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Entlastung für Verbraucher Wie Europas Strategien gegen hohe Benzinpreise aussehen

In ganz Europa steigen wegen des Krieges in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland die Benzin- und Dieselpreise. Die Regierungen versuchen gegenzusteuern - mit unterschiedlichen Mitteln und Methoden.
16.03.2022, 06:10 Uhr
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Wie Europas Strategien gegen hohe Benzinpreise aussehen
Von Christoph Barth

Super E 10 für 2,20 Euro pro Liter, Diesel für 2,30 Euro – so viel mussten Bremer Autofahrer am Dienstagmittag im Schnitt beim Tanken zahlen. Der Ukraine-Krieg und die Sanktionen gegen Russland haben die Preise auf Rekordhöhe getrieben. Die Bundesregierung diskutiert über eine Entlastung für Autofahrer. Und auch in einigen europäischen Nachbarländern greift der Staat mit Steuermilliarden ein.

Deutschland: Finanzminister Christian Lindner ist mit seinem Vorschlag für einen „Krisenrabatt“ für Autofahrer auf Zurückhaltung bei den Koalitionspartnern gestoßen. Nach den Plänen des FDP-Chefs soll der Staat befristet einen Teil der Tankrechnung übernehmen: Zehn Cent Rabatt pro Liter würden im Monat 550 Millionen Euro kosten, rechnet Lindner vor, ergänzt aber, dass das nicht ausreichen werde. Einige Sozialdemokraten plädieren für einen Preisdeckel und Gewinnabschöpfungen bei den Energiekonzernen. Weil die Rohölpreise auf Vorkriegsniveau gesunken sind, die Spritpreise aber nicht, vermutet Detlef Müller, Vize-Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, eine „enorme Spekulationsblase im Markt“. Die Grünen bleiben bei dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Energiegeld, einer Direktzahlung für alle Bürger. Die Union fordert eine Senkung der Energie- und Mehrwertsteuer.

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Frankreich: Die Regierung will ein Rabattmodell einführen. Weil sie Revolten mitten im Präsidentschaftswahlkampf fürchtet, hat Premierminister Jean Castex einen „Benzin-Nachlass“ vom 1. April an angekündigt, der vier Monate lang gelten soll. Pro Liter beträgt dieser 15 Cent – wer 60 Liter tankt, spart damit neun Euro, rechnete Castex vor. Den Nachlass gibt es beim Bezahlen in den Tankstellen, die sich das fehlende Geld vom Staat erstatten lassen können. Diesen kostet die Maßnahme zwei Milliarden Euro.

Niederlande: Vom 1. April an will die Regierung sowohl die Benzinsteuer als auch die Mehrwertsteuer auf Benzin und Diesel reduzieren. Durch die Senkung der Benzinsteuer werde Benzin gut 17 Cent güngstiger, Diesel elf Cent je Liter. Zusätzlich wird die Mehrwertsteuer von 21 auf neun Prozent reduziert. Die Steuererleichterungen gelten bis Ende des Jahres.

Belgien: Energieministerin Tinne van der Straeten kündigte am die vorübergehende Senkung der Mineralölsteuer um 17,5 Cent je Liter an. Das spare bei einer Tankfüllung von 60 Litern rund zehn Euro. Außerdem wird die Mehrwertsteuer auf Gas von 21 auf sechs Prozent verringert. Offenbar war auch für den öffentlichen Nahverkehr mehr Unterstützung geplant, doch hier konnte man sich nur darauf einigen, dass die Zugpreise vorerst eingefroren bleiben. Bereits vor einem guten Monat hatte die Regierung die vorübergehende Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Elektrizität auf sechs Prozent sowie einen Heizkostenzuschuss für Haushalte von jeweils 100 Euro beschlossen.

Spanien: Regierungschef Pedro Sánchez hat eine vorübergehende Senkung der Treibstoffsteuern in Aussicht gestellt. In Not sind nicht nur Verbraucher, sondern auch selbstständige Spediteure. Tausende Lkw-Fahrer streiken seit Anfang der Woche. Sie blockieren Häfen, Containerterminals und Großmärkte, was die durch den Ukraine-Krieg verursachten Versorgungsengpässe vergrößert.

Polen: Die Regierung hatte vor Beginn des Ukraine-Krieges wegen der Inflationsrate einige Mehrwertsteuersätze gesenkt, bei Kraftstoff von 23 auf acht Prozent. Die Preise an den Tankstellen liegen etwa ein Drittel über dem Durchschnittswert des vergangenen Jahres, zählen im europäischen Vergleich zu den niedrigsten.

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Griechenland: Ein Regierungssprecher kündigte am Dienstag eine „Intervention bei den Treibstoffen“ an. Ziel sei es, dass der Tankstellenkunde „weniger zahlt, als an der Zapfsäule steht“. In den Genuss des Rabatts komme nur, wer eine bestimmte Einkommensgrenze nicht überschreite. Genaueres will die Regierung in Athen noch Donnerstag bekannt geben. Eine Einkommensgrenze zu ziehen, wäre praktisch kein Problem. Die griechische Steuerverwaltung ist voll digitalisiert.

Großbritannien: Den Briten bereiten vor allem ihre Dieselvorräte Sorgen, da 18 Prozent der Gesamtmenge aus Russland stammen. Deshalb denkt man über eine Rationierung nach, um Vorräte anzulegen. Wirtschafts- und Energie-Experten forderten den konservativen Finanzminister Rishi Sunak auf, Haushalte mit niedrigerem Einkommen zu unterstützen. Tory-Abgeordnete schlugen vor, die Steuern auf Kraftstoff zu senken. Sunak will vor kommender Woche keine Entscheidungen treffen. Die Labour-Partei warf ihm deshalb vor, “den Kontakt zum Lebensalltag von Menschen verloren zu haben”.

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