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Bremen Gegner machen mobil

Die Gegner der EU-Freihandelsabkommen mit Kanada und den USA wollen in knapp vier Wochen in sieben deutschen Großstädten auf die Straße gehen. Ein Bündnis aus 30 Organisationen stellte am Dienstag in Berlin den Aufruf „Ceta und TTIP stoppen“ vor.
24.08.2016, 00:00 Uhr
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Von Bettina Markmeyer

Die Gegner der EU-Freihandelsabkommen mit Kanada und den USA wollen in knapp vier Wochen in sieben deutschen Großstädten auf die Straße gehen. Ein Bündnis aus 30 Organisationen stellte am Dienstag in Berlin den Aufruf „Ceta und TTIP stoppen“ vor. Die Veranstalter erwarten, dass ihrem Aufruf zu den Protesten am 17. September Zehntausende Menschen folgen werden. Demonstriert werden soll in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart.

Mit den Protesten werde eine „Woche der Entscheidungen“ eingeläutet, sagte Christoph Bautz, Geschäftsführer des Aktionsbündnisses von Campact und Mitorganisator der Demonstrationen. Die SPD will zwei Tage später über ihre Haltung zu Ceta, dem Abkommen mit Kanada, entscheiden. Parteichef und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel wirbt für Zustimmung, die Parteilinke und Teile der Basis lehnen die Freihandelsabkommen ab. Die Abstimmung gilt als Nagelprobe für Gabriel. Wenige Tage später wird er am Handelsministerrat in Bratislava teilnehmen, wo auf EU-Ebene über Ceta entschieden werden soll.

Klare Worte von Grünen verlangt

Bautz und der Verdi-Bundesvorsitzende Frank Bsirske wandten sich indes gegen eine Personalisierung der Proteste. Man demonstriere nicht gegen den SPD-Parteichef, sondern wolle die Abkommen stoppen oder Nachverhandlungen erzwingen. Bautz verlangte auch von den Grünen eine eindeutige Positionierung. Aus Baden-Württemberg und Hessen, wo sie mit der CDU regieren, höre man keine klaren Worte, sagte er.

Das Aktionsbündnis Campact gehört neben Greenpeace, Foodwatch, der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, dem evangelischen Hilfswerk „Brot für die Welt“, dem Deutschen Kulturrat und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband zu den Organisatoren der Proteste. Im Oktober 2015 hatte das Verbändebündnis die mit rund 200 000 Teilnehmern bis dahin größte Demonstration seit den Anti-Atomprotesten nach Fukushima organisiert.

Die Abkommen Ceta (mit Kanada) und TTIP (mit den USA) haben den Abbau von Handels- und Investitionshemmnissen zum Ziel. Die Gegner fürchten ein Absenken von Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz sowie im Pflege-, Gesundheits- und Bildungssektor. Besonders umstritten sind die geplanten Sondergerichte, vor denen ausländische Konzerne Investitionsschutz einklagen können.

Ceta bereits ausverhandelt

Das Abkommen der EU mit Kanada ist bereits ausverhandelt. Es soll im Oktober von der EU und Kanada unterzeichnet werden. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission könnte es in Teilen auch dann schon zur Anwendung kommen, wenn die Parlamente der EU-Staaten noch nicht zugestimmt haben. Verdi-Chef Bsirske prangerte insbesondere die Sondergerichtsbarkeit für den Investitionsschutz ausländischer Investoren an, die zu hohen Entschädigungszahlungen führen könne und inländische Unternehmen benachteilige. Es gebe in demokratischen Rechtsstaaten keinen Grund für eine solche Sondergerichtsbarkeit, sagte Bsirske. „Wir haben es hier schließlich nicht mit Nordkorea zu tun.“

Die Gegner der Abkommen fordern, dass das Gesundheits- und das Bildungswesen sowie die öffentliche Versorgung vor der geplanten Liberalisierung geschützt werden. In den gegenwärtigen Vertragstexten gebe es zu viele Unsicherheiten, erklärten sie. Die Präsidentin von „Brot für die Welt“, Cornelia Füllkrug-Weitzel, kritisierte die Abkommen als „Armutsförderungsprogramm“. Für die evangelische Kirche seien die Einhaltung der Menschenrechte und nachhaltige Entwicklungsziele der Prüfstein für Ceta und TTIP. In ihrer jetzigen Form stärkten die Abkommen aber den reichen Norden auf Kosten des globalen Südens.

Warnung vor Bauernfängerei

Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) warf den Gegnern der Abkommen vor, eine Art Bauernfängerei zu betreiben. „Es muss endlich damit Schluss sein, Gefahren zu erfinden, um den Bürgern in diesem Land Angst vor dem Freihandel zu machen. Einigen geht es schon lange nicht mehr um eine Auseinandersetzung über Inhalte, sondern ausschließlich darum, die Öffentlichkeit gegen TTIP und Ceta aufzubringen“, erklärte BGA-Präsident Anton F. Börner.

Es sei höchst unredlich, dabei auch noch zu behaupten, dem Allgemeinwohl dienen zu wollen. „Ohne Freihandelsabkommen nimmt der freie Warenverkehr als Fundament unseres Wohlstands in Deutschland nachhaltig Schaden. Mit einem solchen wirtschaftsfeindlichen Verhalten sägen Interessengruppen an dem Ast, auf dem wir alle sitzen“, sagte Börner und betonte, dass durch Freihandelsabkommen bisher noch kein einziger Standard, der in der Europäischen Union gelte, gesenkt worden sei. „Auch wenn immer wieder das Gegenteil behauptet wird: Die EU wird keines ihrer grundlegenden Gesetze zum Schutz von Menschen, Tieren oder Umwelt aufheben“, unterstrich der BGA-Präsident.

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