Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Russischer Einmarsch Russland und seine Nachbarn: Kann sich der Krieg weiter ausbreiten?

Der russische Einmarsch in die Ukraine hat die Weltöffentlichkeit geschockt. Doch wie wahrscheinlich ist ein Übergreifen des Konflikts auf Länder in der Nachbarschaft Russlands?
25.02.2022, 16:53 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Mathias von Hofen

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ist die Welt geschockt. Während erste Geflüchtete in den Nachbarstaaten der Ukraine Hilfe suchen, verhängt der Westen Sanktionen gegen Putin. Doch wie groß ist die Gefahr, dass sich der Konflikt auf weitere Nachbarländer Russlands ausweitet?

Georgien

Zu Georgien haben die Russen ein emotionales Verhältnis. Schon der russische Nationaldichter Puschkin schrieb über die Schönheit des Landes und bis heute ist Georgien ein bevorzugtes Urlaubsziel der Russen. Georgische Restaurants findet man in Moskau viele, ebenso wie georgischen Wein in den Supermärkten, auch wenn es einige Jahre einen politisch motivierten Importstopp gab.

Georgien wurde nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1990 unabhängig. Bis 2003 betrieb der georgische Präsident und frühere sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse eine geschickte Schaukelpolitik zwischen Russland und dem Westen. Dann wurde Schewardnadse durch die sogenannte „Rosenrevolution“ gestürzt. Unter seinem Nachfolger Micheil Saakaschwili verschlechterte sich das Verhältnis zu Russland massiv. 2008 brachen Kämpfe zwischen Truppen der autonomen Teilrepublik Südossetien und georgischen Regierungstruppen aus. Die russische Armee intervenierte auf Seiten der Osseten und drang weit nach Georgien vor. Georgien musste die weitgehende Abspaltung von Südossetien ebenso wie der Teilrepublik Abchasien akzeptieren.

Dadurch hat Russland eigentlich seine Ziele in Georgien erreicht. Mit Abchasien und Süd-Ossetien hat Russland knapp 20 Prozent des georgischen Staatsgebietes eng an sich gebunden. Zu der jetzigen georgischen Führung ist das Verhältnis des Kreml zwar nicht gut, aber entspannter als unter Saakaschwili. Zudem wird Georgien mit seiner kaukasischen, nicht slawischen Bevölkerung selbst von russischen Nationalisten nicht als Teil der „russkij mir“ (russischen Welt) betrachtet, anders als die Ukraine und Belarus. Daher scheint eine groß angelegte Invasion Georgiens durch russisches Militär unwahrscheinlich.

Nicht ausgeschlossen ist aber ein Wiederaufleben von Grenzgefechten zwischen abchasischen oder ossetischen und georgischen Truppen, in die dann auch russisches Militär verwickelt werden könnte.

Lesen Sie auch

Moldau

Moldau ist mit seiner Lage zwischen der Ukraine und dem Nato-Land Rumänien in einer strategisch sehr exponierten Lage. Seit 1918 war das kleine Land Teil Rumäniens, dem es sprachlich und kulturell nahesteht. Zuvor hatte Moldau zum russischen Zarenreich gehört. 1940 wurde es im Rahmen des Hitler-Stalin-Paktes von sowjetischen Truppen besetzt und in die Sowjetunion eingegliedert.

Nach dem Ende der Sowjetunion und der Unabhängigkeit 1991 brachen Kämpfe aus zwischen moldauischen Truppen und Milizen des überwiegend von Russen und russischsprachigen Ukrainern besiedelten Gebietes Transnistrien im Osten. Ein Konflikt, der in Westeuropa kaum wahrgenommen wurde, aber fast tausend Tote kostete. Schließlich intervenierten die im Gebiet stationierten russischen Streitkräfte. Transnistrien spaltete sich weitgehend von Moldau ab.

Seitdem gab es keine größeren Kämpfe mehr. Es wechselten sich russlandfreundliche mit russlandkritischen Regierungen ab. Aber stets wurde darauf geachtet, die Spannungen mit Transnistrien und Russland nicht zu sehr eskalieren zu lassen. Zwar beharrt die moldauische Regierung auf eine Wiedereingliederung Transnistriens, aber sie will dies friedlich erreichen. Russland wiederum hat einen 2014 von den Machthabern in Transnistrien gestellten Beitrittsantrag zur Russischen Föderation unbeantwortet gelassen.

Im November 2020 gewann die EU-freundliche Maia Sandu die Präsidentschaftswahlen gegen den eher nach Russland orientierten Amtsinhaber Igor Dodon. Sie hat bisher eine Konfrontation mit Moskau vermieden und betonte schon im Wahlkampf: „Wir sind an guten Beziehungen mit Russland sehr interessiert.“ So ist trotz des ungelösten Konflikts in Transnistrien die Lage in Moldau eher entspannt.

Ein Übergreifen des Kriegs in der Ukraine auf das Land ist grundsätzlich nicht zu erwarten. Allerdings könnte der Zustrom von Tausenden Flüchtlingen aus der Ukraine Moldau vor große Probleme stellen. Schon allein am Donnerstag kamen 4000 Ukrainer über die Grenze.

Lesen Sie auch

Baltikum

Das Baltikum und Russland, das ist eine durch die Geschichte belastete Beziehung. Symbolisch steht dafür der Hitler-Stalin-Pakt, in dem das Baltikum der Sowjetunion zugeteilt wurde. Nach dem Sieg über die Deutschen blieb das 1940 schon besetzte Baltikum für Jahrzehnte Teil der UDSSR. Erst mit dem Ende der Sowjetunion erlangten die Balten ihre Unabhängigkeit zurück, die sie zwischen den beiden Weltkriegen besessen hatten.

Nicht zuletzt aus Angst vor dem übermächtigen Nachbarn Russland wurden Estland, Lettland und Litauen 2004 Mitglieder der Nato und der EU. Die Lage an den Grenzen zu Russland ist angespannt, denn ein direkter Angriff Russlands auf das Baltikum könnte Krieg mit der Nato bedeuten. Die baltischen Außenminister forderten in einer Stellungnahme vom Donnerstag „die härtesten Sanktionen“ und Russland „politisch zu isolieren“.

Um Putin keinerlei Gelegenheit zu geben, die Russen im Baltikum für seine Propaganda instrumentalisieren zu können, sollten die Regierungen stärker auf die russische Minderheit zugehen. Dies betrifft besonders die Sprachenpolitik und die Frage der Staatsangehörigkeit. Auch nach mehr als 30 Jahre Unabhängigkeit haben viele russischsprachige Bürger im Baltikum keine Staatsbürgerschaft, da diese nur bei sehr guten Kenntnissen der jeweiligen Nationalsprache vergeben wird.

Trotz der durch nichts zu rechtfertigenden Invasion der russischen Armee in der Ukraine sollte es Sicherheitsabsprachen der Nato mit der russischen Führung in Bezug auf die Grenzen des Baltikums geben. Die Gefahr ist zu groß, dass es zu Provokationen oder Missverständnissen kommt, die direkte militärische Folgen haben. Ein Konflikt mit Russland wäre auch für Westeuropa eine Katastrophe, insbesondere im Hinblick auf die russische Stärke im nuklearen Bereich.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)