im Europäischen Parlament sind solche Wahl-Durchläufe wie am Mittwoch im Plenarsaal in Straßburg, als über zahlreiche Entschließungen oder Anträge entschieden wurde, Routine. Äußerst ungewöhnlich war jedoch der Adressat des Texts von Nummer 12, der den Jahresbericht über die Gemeinsame EU-Außen- und Sicherheitspolitik ergänzte. Da nämlich richteten sich die EU-Abgeordneten direkt an den Regierungschef eines Mitgliedstaats. Namentlich forderten sie „den deutschen Bundeskanzler Scholz“ dazu auf, einen Zusammenschluss relevanter europäischer Länder auf den Weg zu bringen, um „unverzüglich Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an die Ukraine zu liefern“.
Damit will das EU-Parlament Olaf Scholz weiter unter Zugzwang setzen, wo er doch ohnehin schon unter erheblichem Zugzwang steht. Und ausgerechnet der einflussreiche Grüne Reinhard Bütikofer hatte den Antrag mit initiiert. „Die deutsche Verantwortung dafür, dass die Ukraine den von Russland begonnenen Aggressionskrieg erfolgreich beenden kann, statt von ihm verschlungen zu werden, ist unbestreitbar“, sagte der Europaparlamentarier. Deutschland dürfe „kein Bremsklotz für die notwendige Unterstützung der Ukraine sein”, so Bütikofer. Auch wenn sich der Antrag auf eine nicht bindende Entschließung bezog, für Ärger in der Ampelkoalition in Berlin dürfte der persönliche Appell allemal sorgen.
Nato-Partner treffen sich am Freitag in Ramstein
Hinzu kommt, dass sich unter anderem auch Polen und Spanien bereit erklärten, in Deutschland produzierte Leopard-Panzer in die Ukraine zu schicken. Dafür müsste die Bundesregierung allerdings zustimmen. Könnte die heikle Frage bereits am Freitag beim Treffen der Nato-Partner in Ramstein geklärt werden? „Der Druck auf die deutsche Bundesregierung, die Lieferungen von Leopard-2-Panzern endlich zuzulassen, wächst auch in Europa“, bekräftigte David McAllister (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des EU-Parlaments. Die Ukraine benötige dringend Waffen und Gerät, um die russischen Invasoren zurückzudrängen. Kritik kam derweil von den Linken.
So bezeichnete die Europaabgeordnete Özlem Alev Demirel den Antrag als „weiteren Tiefpunkt für die Grünen“, die sich „heute an die Spitze der Scharfmacher und Kriegstreiber“ setzten. Jede weitere Waffenlieferung sei „russisches Roulette“, so Demirel. Gleichwohl zeige der Druck auf Scholz von allen Seiten, auch aus den eigenen Reihen, „in welcher fatalen Eskalationsspirale wir uns bereits befinden“.