Sie nannten die Frau an der Seite des 1976 ins Weiße Haus gewählten Jimmy Carter „die Stahlmagnolie“. Darin spiegelte sich eine Mischung aus Bewunderung für die vierfache Mutter und Verwunderung über die Entschlossenheit der schüchtern wirkenden Baptistin wider. Rosalynn Carter kam fest entschlossen nach Washington, die Rolle der First Lady aktiv auszugestalten.
Mit der Einrichtung eines eigenen Büros im Weißen Haus machte Rosalynn Carter von Anfang an klar, dass sie sich um mehr als den Empfang von Gästen, Dekoration und Mode kümmern wollte. Die First Lady verfolgte ihre eigene politische Agenda. Allen voran den Einsatz für ein nationales Gesetz für die Hilfe psychisch kranker Menschen. Ein Ziel, das sie 1980 mit dem Mental Health Systems Act erreichte. Ehemann Jimmy Carter unterstützte sie aktiv. Die beiden kannten sich seit ihren Kindheitstagen im ländlichen Plains und heirateten jung nach einem gemeinsamen Kinobesuch. Sie war gerade volljährig geworden, er war drei Jahre älter. Seitdem traten sie als Doppelpack auf.
Diplomatische Reise nach Lateinamerika
Rosalynn machte unermüdlich Wahlkampf für ihren Mann, der erst in den Senat von Georgia und später als Demokrat zum Gouverneur des Südstaates gewählt wurde. Ihr Einsatz half dem Außenseiter auch, 1976 die Nominierung bei den Vorwahlen der Demokraten und später den Einzug ins Weiße Haus zu sichern. Dort nahm Rosalynn an Kabinettssitzungen und Sicherheitsunterrichtungen teil. 1977 unternahm sie eine diplomatische Mission nach Lateinamerika, um die Außenpolitik der Regierung zu erklären, und spielte eine Schlüsselrolle beim Zustandekommen des Gipfels von Camp David 1978. Der israelische Ministerpräsident Menachem Begin und der ägyptische Präsident Anwar El-Sadat hatten auf dem Landsitz des Präsidenten wochenlang die Grundlagen des Friedensvertrags zwischen den einstigen Erzfeinden erarbeitet. Für dessen Unterzeichnung sollten Begin und Sadat den Friedensnobelpreis erhalten.
Während der Geiselkrise in Teheran übernahm Rosalynn Carter einmal mehr die Rolle der
Wahlkämpferin für ihren Mann. Sie wusste, dass es infolge der Inflation, einer Öl-Krise und dem Drama in Iran schwer werden würde, eine zweite Amtszeit zu sichern. Jimmy Carter räumte seine Niederlage gegen Ronald Reagan mit Anstand ein. Danach gefragt, ob keine Enttäuschung über die Abwahl zurückbleibe, antwortete sie: „Ich bin verbittert genug für uns beide.“
Das änderte nichts an ihrer Entschlossenheit, sich an der Seite Jimmys in dem gemeinsam gegründeten Carter Center weiter für Benachteiligte und Frieden einzusetzen. Die an Demenz erkrankte Rosalynn Carter war zwei Tage vor ihrem Tod ihrem Ehemann Jimmy (99) in die Hospiz-Pflege gefolgt. Sie wurde 96 Jahre alt.