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Neues Schild am Botschafter-Duckwitz-Platz erinnert an engagierten Bremer Diplomaten Ein Leben voller Widersprüche

Vegesack. Es ist ein eher unscheinbares Schild. Doch es erinnert an einen „Akt von Mitmenschlichkeit und Solidarität“.
02.10.2013, 00:00 Uhr
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Von Ulf Buschmann

Es ist ein eher unscheinbares Schild. Doch es erinnert an einen „Akt von Mitmenschlichkeit und Solidarität“. Das zumindest sagte Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen gestern Nachmittag am Botschafter-Duckwitz-Platz – dem Platz, der im Volksmund auch „Kleiner Markt“ heißt. Böhrnsen war zusammen mit Bausenator Joachim Lohse (Grüne) gekommen, um den neuen Zusatz zum offiziellen Straßenschild einzuweihen.

In diesen Tagen nämlich jährt sich die Rettung von rund 7000 dänischen Juden zum 70. Mal. Sie konnten 1943 in einer Nacht- und Nebelaktion in Fischerbooten über den Öresund nach Schweden gebracht und vor der Deportation durch die Nationalsozialisten ins Konzentrationslager gerettet werden. Die Rettung war nur möglich, weil Georg-Ferdinand Duckwitz, der damals in der deutschen Gesandtschaft in Kopenhagen arbeitete, den Dänen über den sozialdemokratischen Untergrund einen Tipp gab.

Dafür, dass er sich gegen das Verbrechen gestellt habe, sei der Bremer Duckwitz mit dem Titel „Gerechter unter den Völkern“ der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem geehrt worden, erzählte Böhrnsen.

In seiner Ansprache wies er darauf hin, dass das Leben des Diplomaten voller Widersprüche gewesen sei. Noch in der Weimarer Republik habe Duckwitz den Nazis sehr nahegestanden und sei sogar in die NSDAP eingetreten. Dann habe er sich von den braunen Machthabern abgewandt. „Er hat eine Metamorphose durchgemacht.“ Sie reichte so weit, dass Duckwitz in den 1960er-Jahren einer der Architekten von Willy Brandts Ostpolitik war.

Duckwitz‘ Wirken könne durchaus Vorbild für die Gegenwart sein, sagte Böhrnsen gestern. Wenn es um die Gefährdung von Freiheit und Menschenrechten gehe, sollte sich jeder das vor Augen führen, was der Mann, der zuletzt in Lesum lebte, unter Einsatz seines Lebens geleistet habe. Dies sei so weit gegangen, dass es kurz vor Kriegsende noch einen Erschießungsbefehl gegen Duckwitz gegeben habe. Er wurde jedoch nicht mehr vollstreckt. Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Bremen, Elvira Noah, sagte über Duckwitz’ Taten: „Wenn Tausende so gehandelt hätten, wäre der Holocaust nicht passiert.“

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