Satte 161 Tage dauerte es. Endlich ist die Zeit des Ungewissen beendet. Endlich kann, nein, muss die Arbeit beginnen. Die Tage des Lamentierens und Palaverns gehören der Vergangenheit an. Angela Merkel steht mit dem Ja der SPD vor der vierten Kanzlerschaft und ihrer dritten Großen Koalition seit 2005. Da könnten Behäbigkeit, Bräsigkeit, Bequemlichkeit aufkommen. Die zurückliegenden Wochen und Monate zeigten aber allen Beteiligten, dass der Wunsch nach Frische groß ist.
Wenn Angela Merkel also noch immer – wie kurz nach der Bundestagswahl – der Meinung ist, sie wisse nicht, was sie eigentlich anders machen solle, dann wird es spätestens jetzt allerhöchste Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Wenn sie es noch immer nicht weiß, machen es ihr so viele Oppositionsparteien wie noch nie so deutlich wie noch nie.
Die kommenden Jahre werden nicht so kommod für Merkel
Die kommenden Jahre gestalten sich für die Kanzlerin nicht so kommod wie die vergangenen. Um es deutlich zu sagen: Merkel hat (mal wieder) Glück gehabt. Sie ist nur Profiteurin des Ja der SPD-Mitglieder. Nicht mehr. Bei einem erneuten Wahlkampf wäre sie weg gewesen.
Freude über eine Große Koalition und eine Regierungsbeteiligung sieht aber auch aufseiten der SPD anders aus. Es schien bei den 66,02 Prozent, die für Ja stimmten, eher eine Zweckentscheidung gewesen zu sein. So geriet die Verkündung des Mitgliederentscheids beinahe zur Trauerfeier. Vor allem deshalb, weil sich das Misstrauen zwischen Basis und der Führung in Berlin nicht einfach in Luft auflöst. Dieser Sonntag darf deshalb nicht als das Ende, sondern erst als der Anfang der Erneuerung der SPD verstanden werden.
Viele wissen nicht, wofür die SPD steht. Und die Folgen der Agenda 2010 mit schlecht bezahlten Minijobs verstärkten das Gefühl eines Abgehängt-Seins. Viele vermissen die SPD als progressive Kraft mit neuen Ideen. Gleichzeitig benötigt es junge Hoffnungsträger. Hier schlägt die Stunde von Juso-Chef Kevin Kühnert, der sich als wichtige Figur mit interessanten neuen Ansätzen herauskristallisierte.
Der SPD bleiben noch dreieinhalb Jahre, um wieder zur Volkspartei zu erstarken und um den roten Faden im Koalitionsvertrag aufzuzeigen, den es durchaus gibt. Das beginnt mit der Bekanntgabe der sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder. Jetzt, und nicht erst kurz vor der Kanzlerwahl. Es braucht Entscheidungen. Schluss mit dem Herumgedruckse.