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Ukraine-Hilfe der EU Jährlich fünf Milliarden Euro für Waffen?

EU-Chefdiplomat Josep Borrell stellte beim Außenministertreffen in Brüssel seinen Vorschlag für die Ukraine-Hilfe vor. Insgesamt geht es um 20 Milliarden Euro.
20.07.2023, 19:46 Uhr
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Jährlich fünf Milliarden Euro für Waffen?
Von Katrin Pribyl

Die Meldungen der Nacht klangen noch nach, als sich die EU-Außenminister am Donnerstagmorgen in Brüssel trafen. Die Region Odessa war erneut unter Beschuss geraten, Russland hatte mit den jüngsten Angriffen in ukrainischen Häfen bereits Zehntausende Tonnen Getreide vernichtet. Dass Kreml-Chef Wladimir Putin abermals Hunger als Waffe einsetzt, sorgte für scharfe Kritik im Kreis der 27 Chefdiplomaten. Dies sei „nicht nur ein erneuter Angriff auf die Ukraine“, sondern ein Angriff „auf die ärmsten Menschen auf dieser Welt“, sagte die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Man arbeite mit allen Partnern international zusammen, „damit das Getreide in der Ukraine jetzt in den nächsten Wochen nicht in den Silos verrottet, sondern zu den Menschen auf der Welt kommt, die es dringend brauchen“. Als eine Option bezeichnete Baerbock, künftig mehr Körnerfrüchte per Bahn aus dem kriegsgebeutelten Land zu bringen.

Auch abseits der aktuellen Nachrichten beschäftigten sich die Chefdiplomaten der Europäischen Union mit der Ukraine. Nachdem in etlichen Krisensitzungen in den vergangenen eineinhalb Jahren vor allem Maßnahmen zur unmittelbaren Hilfe beschlossen wurden, fordert der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nun mehr. Langfristig und nachhaltig soll die militärische, wirtschaftliche sowie politische Unterstützung aufgestellt sein. Doch das kostet Geld.

Sonderhaushalt für Kampfjets und Raketen?

Der Chefdiplomat Europas empfiehlt deshalb, im Zeitraum von 2024 bis Ende 2027 jährlich fünf Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Damit sollen etwa die Lieferung moderner Kampfjets und Raketen unterstützt, aber auch politische Ungewissheiten abgefedert werden.

Was etwa passiert mit der Ukraine, wenn Donald Trump oder ein vergleichbarer Kandidat die US-Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr gewinnt und die massive Unterstützung für das angegriffene Land zurückzieht? Die zusätzlichen 20 Milliarden Euro würden nach Borrells Vorschlag über die sogenannte Europäische Friedensfazilität ausgezahlt werden, ein Sondergeldtopf neben dem regulären EU-Haushalt. Daraus werden seit Kriegsbeginn vor allem Waffenlieferungen an Kiew subventioniert. Beim letzten Ministertreffen vor der Sommerpause sollte die Debatte zumindest angestoßen werden. Wenn die Forderung nach den Ferien aber auf dem Tisch der EU-Finanzminister landet, dürfte sich die Begeisterung in Grenzen halten. „Es ist keine Priorität“, sagte ein hochrangiger Beamter hinter vorgehaltener Hand.

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Derweil sehen einige EU-Vertreter eine Chance auf einen Neuanfang beim Thema Türkei. Nach den jüngsten Wahlen sei es „wichtig, noch einmal zu reflektieren, wie wir mit einem nicht einfachen Nachbarn, aber einem globalen, strategisch wichtigen Akteur in unserer direkten Nachbarschaft in Zukunft weiter zusammenarbeiten werden“, sagte Baerbock. Die Beitrittsgespräche liegen seit Jahren auf Eis, die Grünenpolitikerin sprach von „tief im Eisfach“.

EU: Massive Defizite bei der Rechtsstaatlichkeit

Die EU wirft der Türkei massive Defizite bei der Rechtsstaatlichkeit sowie andauernde Verstöße gegen die Menschenrechte vor. Doch Ankara hatte sich zuletzt selbst in Brüssel ins Spiel gebracht, nachdem Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Zustimmung zur Aufnahme Schwedens in die Nato überraschend von konkreten Fortschritten beim angestrebten EU-Beitritt abhängig gemacht hatte. Das lehnten die europäischen Staatenlenker ab, trotzdem vernehmen sie nach Angaben eines EU-Diplomaten zunehmend „positive Signale“, dass sich Ankara nach jahrelangem Konfrontationskurs wieder auf die Staatengemeinschaft zubewegen will.

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Die Deutschen werben federführend für den Versuch einer Wiederannäherung, dabei sei man laut Baerbock „nicht naiv“. Es sei klar, „dass es dringende Reformschritte braucht“. Ihr Amtskollege aus Luxemburg, Jean Asselborn, klang eindringlicher. „Man muss der Türkei auch sagen, dass Menschen, die sich einsetzen für die Menschenrechte, keine Terroristen sind“, sagte er. „Solange solche Menschen in der Türkei im Kerker sind, kann es keinen Millimeter vorangehen.“

Bis Herbst oder spätestens Ende des Jahres soll der Auswärtige Dienst der EU einen Bericht zur aktuellen Lage erstellen, in dem etwa Erwartungen an die Türkei formuliert und Vorschläge gemacht werden, wie der Stillstand überwunden werden könnte. Doch wie auch immer die Einschätzung ausfallen wird, „dies wird ein längerer Prozess“, sagte ein EU-Diplomat am Donnerstag.

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