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Energie-Ausgleich in Koalitionsverhandlungen Grüne schlagen Steuerentlastung wegen steigender Energiepreise vor

Wegen der steigenden Energiepreise debattieren SPD, Grüne und FDP in ihren Koalitionsverhandlungen zunehmend über einen möglichen sozialen Ausgleich für die Bürger.
25.10.2021, 17:27 Uhr
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Von Hannes Koch

Wegen der steigenden Energiepreise debattieren die Verhandler und Verhandlerinnen der neuen Koalition zunehmend über einen möglichen sozialen Ausgleich. So hat der ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin, der für die Grünen an den Gesprächen teilnimmt, einen höheren Grundfreibetrag in der Einkommensteuer vorgeschlagen.

Benzin und Diesel werden deutlich teurer. Auch die Kosten für Heizwärme wachsen. Das hat mehrere Ursachen, etwa weltwirtschaftliche Turbulenzen, steigende Nachfrage nach der Corona-Krise, aber auch den zunehmenden Kohlendioxid-Preis in Deutschland.

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Diese Entwicklung spielt nun eine wichtige Rolle für die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP. Es geht darum, wie sich ein Ausgleich für die steigenden Kosten organisieren lässt, um Privathaushalte und Unternehmen zu entlasten. Derweil hat die französische Regierung bereits eine Zahlung von einmalig 100 Euro für Privathaushalte bis zu einem Nettoeinkommen von 2000 Euro monatlich angekündigt.

Energiekosten: Wie den Bürger am besten entlasten?

Eine Variante könnte hierzulande darin bestehen, den steuerlichen Grundfreibetrag anzuheben. Dieser liegt momentan bei 9744 Euro pro Jahr. Wer bis zu dieser Grenze verdient, braucht keine Steuern zu zahlen. „Das ist eine gute Idee, die sich schnell und unkompliziert umsetzen lässt“, sagte Martin Beznoska vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. „Sie kann dazu führen, dass alle Steuerzahlenden um den gleichen Betrag entlastet werden.“

Es kommt allerdings darauf an, wie die Entlastung konkret umgesetzt wird. „Wenn man den Grundfreibetrag anhebt und den Steuertarif für alle nach rechts verschiebt, profitieren vor allem Haushalte mit hohen Einkommen“, sagte Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. „Geringverdienende haben nichts oder nur wenig davon. Die sind aber von den Energiepreiserhöhungen stark betroffen.“

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Diese Steuerdiskussion dürfte in den Koalitionsverhandlungen noch kompliziert werden. Während Grüne und SPD eine Entlastung der unteren und mittleren Einkommensgruppen im Auge haben, will die FDP auch Wohlhabende und Reiche entlasten.

„Ergänzend kann man daran denken, Sozialtransfers wie Arbeitslosengeld II und das Wohngeld zu erhöhen“, fügte IW-Ökonom Beznoska hinzu. Denn die Steuer-Debatte betrifft nur Haushalte, die tatsächlich Steuern zahlen. Ärmere Bevölkerungsgruppen, die Hartz IV beziehen oder auf Wohngeld angewiesen sind, hätten keine Vorteile von einem höheren Grundfreibetrag, von verbesserten Transfers aber schon.

Strom- und Heizkosten steigen: Neue Koalition will EEG-Umlage abschaffen

Im Sondierungsergebnis der drei Parteien kommen solche Varianten bisher nicht vor. Die Teilnehmenden haben sich einstweilen auf die Abschaffung der Umlage für Ökostrom konzentriert, die alle Privathaushalte und die meisten Firmen im Rahmen ihrer Stromrechnung entrichten. Die EEG-Umlage beträgt derzeit 6,5 Cent pro Kilowattstunde. In den kommenden Jahren könnte sie komplett wegfallen, was Privathaushalte um teilweise mehrere hundert Euro pro Jahr entlasten würde.

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Die Entlastungsoption begünstigt Bürgerinnen und Bürger mit niedrigen Einkommen stärker als Wohlhabende, weil erstere einen relativ höheren Anteil ihrer Verdienste für Elektrizität ausgeben. „Ein Vorteil der Abschaffung der EEG-Umlage besteht auch darin, dass die Unternehmen entlastet werden“, sagte DIW-Forscher Bach.

Trotzdem ergibt sich die Frage, ob die Abschaffung der EEG-Umlage in den kommenden Jahren ausreicht, oder ob sie durch weitere Ausgleichsmechanismen ergänzt werden muss. Neben Steuerentlastungen kommt da auch das sogenannte Energiegeld in Betracht, das unter anderem die Grünen vorschlagen. Die Kosten des wachsenden Kohlendioxid-Preises würden in gleichen Pro-Kopf-Beträgen an die Bevölkerung zurückgezahlt. Haushalte mit geringem Verbrauch bekämen mehr, als sie einzahlten.

Außerdem gab Stefan Bach zur aktuellen Debatte diesen Hinweis: „Gemessen an der Kaufkraft und vor allem am Einkommen war Benzin bis in die 1970er Jahre wesentlich teurer als heute.“ So richtig diese Erkenntnis ist, so wenig werden sich die von Preissteigerungen Betroffenen davon besänftigen lassen.

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