AfD auf allen Kanälen und in allen Blättern. Und wenn sie gerade einmal nicht über niedergeschlagene Politiker, Beobachtung durch den Verfassungsschutz, Abspaltungen oder dubiose Spenden berichten, beschäftigen sich die Medien damit, ob sie selbst angemessen über die AfD berichten. Das hat manchmal schon etwas unfreiwillig Satirisches.
Die jeder Verharmlosung von Rechtsextremismus unverdächtige Kabarettistin Luise Kinseher („Mamma Bavaria“) gab jüngst im Bayerischen Rundfunk zu Protokoll: Auf AfD-Veranstaltungen rede man heute so daher wie früher bei der CSU. Hoppla! Gibt es den viel beschworenen „Rechtsruck“ in der deutschen Gesellschaft gar nicht? Haben sich bloß die Milieus durch die neue Partei etwas mehr ausdifferenziert? Ist die alte rechtskonservative „Stahlhelm-Fraktion“ der Union also einfach nur zur AfD abgewandert?
Das allein würde ja die ganze Aufregung nicht rechtfertigen. Doch die AfD hat eben auch Extremisten absorbiert, die nun die Chance wittern, ihre demokratie-feindliche Agenda in die Parlamente zu tragen – was mit der ewig zerstrittenen und finanziell prekären NPD nie möglich war. Erfreulich, dass dies nun selbst das Bundesamt für Verfassungsschutz unter seinem neuen Präsidenten erkannt hat.
Die Partei wird als „Prüffall“ beobachtet, ihr rechter Flügel um Björn Höcke als „Verdachtsfall“ auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln. Das Bemühen um Differenzierung zeichnet jenes Gutachten aus, das zu diesen Maßnahmen führte. Denn man kann Parteichef Jörg Meuthen nicht gleich als Rechtsextremisten etikettieren, bloß weil er sich über „linksversiffte 68er“ aufregt. Höckes bräunlicher Geschichtsrevisionismus hingegen hat ein ganz anderes Gefährdungspotenzial.
Als ob der ganze Überfall ein Fake gewesen wäre
Doch Differenzierung ist manchem verdächtig, wenn es um den Blick nach rechts geht. In einer langen Medienschelte ereifert sich der Publizist Sascha Lobo über „Solidaritätsbekundungen für die AfD“ nach der Attacke auf deren Bremer Landeschef Frank Magnitz. Als ob nicht bloß die Kantholz-Legende der AfD, sondern der ganze Überfall ein Fake gewesen wäre, mit gekauften Statisten und Kunstblut. Oder sich Empathie und Betroffenheit verbiete, wenn das Opfer eine rechte Politik vertritt.
Differenzierungen diffamiert Lobo als „Kuschelbegriffe“: Rechtsextremisten oder Rechtspopulisten, Antisemiten oder Kritiker Israels – wer nicht stets den schärferen Begriff nehme, beweise bloß seine journalistische „Mutlosigkeit“. Doch diese „Ihr seid eh alle Nazis“-Auseinandersetzung macht keinen einzigen AfD-Wähler oder Trump-Sympathisanten nachdenklich. Sie ist geradezu ein Förderprogramm für Wagenburgen, Filterblasen, Echokammern. Vor allem aber bremst sie den Zerfallsprozess der AfD, der sich gerade abzeichnet.