Großbritannien
Während in vielen Ländern Europas eine Impfpflicht für die Bevölkerung diskutiert wird, beschränkt sich Boris Johnson in Großbritannien bislang vor allem darauf, eingefleischten Gegnern der Corona-Schutzmaßnahmen vorzuwerfen, „Mumbo Jumbo“, Unfug zu reden. Gesetze, die Menschen dazu zwingen, sich einen Piks zum Schutz gegen Covid-19 in den Arm geben zu lassen, gibt es bislang nicht. Lediglich Mitarbeiter des nationalen Gesundheitssystems NHS, die an vorderster Front arbeiten und Personen, die in der Sozialfürsorge tätig sind, müssen sich ab April dieses Jahres gegen das Virus impfen lassen, wenn sie ihre Arbeitsstelle behalten wollen.

Hält nichts von einer Impfpflicht: Großbritanniens Premierminister Boris Johnson.
Gleichzeitig werden die Diskussionen darüber lauter, ob man gegen diejenigen, die sich hartnäckig weigern, härter vorgehen soll. Denn auch in Großbritannien erkranken laut Statistik vor allem diejenigen schwer, die nicht geimpft sind – sie setzen damit den NHS massiv unter Druck. Gegen die Einführung einer Impfpflicht spricht Beobachtern zufolge jedoch, dass eine solche – im Unterschied zu anderen europäischen Ländern wie beispielsweise Italien – in Großbritannien keine Tradition habe und damit auch politisch schwer durchsetzbar sei. Außerdem sei die die Impf-Kampagne gut organisiert und die Impfquote deshalb relativ hoch. Mediziner und Psychologen im Königreich empfehlen deshalb bislang, dass man die Menschen weiterhin nur mit guten Argumenten zu einem Piks bewegen sollte.
Frankreich
Menschen in medizinischen oder Pflegeberufen, Feuerwehrleute oder Rettungskräfte müssen in Frankreich bereits seit Herbst geimpft sein. Eine allgemeine Impfpflicht gibt es nicht – doch spätestens seit Präsident Emmanuel Macron vor einer Woche sagte, er wolle alle Ungeimpften bis aufs Letzte piesacken und dabei einen oft gebrauchten, aber vulgären Ausdruck verwendete, ist klar, dass es für die Betroffenen ungemütlicher wird.

Ist Impfgegner verbal angegangen: Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich.
Derzeit ringt der Senat als zweite Parlamentskammer noch um den Beschluss eines Gesetzes, das den seit Sommer geltenden „Gesundheitspass“ durch einen „Impfpass“ ersetzt. Noch Mitte Januar soll er in Kraft treten: Dann wird der Zugang in Cafés, Restaurants, Flugzeuge oder Fernzüge nur noch mit vollständiger Impfung möglich sein – ein negativer Test reicht nicht mehr. Die Auffrischung ist spätestens sieben Monate nach der letzten Impfung Pflicht.
Gegen diese Maßnahmen und Macrons rüde Worte demonstrierten zuletzt mehr als 100.000 Menschen landesweit. Allerdings befürwortet eine Mehrheit der Bevölkerung von 63 Prozent den „Gesundheitspass“, zumal sich die Corona-Lage in Frankreich zuspitzt. In der vergangenen Woche wurden im Schnitt etwa 300.000 neue Infektionen pro Tag gemeldet. In 86 Prozent der Fälle handelt es sich inzwischen um die Omikron-Variante.
Italien
In Italien gilt für Über-50-Jährige seit 5. Januar, das einschneidende Gesetz wurde per Dekret ohne entsprechende Informationen der Öffentlichkeit verabschiedet. Wer sich aus dieser Altersgruppe nicht bis 1. Februar impfen lässt, muss mit einem Bußgeld von 100 Euro rechnen. Die einen finden das zu wenig, andere zu viel. Fest steht, dass die italienische Steuerbehörde befugt sein soll, in Überwachung der Impfregister die Geldstrafen auszusprechen.

Zutritt eingeschränkt: Ein Polizist (l) überprüft den Impfnachweis ("Green Pass") eines Passanten, bevor dieser in einen Bus einsteigt.
Seit einer Woche gibt es weitere scharfe Auflagen. So dürfen öffentliche, auch lokale Transportmittel in Italien nur noch von Geimpften oder Genesenen benutzt werden, die sich mit dem „Super Green Pass“ ausweisen. Auch Hotels, Pensionen, Restaurants und Bars müssen nun 2G verlangen. Ein negativer Test reicht selbst für den schnellen Espresso am Tresen nicht mehr aus. Verschärft wurde auch die Regelung am Arbeitsplatz. Dort muss man ebenfalls geimpft oder genesen sein.
Ministerpräsident Mario Draghi begründete die Einführung der Impfpflicht für Über-50-Jährige mit dem Schutz der Gesundheit der Ungeimpften, aber auch des Rests der Gesellschaft. „Ein Großteil unserer heutiger Probleme hat seinen Grund darin, dass es Ungeimpfte gibt", sagte er. Je mehr Geimpfte es gebe, „desto freier sind wir“, sagte Draghi. In Italien haben 89 Prozent der Über-Zwölfjährigen mindestens eine Impfung erhalten.
Österreich
Österreich will als erstes EU-Land die Impfpflicht gegen das Coronavirus wie geplant Anfang Februar einführen. Das geht aus dem Gesetzentwurf hervor, den die Regierung am Sonntag in Wien vorstellte. Die Impfpflicht soll für Personen ab 18 und nicht wie bislang geplant ab 14 Jahren gelten.
Kontrollen sollen Mitte März beginnen, darunter im Straßenverkehr, wie Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sagte. Für Impfverweigerer gilt ein Strafrahmen von 600 und 3600 Euro, wenn sie einer Impfaufforderung nicht nachkommen und einen gesetzten Impftermin verstreichen lassen.
Das Gesetz gilt für alle Menschen mit Wohnsitz in Österreich. Ausnahmen sind für Schwangere und Menschen vorgesehen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Genesene sollten für 180 Tage ausgenommen sein.
Das Parlament soll das Gesetz am kommenden Donnerstag beschließen. Das gilt als Formsache, weil die Regierungskoalition aus der konservativen ÖVP und den Grünen über die nötige einfache Mehrheit verfügt. Von den Oppositionsparteien lehnt nur die von 2017 bis 2019 mitregierende rechte FPÖ eine Impfpflicht kategorisch ab.
Niederlande
Die Stimmung ist düster in den Niederlanden, und das liegt nicht nur am harten Lockdown, der wegen der Omikron-Variante kurz vor den Feiertagen verhängt wurde und an diesem Wochenende auslief. Denn obwohl seitdem fast alle Geschäfte und Restaurants, Cafés und Kneipen, Museen, Fitnessstudios und Theater, Schulen und Friseure geschlossen sind, steigt die Zahl der Infektionen. Die Sieben-Tage-Inzidenz hat vor rund einer Woche die 1000er-Marke überschritten und steigt weiter. Eine Impfpflicht gibt es dennoch nicht.

Protest gegen den Lockdown: In den Niederlanden gibt es allerdings noch keine Bestrebungen zu einer Impfpflicht.
Belgien
Die könnte dagegen im Nachbarland Belgien kommen, auch wenn die Impfquote dort ähnlich wie in den Niederlanden dank gut organisierter Kampagnen relativ hoch ist. Zwar präsentierte sich Belgiens Premierminister Alexander De Croo noch Ende November als erbitterter Gegner der Impfpflicht, doch mittlerweile scheint er seine Meinung geändert zu haben. In diesen Tagen will der zuständige Corona-Kommissar der Regierung einen entsprechenden Bericht vorlegen, in dem unter anderem Experten und Wissenschaftler aus allen Bereichen ihre Einschätzung abgeben.
Anders als in Deutschland gehen die Belgier mehrheitlich äußerst gelassen mit der Pandemie um, auch wenn die Zahl der Neuinfektionen hier ebenfalls stark ansteigt und immer wieder Demonstranten auf die Straße gehen. Zu den wenigen Regeln gehört, dass Restaurants und Bars um 23 Uhr schließen müssen. Die Diskussion um eine allgemeine Impfpflicht wurde angestoßen, nachdem vor zwei Monaten ein Zwang zum Piks für das Pflege- und Gesundheitspersonal beschlossen wurde. Beschäftigte im Gesundheitsbereich müssen bis spätestens 1. April dieses Jahres vollständig geimpft sein, sonst droht ihnen eine Suspendierung vom Dienst.
Luxemburg
In Luxemburg wird bereits in dieser Woche im Parlament über eine allgemeine Impfpflicht debattiert, wie Premierminister Xavier Bettel bereits vor Weihnachten angekündigt hatte. Doch obwohl es sowohl unter den Politikern als auch Einwohnern viele Befürworter gibt, spaltet das sensible Thema auch die Luxemburger.