Sicheres Ja für Griechenland-Hilfe
Der Bundestag wird heute der Fristverlängerung für das griechische Hilfsprogramm zustimmen. Gut möglich, dass dies das letzte Zugeständnis dieser Art sein wird. Vor allem in der Union wächst der Unmut über die griechische Regierung.
Die Diskussionen über den Verbleib Griechenlands im Euro könnten kontroverser kaum sein, doch die politischen Kräfteverhältnisse im deutschen Parlament sind klar: Die Bundestagsmehrheit für die Verlängerung des Griechenland-Hilfsprogramms um weitere vier Monate ist gesichert. Das zeichnete sich nach den gestrigen Sondersitzungen von Unions- und SPD-Fraktion ab. Wie ein Probevotum ergab, wollen zwar 27 (22 Nein-Stimmen, fünf Enthaltungen) Abweichler von CDU und CSU bei der heutigen Abstimmung nicht für eine Fortführung des laufenden zweiten Programms für Athen stimmen, die Mehrheit der Großen Koalition ist aber keinesfalls in Gefahr.
Gemeinsam mit den 193 sozialdemokratischen Abgeordneten, die geschlossen für den zwischen den Euro-Finanzministern und Athen ausgehandelten Plan sind, verfügt Schwarz-Rot über eine überwältigende Übermacht von rund 80 Prozent der Stimmen. Hinzu kommt, dass auch die Grünen ihre Zustimmung signalisierten. Und die Linke, die Hilfspakete für Hellas wegen der Sparauflagen bisher immer abgelehnt hat, wird diesmal voraussichtlich anders abstimmen.
Trotz der scheinbar klaren Mehrheit ist das Ja zur Fristverlängerung durchaus umstritten. Die bisherigen Rettungspakete belaufen sich bereits auf 240 Milliarden Euro, etwa 55 Milliarden Euro entfallen allein auf Deutschland. Zudem kommen immer wieder Zweifel am Reformwillen der regierenden Linkspartei Syriza auf. So sorgte gestern ein Interview des griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis für zusätzlichen Ärger, in dem er – entgegen den Zusicherungen – wieder einen Schuldenschnitt und einen Privatisierungsstopp ins Gespräch brachte. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) reagierte mit scharfer Kritik. Die Solidarität der Europäer werde durch derartige Äußerungen stark strapaziert. Falls Griechenland gegen die mit den Gläubigern getroffenen Absprachen verstoße, seien diese hinfällig.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte: „Da ist ein Ton eingezogen durch die neue griechische Regierung, der bisher in Europa nicht üblich war.“ Thomas Oppermann, Fraktionsvorsitzender der SPD, appellierte ebenfalls eindringlich an die Griechen, die erst kürzlich gemachten Zusagen einzuhalten. Athen sei gefordert, „die neuen Reformvorschläge so auszuarbeiten und zu präzisieren, dass sie auch funktionieren“. Korruption, Klientelpolitik und Vetternwirtschaft müssten beseitigt werden, sagte Oppermann. „Die griechische Regierung muss jetzt liefern.“
Das Problem: Selbst bei einer Fristverlängerung droht Hellas weiter die Pleite. Finanzielle Unterstützung gibt es erst wieder, wenn das aktuelle Hilfsprogramm abgeschlossen und die angekündigten Reformen umgesetzt sind. Obendrein werden schon bald Rückzahlungen an Gläubiger in Milliardenhöhe fällig. Etliche Experten und Politiker spekulieren daher schon über ein mögliches drittes Hilfspaket im Umfang von 20 Milliarden Euro. Doch besonders in der Union gibt es erheblichen Widerstand gegen derlei Pläne. CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach geht selbst die Fristverlängerung für das zweite Programm zu weit. Er hat angekündigt, heute mit Nein zu stimmen. „Es wäre doch ein wirkliches Wunder, wenn der neuen griechischen Regierung in vier Monaten gelingen würde, was den Vorgängern in vier Jahren nicht gelungen ist“, sagte er. Seine Fraktionskollegin Erika Steinbach sieht das genauso: „Anders als Irland, Spanien und Portugal hat Griechenland die Erwartungen und Verpflichtungen leider bis heute nicht erfüllt.“ Sie werde ihre Zustimmung daher erstmals verweigern.
AfD-Chef Bernd Lucke forderte die Kritiker in den Reihen der Union auf, sich der AfD anzuschließen, wenn sie es ernst meinten. „Die griechische Agonie wird durch weitere Kredite lediglich verlängert“, sagte er. Kein einziges Problem werde gelöst, weder das der Überschuldung noch das der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit. Stattdessen gebe man noch mehr Geld an ein Land, das bereits bankrott sei und an eine Regierung, die diesen Bankrott wolle.
Derweil unterstrich die griechische Regierung am gestrigen Abend abermals die Dringlichkeit neuer Hilfszahlungen. Es gebe derzeit bereits „Finanz- und Haushaltslücken“, räumte Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis bei einer Pressekonferenz ein. Über die Problematik werde mit den Geldgebern beraten. Zudem arbeite Athen an „Gesetzesinitiativen, um der Frage zu begegnen“.