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CDU Der Mannschaftskapitän

Nach einer Stichwahl steht fest: Armin Laschet wird neuer CDU-Chef, Friedrich Merz scheitert gleich zweimal. Und zwei Bremerinnen überraschen - die eine positiv, die andere negativ.
17.01.2021, 05:00 Uhr
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Von Anja Maier

Die CDU hat einen neuen Vorsitzenden. Sein Name: Armin Laschet: Sein Ergebnis: akzeptabel. Mit 52,8 Prozent der Stimmen in der Stichwahl gegen Friedrich Merz hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident sich am Sonnabend den Vorsitz gesichert. Doch das Ergebnis zeigt zugleich, wie gespalten die CDU ist. Diesen Riss zu kitten, die Flügel, Strömungen und Landesverbände zu einen, wird die große Herausforderung für Laschet sein. Seiner Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer war es erkennbar nicht gelungen.

Zuzutrauen ist es Armin Laschet, die CDU zu erneuern. Der Aachener, der im Februar seinen 60. Geburtstag feiert, macht seit 30 Jahren Politik. Ob im Aachener Stadtrat, im Bundestag oder dem Europaparlament, ob im nordrhein-westfälischen Landtag, im Landesministerium oder in der Düsseldorfer Staatskanzlei – Laschet hat in seiner langen Karriere viele Machtpositionen besetzt. Wenn Ende kommender Woche sein Wahlergebnis zum CDU-Vorsitzenden bestätigt wird, hat er auch das höchste Parteiamt inne. Ob es am Ende dieses Jahres auch fürs Bundeskanzleramt reicht, wird sich weisen.

Denn die Zeiten sind alles andere als normal. Nicht nur, dass die einst so in sich ruhende CDU schon zum zweiten Mal ein hartes Ringen um den Parteivorsitz riskiert hat. In dem knappen Vorsprung für Laschet gegenüber Merz spiegeln sich auch die sehr unterschiedlichen Erwartungen der Delegierten wider: Hier der Integrative, der von sich sagt, er könne auch in schweren Zeiten die Partei und das Land hinter sich versammeln. Dort der Mann der Wirtschaft, der in seiner Bewerbungsrede immer wieder das Wort Führung verwendet hat. Und dann ist da auch noch die Schwesterpartei CSU. Deren Vorsitzender Markus Söder hatte mehrfach erkennen lassen, dass er sich das Kanzleramt zutraut.

In den kommenden Wochen wird es darauf ankommen, ob Laschet all diese Felder beackern kann. Das Merz-Lager einhegen. Die Wählerinnen und Wähler von der Tatkraft in Corona-Zeiten und der Reformfähigkeit der CDU überzeugen. Es muss schnell gehen. Denn vom Ausgang der in acht Wochen stattfindenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-­Pfalz wird maßgeblich abhängen, welche Rolle Markus Söder dann spielt. Wenn in Stuttgart und Mainz Erfolge ausbleiben, wird Laschet alle Hände voll zu tun haben, den bayerischen Ministerpräsidenten zurückzudrängen.

Kriegt Laschet das alles hin? Die Bremer CDU-Bundestagabgeordnete Elisabeth Motsch­mann traut ihm das zu. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass es ihm gelingen wird, mit seiner großen Erfahrung die CDU auf Bundesebene erfolgreich zu führen.“ Wiebke Winter, die Vorsitzende der Bremer Jungen Union, hält Laschet für eine gute Wahl. „Die Themen, die er schon in NRW angesprochen hat – Integration, Digitalisierung und Bekämpfung von Armut –, sind auch für Bremen sehr relevant.“

Von all dem ist am Sonnabendmorgen in Berlin noch nichts zu spüren. Die Bewerbungsreden von Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen werden in schneller Folge gehalten. Laschet, als erster an der Reihe, schafft es, nicht nur seine Erfolge als Ministerpräsident herauszustellen. Er zeigt sich auch als Mensch, der aus kleinen Verhältnissen kommt und die CDU von innen heraus kennt. Er erzählt von seinem Vater, der Bergmann war und dem vor allem Zuverlässigkeit wichtig war. „Vertrauen, das ist es, was uns trägt“, sagt Laschet und verweist auf die Klüfte in der Gesellschaft, auf den erstarkenden Rechtsterrorismus, den Mord an Walter Lübcke 2019.

Ohne dessen Namen zu nennen, geht Laschet auf Friedrich Merz ein. „Manche sagen: Man muss auch polarisieren können. Nein, muss man nicht.“ Die Volkspartei CDU müsse Klartext sprechen und zuhören, aber am Ende Kompromisse suchen und Lösungen finden. Er kommt auf Angela Merkel zu sprechen. Viele fänden die Kanzlerin gut und erst danach die CDU. Diesen Vertrauensvorschuss müsse sich die Partei als Ganzes erarbeiten. „Dabei reichen nicht markige Worte.“ Er verspricht, die Partei vielfältiger aufzustellen. „Jeder kann groß sein, jeder kann glänzen. Und: „Die CDU braucht keinen CEO, sondern einen Mannschaftskapitän, auf den sich alle verlassen können.“

Genauso wie Armin Laschet bleibt sich auch Friedrich Merz inhaltlich treu. Er sei mit 16 Jahren, sagt der 65-jährige Rechtsanwalt, in eine Partei mit Grundsätzen eingetreten. „Nicht in eine Vermittlungsagentur für Regierungsämter.“ Dazu gehöre, dass um Inhalte gerungen, „zur Not auch gestritten wird“. Die CDU spiele keine Gruppen gegeneinander aus. Sie müsse attraktiver für junge Menschen werden. „Auch diejenigen, die sozial schwach sind, finden ein Herz und Zuwendung.“ Auf den immer wieder gehörten Vorhalt, er sei gleichstellungspolitisch einem alten Frauenbild verhaftet, sagt Merz: „Wenn das so wäre, hätte mich meine Frau vor 40 Jahren nicht geheiratet.“

Im ersten Wahlgang überzeugt Merz damit mehr Delegierte als Laschet: Es steht 385 zu 380 für den Sauerländer, Röttgen scheidet mit 244 Stimmen aus. Im zweiten Wahlgang dann geben 466 Delegierte Merz die Stimme, während Laschet 521 überzeugen kann.

Kurz darauf erklärt Merz, er stehe für die aktuelle Bundesregierung als Wirtschaftsminister zur Verfügung. Das Amt hat bekanntlich Merkel-Intimus Peter Altmaier inne. Die Kanzlerin lässt umgehend über ihren Sprecher ausrichten, sie plane keine Regierungsumbildung. Für seine Partei steht Merz – anders als in seiner Bewerbungsrede versichert – nicht zur Verfügung. Für das CDU-Präsidium habe er nicht kandidieren wollen, da bei einer Bewerbung „noch weniger Frauen gewählt“ worden wären, schreibt er auf Twitter.

Und Markus Söder? Der Franke gratuliert Laschet herzlich und umschifft höflich die Frage nach eigenen Ambitionen. „Wir werden für alle weiteren Fragen, die mal anstehen, eine gemeinsame, kluge und geschlossene Lösung finden.“ Am wichtigsten sei es im Moment, kluge politische Antworten auf die Pandemie zu finden. Laschet und er wissen jedenfalls, was realpolitisch auf das Land zukommt.

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Zur Sache

Winter im Bundesvorstand, Motschmann scheidet aus

Zwei Bremerinnen haben beim Parteitag für den Bundesvorstand kandidiert: Wiebke Winter, Landesvorsitzen­de der Jungen Union und vom CDU-Landesvorstand als Direktkandidatin für den Bundestag (Wahlkreis 55) vorgeschlagen, wur­de mit 735 Stimmen gewählt. Sie ist mit 24 Jahren das jüngste Mitglied des Gremiums. Elisabeth Motsch­mann, die für die Frauen-­Union angetreten war, wurde nicht wiedergewählt. Sie gehörte dem Vorstand seit September 2012 an.

Motschmann trug die Niederlage mit Fassung. „Ich war acht Jahre dabei, das war eine spannende und schöne Zeit. Ich hätte gerne weitergemacht“, sagte die 68 Jahre alte Bundestagsabgeordnete dem WESER-­KURIER. „Ich gratuliere Wiebke Winter, dass sie es geschafft hat und nun Bremen im Bundesvorstand vertritt.“

Die Niedersächsin Silvia Breher wurde mit 777 Stimmen als stellvertretende Parteivorsitzende bestätigt. Der CDU-Landesvorsitzende Bernd Althusmann erhielt bei der Präsidiumswahl 722 Stimmen.

Sehr zufrieden mit den Ergebnissen zeigte sich Enak Ferlemann. Der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium sagte: „Wir haben am 6. Februar unseren Landesparteitag, und zwar auch digital. Dafür bietet der Bundesparteitag eine gute Vorlage.“

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