Die Regierung in Budapest versucht seit Jahren, aus Gründen des Machterhalts den Rechtsstaat systematisch zu untergraben. Darüber herrscht keinerlei Uneinigkeit in Brüssel. Genauso klar sind sich die EU-Beamten über das Ausmaß der Korruption unter Ministerpräsident Viktor Orban. Trotzdem deutet alles darauf hin, dass Budapest in Kürze Milliarden Euro überwiesen bekommt.
Ist die Veruntreuung von europäischen Steuergeldern also doch nicht so schlimm? Diesen Eindruck vermittelt die EU-Kommission, deren Chefin Ursula von der Leyen gerne über Rechtsstaatssünder im Iran oder in China schimpft, aber im eigenen Laden zögerlich mit Autokraten agiert. Sollte alles Geld fließen, wäre das ein verheerendes Signal, mit dem sich die EU selbst schadet. Denn so stellt sie nicht nur potenziellen Nachahmern de facto einen Freibrief aus. Auch der Rechtsstaatsmechanismus wäre gescheitert – jenes Instrument, das als scharfes Schwert im Kampf gegen Gegner der liberalen Demokratie entwickelt wurde. Während Viktor Orban triumphieren dürfte, wäre dieser Kuhhandel die finale Blamage der EU in diesem jahrelangen Theater.