Die Trauer um die Opfer von Flug MH17 hat die Niederländer vereint: Kurz nach dem Abschuss der Maschine in der Ostukraine schwieg das ganze Land am „Tag der nationalen Trauer“. Zehntausende erwiesen den Toten die letzte Ehre. Es folgten Gedenkfeiern in Betrieben, Schulen, Rathäusern, im Parlament. Und nun erneut – heute, knapp vier Monate nach dem Abschuss des Passagierflugzeuges der Malaysia Airlines am 17. Juli in der Ostukraine, steht in Amsterdam eine nationale Gedenkfeier für alle 298 Opfer an. Bei aller Anteilnahme fragen sich viele: Warum schon wieder?
„Gedenken – das können wir gut,“ kommentierte bissig der bekannte Kolumnist Bas Heijne im NRC Handelsblad. „Am liebsten täten wir den ganzen Tag nichts anderes.“ Ein kräftiges politisches Einschreiten aber, wäre eher angebracht. Damit sprach er vielen aus der Seele.
Nach der ersten großen Zustimmung für das Auftreten der Regierung macht sich nun Kritik breit. Ministerpräsident Mark Rutte hatte versprochen, dass alles restlos aufgeklärt werde. Doch es geschah wenig. Viele Bürger verlangen nun Antworten. Warum mussten die 298 Menschen sterben? Was war die Ursache des Absturzes? Wer steckte dahinter?
Da aus den Niederlanden die meisten Opfer kamen, leitet das Land auch die Untersuchung des Falls und die internationalen strafrechtlichen Ermittlungen. Doch was die Staatsanwaltschaft und die Experten bisher herausgefunden haben, ist weitgehend unbekannt. Der Sicherheitsrat, der die Ursache untersucht, kam erst mit einem vagen Zwischenbericht.
Noch immer liegen an der Absturzstelle menschliche Überreste und Eigentum der Opfer. Erst jetzt wird damit begonnen, die Trümmer zu bergen. Politiker und Kommentatoren werfen der Regierung in Den Haag Ängstlichkeit vor. Während Journalisten, die OSZE und Angehörige problemlos das Gebiet erreichen können, soll es für forensische Experten und Ermittler wegen der immer wieder aufflammenden Kämpfe zu gefährlich sein. Warum verhandelte Den Haag nicht mit den prorussischen Rebellen über den sicheren Zugang zu dem Gebiet?, wurde auch in Malaysia geklagt.
Für Unmut beim niederländischen Parlament sorgte jüngst auch ein Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Danach soll der Bundesnachrichtendienst Beweise haben, dass pro-russische Rebellen für den Abschuss verantwortlich seien. Darüber wurden Bundestagsabgeordnete informiert. „Und warum wir nicht?“, fragte die Opposition in Den Haag. Die Antwort der Regierung zeichnete sich durch Nichtssagen aus. Sie mische sich nicht in die Arbeit der unabhängigen Ermittler.
Bisher ist nur wenig gewiss: Der Sicherheitsrat hatte menschliches und technischer Versagen sowie auch einen Bombenanschlag als Ursache ausgeschlossen. Die Boeing wurde nach dem ersten Bericht von außen von Tausenden harten Objekten mit großer Wucht durchlöchert. Das weist nach Ansicht vieler Experten auf eine Luftabwehrrakete.
Vier Monate nach dem Absturz von MH17 bleiben vor allem viele Fragen – und das schürt Komplotttheorien und sät Zweifel und Kritik an der niederländischen Regierung. Viele fragen sich: Ist sie in diesem internationalen politischen Minenfeld ihrer Aufgabe gewachsen?