Ab Anfang Oktober wird der Gaspreis für Privathaushalte und Firmen deutlich steigen. Ursache ist die neue Umlage auf alle Gaskunden, die die Bundesregierung am Donnerstagabend beschlossen hat. Wirksam wird die Erhöhung wohl in den Rechnungen der Gasversorger ab November oder Dezember.
Wer muss die neue Umlage bezahlen?
Im Prinzip alle, die Erdgas beziehen, um zu heizen, zu kochen, Wasser zu erwärmen oder zu produzieren. Ob es Ausnahmen für bestimmte Unternehmen geben könnte, ist bisher nicht zu klären. Die Umlage kommt zu den sowieso schon steigenden Preisen hinzu. Sie gilt erst mal bis April 2024, wird alle drei Monate neu berechnet, kann zunehmen, aber auch sinken.
Was kostet das?
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bezifferte die Umlage auf 1,5 bis fünf Cent pro Kilowattstunde Erdgas. Für Haushalte mit einem Verbrauch von etwa 10.000 Kilowattstunden Gas jährlich würde das auf ungefähr 12 bis 40 Euro Mehrkosten pro Monat hinauslaufen. Für Haushalte, die beispielsweise 20.000 Kilowattstunden brauchen, stiegen die Rechnungen dann um 25 bis 80 Euro pro Monat.
Warum wird sie eingeführt?
Im Zusammenhang mit dem Angriff auf die Ukraine liefert Russland viel weniger Erdgas als vereinbart. Hiesige Importeure und Versorger müssen sich deshalb zu weit höheren Kosten auf dem Weltmarkt eindecken, während sie den Brennstoff noch zu früher festgelegten niedrigen Preisen an die Endkunden abgeben. Diese Schere bedroht manche Gasversorger in der Existenz. „Wenn die Verluste zu groß sind, droht die Insolvenz dieser Unternehmen und damit der Zusammenbruch der Gasversorgung von privaten und gewerblichen Verbrauchern insgesamt“, erklärte das Wirtschaftsministerium. Die Umlage deckt die Zusatzkosten der Gasversorger und verteilt sie auf die Kunden.
Was wäre die Alternative?
Erstens könnte man Gasversorger pleitegehen lassen – allerdings um den Preis einer Wirtschaftskrise. Zweitens könnte man auf die Umlage verzichten. Dann würden die höheren Kosten nur diejenigen Kunden tragen müssen, die von Gasfirmen versorgt werden, welche besonders vom Ausfall russischer Lieferungen betroffen sind. Für diese Kunden bedeutete das viel größere Preissteigerungen als mit der Umlage. Drittens könnte der Staat existenzgefährdete Gasversorger verstaatlichen. Im Falle von Uniper passiert das teilweise schon. In diesem Fall rettet der Staat Unternehmen mit Steuergeld – so ähnlich wie in der Finanzkrise vor 14 Jahren oder der Coronakrise.
Werden sich die Gasimporteure an den Zusatzkosten beteiligen?
„Bis zum 1. Oktober 2022 müssen sie die Verluste aus der“ sogenannten „Ersatzbeschaffung zu 100 Prozent selbst tragen“, sagte das Wirtschaftsministerium. Ein Teil der höheren Importkosten bleibt bisher also bei ihnen hängen. Ab Oktober dürfen sie 90 Prozent der Zusatzausgaben umlegen, zehn Prozent müssen sie selbst finanzieren.
Wie sieht es bei Lieferverträgen aus, die Preiserhöhungen ausschließen?
Die Umlage wird befristete, vertragliche Preisgarantien in Festpreisverträgen wohl aushebeln. Das Wirtschaftsministerium prüft jedoch noch, wie das funktionieren könnte. Möglicherweise müssen Bundestag und Bundesrat einen Beschluss nach der Sommerpause fällen.
Und bei Fernwärme?
Wenn Fernwärme mit Gas erzeugt wird, soll die Umlage auch dafür gelten.
Kommt noch Mehrwertsteuer oben drauf?
Eigentlich ja. Dann würden Umlage-Kosten von 1000 Euro jährlich durch den 19-prozentigen Mehrwertsteuersatz auf 1190 Euro steigen. Nach Bedenken aus Union und FDP erklärten jedoch auch Habeck, der niedersächsische Ministerprtäsident Stephan Weil und SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch, dies sei nicht zu vermitteln. Also fällt die Mehrwertsteuer in diesem Fall möglicherweise weg. Einen Beschluss gibt es aber noch nicht.
Was bedeutet die Gasumlage für die Stromrechnungen?
Weil ein Teil des Stroms aus Gaskraftwerken kommt, macht sich die Umlage dort ebenfalls bemerkbar. Sie ist eine Ursache, warum auch die Stromrechnungen steigen.
Was macht die Debatte über Entlastungen?
Weitere Entlastungen für Privathaushalte werden kommen. Unklar ist bisher noch, wer wie viel erhält. Eine Variante sind Zuschüsse für Bürgerinnen und Bürger mit niedrigen Einkommen. Aber auch Steuererleichterungen für alle werden diskutiert. Unternehmen können Kreditlinien der öffentlichen KfW-Bank, Bürgschaftsprogramme und staatliche Eigenkapitalhilfen in Anspruch nehmen.