Olaf Scholz bleibt sich treu: Nach der krachend gescheiterten Juristin Christine Lambrecht setzt er wieder einen fachfremden Juristen an die Spitze des Verteidigungsministeriums. Das sagt zunächst einmal viel darüber aus, welchen Stellenwert der Bundeskanzler der Bundeswehr einräumt – er ist etwa genauso niedrig wie unter Scholz' Vorgängerin Angela Merkel. Scholz hätte in der SPD ja durchaus kompetentere Alternativen mit mehr Nähe zur Truppe wie zum Bundestag – Stichwort Parlamentsarmee – gehabt. Aber die hätten womöglich auch ganz konkrete Beweise für die "Zeitenwende" eingefordert, die der Kanzler bislang bloß rhetorisch eingeläutet hat.
Bewährungsprobe steht bevor
Andererseits mahnt der renommierte Militärexperte Carlo Masala: "Gebt ihm drei Monate, dann fällt Euer Urteil." Doch erste Urteile über Pistorius werden bereits am Freitag fallen – nicht von Journalisten, sondern von seinen künftigen Kolleginnen und Kollegen. Auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein kommen dann jene Staaten zusammen, welche die Ukraine im Krieg gegen Russland unterstützen. Und von Pistorius wird man schon genau wissen wollen, was Deutschland in welcher Zeit an Schützen- und Kampfpanzern liefern kann.
Was also bringt der Mann mit für sein künftiges Amt? Als niedersächsischer Innenminister ist er sowohl mit Sicherheitsthemen vertraut als auch mit Beschaffungs- und Personalproblemen – bei der Polizei. Da gibt es durchaus Überschneidungen: Der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus etwa ist sowohl eine polizeiliche wie eine internationale militärische Aufgabe, siehe den Mali-Einsatz der Bundeswehr.
Abgesehen von seiner Wehrdienstzeit in Achim vor gut 40 Jahren hatte Pistorius aber bislang fast keine Berührung mit der Bundeswehr. André Wüstner, Vorsitzender des Bundeswehrverbands, findet das nicht so schlimm: Entscheidend sei vielmehr Durchsetzungsstärke. Vielleicht reicht die gegenüber Kanzler und Partei, wenn Pistorius mit einer weiteren Osnabrückerin geschickt kooperiert: der Wehrbeauftragten Eva Högl, die manche lieber auf seinem neuen Posten gesehen hätten.