Die Ausladung kam ausgerechnet an dem Tag, an dem die Demokraten ursprünglich Joe Biden in Milwaukee zu ihrem Präsidentschaftskandidaten krönen wollten. In einer E-Mail forderten die Planer der Demokraten am Donnerstag ihre Delegierten auf, wegen der Pandemie zu Hause zu bleiben. Begründet wurde die Entscheidung des Parteikomitees mit dem Ergebnis enger Konsultationen mit Epidemiologen sowie Verantwortlichen der örtlichen Gesundheitsbehörden.
Die Demokraten versuchen aus der Not eine Tugend zu machen. Sie verlagern das viertägige Spektakel Mitte August mit bis zu 50.000 Delegierten, Ehrengästen und Medienvertretern aus der örtlichen Basketball-Arena in die Wohnzimmer der Amerikaner. Die Abstimmungen über das Parteiprogramm und die formelle Nominierung Joe Bidens finden via elektronischem Stimmzettel statt.
Alles andere bleibt im Fluss. Die Federführung für das Programm hat die erfahrene Wahlkampfstrategin Stephanie Cutter, die noch knapp einen Monat Zeit hat, das richtige Mischungsverhältnis aus Politik, Show und Unterhaltung zu finden – „live“ oder aus der Konserve, je nachdem, was die Pandemie zu diesem Zeitpunkt erlaubt.
Fest steht nur, dass Biden seine Rede zur Nominierung persönlich in Milwaukee halten wird. Und dort auch seine Vizepräsidentschaftskandidatin vorstellt. Ein gemeinsamer Auftritt mit Barack Obama, dem Biden acht Jahre als Stellvertreter diente, könnte es mit sicherem Abstand von mindestens zwei Metern geben. Andere Schwergewichte der Partei, wie Jimmy Carter, Bill und Hillary Clinton, könnten per Satellit zugeschaltet werden.
Kontrast zu Donald Trump
„Wir werden sicher nicht die Ballons und all das Rufen und Jubeln erleben, was wir von früheren Parteitagen kennen”, meint Terry McAuliffe, der die Parteiversammlungen in den Jahren 2000 und 2004 organisiert hatte.
Damit setzen die Demokraten einen bewussten Kontrast zu Donald Trump, der auf eine große Jubelfeier mit Tausenden maskenloser Delegierter besteht. Aus Ärger über die Gesundheitsauflagen des demokratischen Gouverneurs von North Carolina, Roy Cooper, drängte er auf eine Verlegung des Parteitags der Republikaner von Charlotte nach Jacksonville im US-Bundesstaat Florida. Das Ergebnis ist ein Albtraum für die Parteitagsplaner, die nun den formalen Teil weiter in Charlotte organisieren und für die Krönung Trumps dann nach Jacksonville umziehen wollen. Zumal infrage steht, ob sich der Wunschtraum des Präsidenten erfüllen lässt. Denn Florida ist mit täglich mehr als 15.000 Covid-19-Infektionen das neue Epizentrum der Pandemie in den USA.
Die für die Organisation zuständige Chefin Ronna McDaniel gibt sich in einem Schreiben vom Donnerstag weiterhin optimistisch. Der Parteitag werde „drinnen und draußen“ stattfinden. Für die Nominierung Trumps plant sie weiter mit bis zu 6000 Gästen.
Angesichts der brisanten Lage hagelt es jetzt schon reihenweise Absagen für die Versammlung der Republikaner Ende August. Dutzende Kongressabgeordnete und Senatoren haben bereits erklärt, sie würden zu Hause bleiben. „Jeder vermutet, das niemand kommt“, beschreibt der Abgeordnete Darin LaHood die Stimmung in den eigenen Reihen.
Derweil gab die Johns-Hopkins-Uni mit 77.300 gemeldeten Fällen einen neuen Höchststand an Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden in den USA bekannt. Damit wurde der bisherige Rekord von 67.800 neuen Fällen binnen eines Tages vom 10. Juli überschritten.