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Ermittlungen gegen Trump Der absolute Tiefpunkt eines beschämenden Dramas

Sonderermittler Jack Smith hat beantragt, das Verfahren gegen Donald Trumps wegen Wahlbetrugs einzustellen. Die Begründung ist absurd, das Ergebnis peinlich, meint Karl Doemens.
26.11.2024, 20:45 Uhr
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Der absolute Tiefpunkt eines beschämenden Dramas
Von Karl Doemens

Anderthalb Jahre lang hat ein überparteilicher Untersuchungsausschuss des Kongresses gearbeitet, mehr als 1000 Zeugen aus dem engsten Umfeld des Ex-Präsidenten befragt und einen 845 Seiten starken Abschlussbericht verfasst, dessen Urteil eindeutig ist: Donald Trump ist verantwortlich für eine kriminelle „mehrstufige Verschwörung“ zum Wahlbetrug. Und alle beteiligten Abgeordneten waren sich dabei einig: Es gibt genügend Beweise für eine strafrechtliche Verurteilung des 78-Jährigen.

Doch dazu wird es nicht kommen. Schon seit Längerem zeichnete sich das Debakel ab, das nun Fakt ist. Der Sonderermittler Jack Smith hisst mit der beantragten Einstellung des wohl weitreichendsten Justizverfahrens der jüngeren amerikanischen Geschichte endgültig die weiße Fahne. Die Begründung klingt ebenso lapidar wie absurd: Smith beruft sich auf „Gepflogenheiten“, denen zufolge das Justizministerium nicht gegen amtierende Präsidenten vorgehe – gerade so, als seien ungeschriebene Regeln eine Kategorie, die im Zeitalter von Donald Trump noch irgendeine Bedeutung hätten.

Gleichzeitig zog Smith seine Berufung gegen die Einstellung des Strafverfahrens in der Dokumenten-Affäre im US-Bundesstaat Florida zurück. Es ist offen, ob die Verfahren nach der zweiten Amtszeit Donald Trumps wieder aufgenommen werden; es ist nur eine theoretische Möglichkeit, die sich Smith offengehalten hat. Im Falle einer Verurteilung hätte ihm eine jahrzehntelange Haftstrafe gedroht.

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Zu einer Verurteilung des Mannes, der mit seinen Lügen von der manipulierten Wahl gezielt den rechten Mob aufgehetzt und zum Sturm auf das Kapitol angetrieben hatte, wäre es ohnehin nicht gekommen. Spätestens am 20. Januar kommenden Jahres, dem Tag seiner erneuten Vereidigung, hätte Donald Trump das Verfahren niederschlagen lassen oder sich selbst begnadigt. Doch dass der staatliche Chefankläger nun freiwillig auf die Strafverfolgung verzichtet, kommt einer Abdankung des amerikanischen Rechtsstaats aus vorauseilendem Gehorsam gleich.

Die bevorstehende Einstellung des Verfahrens ist der absolute Tiefpunkt eines beschämenden Dramas, in dem sich das Justizsystem der Vereinigten Staaten von einem skrupellosen Polit-Mafioso nach Strich und Faden hat austricksen lassen. Zwei Jahre ließ Joe Bidens ängstlicher Justizminister Merrick Garland nach dem Putschversuch vom 6. Januar 2021 verstreichen, ehe er überhaupt einen Sonderermittler einsetzte. Damit war bereits klar, dass das Verfahren gefährlich nahe an den Wahlkampf geriet.

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Dann schaffte es Trump mit allen möglichen Verfahrenstricks und aktiver Unterstützung des von ihm besetzten Supreme Courts, die Anklage immer weiter hinauszuzögern. Am Tag der Wahl zwischen Kamala Harris und Donald Trump hatte der Prozess immer noch nicht begonnen – das Schicksal des Verfahrens war damit besiegelt.

Vor zwei Jahren waren US-Amerikaner noch mit Plakaten durch die Straßen gezogen, auf denen man Trump in Sträflingsmontur hinter Gittern sah. Eine fatale Täuschung, wie sich kurz vor Thanksgiving 2024 zeigen sollte: Der wichtigste Prozess ist gescheitert, und auch die anderen Verfahren stehen vor dem Aus.

Das wäre schon deprimierend genug. Doch es kommt noch schlimmer: Mit seinem Amtsantritt wird Donald Trump die Verhältnisse auf den Kopf stellen und die Justiz zum Handlanger seines Rachefeldzuges gegen alle machen, die es gewagt haben, ihn zu belangen. Es steht zu befürchten, dass er dabei wesentlich effizienter sein wird als die traurigen Verfechter des Rechtsstaats unter der Biden-Regierung.

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