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Ukraine-Konflikt Macron und Baerbock werben in Ukraine für Deeskalation

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat sich ein Bild von der Lage an der Frontlinie in der Ostukraine gemacht. Frankreichs Staatschef Macron sprach lange mit dem russischen Präsidenten Putin.
08.02.2022, 11:44 Uhr
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Von dpa

Angesichts der anhaltend hohen Spannungen im Ukraine-Konflikt dringen internationale Staats- und Regierungschefs auf eine diplomatische Lösung der Krise. Nach einem langen Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin forderte der französische Staatschef Emmanuel Macron bei einem Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj am Dienstag eine Umsetzung des Minsker Friedensplans.

Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich bei einem Frontbesuch in der Ostukraine bestürzt über das Gesehene. Am Abend wurde Macron in Berlin bei Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet, der wiederum kurz zuvor aus den USA zurückgekehrt war.

Ein Durchbruch blieb bei Macrons Gespräch mit Selenskyj - wie schon zuvor mit Putin - aus. Für kommenden Donnerstag kündigte der französische Präsident ein weiteres Gespräch mit Vertretern Russlands und der Ukraine auf Beraterebene in Berlin an. Frankreich und Deutschland vermitteln seit Jahren im sogenannten Normandie-Format in dem Konflikt.

Macron betonte erneut, der 2015 in Minsk ausgehandelte Friedensplan sei der einzige Weg, Frieden sowie eine politisch dauerhafte Lösung zu erreichen. Das Abkommen liegt derzeit auf Eis. Kiew und Moskau werfen sich gegenseitig Verstöße vor. Seit dem Beginn der Kämpfe in der Ostukraine im Jahr 2014 sind dort nach UN-Schätzungen mehr als 14 000 Menschen getötet worden.

Selenskyj bezeichnete das Gespräch mit seinem französischen Kollegen als „inhaltsreich“ und „sehr ergiebig“, äußerte sich aber nicht zu möglichen Fortschritten bei der Umsetzung des Friedensplans. Zugleich erwartete er ein Treffen auf höchster Ebene im Normandie-Format „in nächster Zeit“. Den letzten Gipfel gab es 2019 in Paris.

Am Montagabend hatte Macron fast sechs Stunden lang mit Putin in Moskau verhandelt. „Ich habe erreicht, dass es keine Verschlechterung und keine Eskalation gibt“, sagte Macron beim Weiterflug nach Kiew.

Außenministerin Baerbock rief in der Ostukraine zu einer friedlichen Lösung auf. „Wir werden diese Aggression von russischer Seite nicht militärisch lösen können. Deswegen tue ich alles dafür, dass wir am Verhandlungstisch Schritt für Schritt vorankommen“, sagte die Grünen-Politikerin im Krisengebiet Donbass. Geschützt mit Helm und schusssicherer Weste ließ sich Baerbock von einem Kommandeur der ukrainischen Regierungstruppen die militärische Lage erklären.

Sie komme von ihrem gut 40-minütigen Aufenthalt an der Front zwischen Soldaten der ukrainischen Armee und den von Russland unterstützten Separatisten im Donbass mit „sehr bedrückenden Gefühlen“ zurück, sagte Baerbock. Sie forderte, dass ein vereinbarter Waffenstillstand eingehalten werden müsse. Die Lage sei „hoch dramatisch“.

Auch aus dem Kreml in Moskau hieß es, eine Deeskalation sei angesichts der Spannungen „sehr notwendig“. Mit Blick auf ein gemeinsames Manöver mit Belarus bekräftigte Putins Sprecher Dmitri Peskow, dass die entsendeten russischen Soldaten nach dem Ende der Übung das Nachbarland verlassen würden. „Wenn Sie es aufmerksam verfolgt haben, hat niemand jemals gesagt, dass russische Truppen auf dem Gebiet von Belarus bleiben.“

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Im Westen wird die Befürchtung geäußert, dass der Kreml mit der Truppenverlegung nach Belarus einen Einmarsch in die Ukraine vorbereiten könne. Aus Moskau hieß es stets, die am Donnerstag beginnende Übung stehe in Einklang mit internationalem Recht.

Auch angesichts von Berichten über einen massiven Aufmarsch von Soldaten auf russischem Gebiet nahe der Ukraine wird im Westen seit Wochen vor einer möglichen Invasion gewarnt. Moskau bestreitet das. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass die russische Seite Ängste schüren will, um die Nato zu Zugeständnissen bei Forderungen nach Sicherheitsgarantien zu bewegen.

Zu dem Treffen von Kanzler Scholz und Macron am Abend in Berlin wurde auch der polnische Staatschef Andrzej Duda erwartet. Scholz hatte am Montag US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus in Washington getroffen. Biden würdigte dabei Deutschland als verlässlichen Partner in der Ukraine-Krise und trat damit Zweifeln an der Bündnistreue des Nato-Partners Deutschland entgegen. Die Ukraine hatte in ihrem Konflikt mit Russland Waffen auch von Deutschland gefordert. Das lehnt die Bundesregierung ab.

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Biden machte deutlich, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine das Aus für Nord Stream 2 bedeuten würde. Scholz erwähnte die gebaute, aber noch nicht eröffnete Gasfernleitung nicht namentlich. Er betonte bei der Pressekonferenz erneut, mögliche Sanktionen im Fall einer russischen Invasion der Ukraine seien intensiv vorbereitet worden. Es gehöre dazu, dabei nicht alles zu benennen, um Moskau nicht alle Pläne vorab offenzulegen. Scholz versprach aber: „Wir werden bei den Sanktionen komplett einvernehmlich agieren.“

Unterdessen landeten bereits den vierten Tag in Folge weitere US-Soldaten in Polen. Im Rahmen der angekündigten Verstärkung amerikanischer Truppen in Europa sind mittlerweile knapp 2000 zusätzliche US-Soldaten in dem Nachbarland der Ukraine eingetroffen, wie das Verteidigungsministerium in Warschau am Dienstag per Twitter mitteilte. Auch in Rumänien kamen die ersten US-Soldaten zur Verstärkung der Nato-Ostflanke an. In der vergangenen Woche hatte Biden zum Ärger Moskaus eine Verlegung von Truppen nach Polen und Rumänien angekündigt.

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