Leiter von Straßenbaubehörden haben eine große Schublade, in der sie Schwarze Peter aufbewahren, die ihnen im Laufe ihrer Amtszeit zugeschoben werden. Mit Anerkennung wird gegeizt, mit Kritik nicht. Anlass für Beschwerden sind zu viele und zu wenig Reparaturen, Beschränkungen, Regeln. Also gilt: Lob ist, wenn niemand meckert. Ist es still um die Institution, ist alles prima.
Nun sonnte sich die niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr kürzlich in bundesweiter Aufmerksamkeit. Für die staatliche Stelle ist der Unfallschwerpunkt A2 ein unerklärliches Phänomen. Um bei der Aufklärung nichts unversucht zu lassen, nahmen Beamte eine Elfenbeauftragte und eine Tierkommunikatorin auf eine Kontrollfahrt mit.
Obwohl guter Rat teuer war, stellten sich beide kostenlos in den Dienst des Landes. Doch der Fall zeigt, dass man sich auch ohne Rüffel des Bundes der Steuerzahler ordentlich blamieren kann. Es sind die tapferen Österreicher, die einen deftigen Skandal einer hübschen Blamage vorziehen: Elfenbeauftragte? Pah!
Toleranter als gedacht
Für das Krankenhaus Wien-Nord wurde, wie die „Kronen-Zeitung“ im März berichtete, für 95.000 Euro Steuergeld ein „Bewusstseinsforscher“ angeheuert. Er habe das Grundstück „energetisch gereinigt“ und einen „Schutzring“ verlegt, „der verhindert, dass negative Energien des Umfelds Einfluss auf das Haus und die Menschen nehmen“.
Selbst manche Politiker der rechtspopulistischen FPÖ sind offenbar toleranter als gedacht gegenüber Menschen mit Mystifikationshintergrund: Heinz Christian Strache, seit Januar Bundesminister für Öffentlichen Dienst und Sport, sorgte 2015 für Schlagzeilen, weil ihm eine Magierin eine Rechnung für „Schutz im In- und Ausland, Kraft, Energie, Schutzmantel bei Auftritten und diverse Utensilien“ gestellt haben soll, die an eine FPÖ-Adresse ging.
Die Kenntnisse von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (Österreichische Volkspartei) sind ebenfalls beachtlich: Sie hat laut Medienberichten nicht nur einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften, sondern hatte bis zum Amtsantritt einen Gewerbeschein als „Humanenergetikerin“, der ihr unter anderem „radiästhetische Untersuchungen“ mit Wünschelrute und Pendel erlaubte.
Solche Expertisen sollen auch Grundlage für den „1. Europäischen Heil- und Energieweg“ im niederösterreichischen Kaumberg sein. Auf einer Länge von zehn Kilometern verspricht er, „Testikel zu höherer Aktivität anzuregen und Hundefeinde zu Hundefreunden zu machen“, spottete die österreichische Zeitung „Der Standard“.
Die Gemeinde formulierte geringfügig anders. Der Weg sei dazu da, „neue Erkenntnisse der Selbstheilung und Selbstfindung zu fördern“. Erstaunlicherweise hat aber die Bundesrepublik ein Bundesamt für magische Wesen („mit Dienstwagen und Frauenparkplätz*innen“) aufzubieten. Sein „Referat für ,kleine Völker‘“ kümmert sich um Elfen, Feen und Kobolde.
Eine staatlich zertifizierte Ausbildung zur Elfenbeauftragten konnte das Amt noch nicht durchsetzen. Die Bundesagentur für Arbeit förderte (laut der „Zeit“ im Jahr 2011) mit Bildungsgutscheinen und Steuergeld nur Erwerbslose, die sich zu Astrologen qualifizieren wollten. Zurück zur Tierkommunikatorin, die gemäß Selbstauskunft „mit Pferden, Hunden, Schafen und Kaninchen“ aufwuchs und „schon sehr früh ihr Talent entdeckte, mit den Tieren zu sprechen“ (Schaf: Wie war’s in der Schule? Tierkommunikatorin: Mäh!).
Droht ein Elfenkrieg?
Zurück zur Elfenbeauftragten, die mit „verstorbenen Seelen“ kommunizieren kann, sofern sie „nicht loslassen können (...) weil sie hier auf der Erde noch etwas zu klären haben“. Wie die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ berichtet, wurden mit den Frauen neuralgische Punkte zwischen Lehrte und Braunschweig angesteuert. Dort erspürten sie „sehr traurige Energien“. Und weiter: „In einigen Fällen waren es aufgebrachte Naturwesen, die rebellierten und sich ihr Stück Natur zurückholen wollten.“
O Schreck. Sind es „Naturwesen“, die die Vollendung der A281 seit Jahren blockieren? Droht bei Fertigstellung ein Elfenkrieg mit mysteriösen Karambolagen? Sollte sich das Amt für Straßen und Verkehr in Bremen sicherheitshalber ebenfalls überirdisch absichern? Dagegen spricht, dass es einen Ruf zu verteidigen hat. Die NDR-Satiresendung „Extra 3“ würdigte es zwei Mal in einer Rubrik, die nicht mit „Irrealer Unfug“, sondern mit „Realer Irrsinn“ betitelt ist. Anlass waren die zur Entlastung (wie durch Geisterhand?) aufgestellten tonnenschweren Sperrzäune auf der Stephanibrücke.